KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

nen 1 wird mit dem Kinde abgeschlossen, das von einem guten Genius der Mutter entrissen wird. Die auf Nr. 10 2 dargestellte Streitszene des gu­ten und schlechten Genius führt uns schon zu einer weiteren Ausbildung der Everyman-Le­gende hinüber, auf die wir noch zurückkehren werden. Auf einem weiteren Bilde desselben Grabes (nach Micalis Beschreibung) wird auch die Jugend und das Alter einander gegenüber­gestellt : Ein Bauernmädchen trägt einen Krug am Kopf und bei einem Torgebäude reicht ein Genius einem alten Weib seine Hand. Ähnliche Seelen- bzw. Standesreihe ist auch in der Tomba del Tifone zu finden, 3 die von einem guten Genius mit Fackel und von einem schlechten mit Hacke geführt wird. Schon mehrmals wurde diese Standesreihe als ein Totentanz bezeichnet, obwohl in ihr keine Spur des Tanzes zu entdecken ist. Noch we­niger finden sich Anhaltspunkte für die Identi­tät der Genien-Gestalten mit dem mittelalter­lichen Tod. Nur hie und da scheint es, als ob sie das Amt der Todesgestalt führen würden. Im eigentlichen Sinne entsprechen die guten Genien den Engeln und die schlechten Dämo­nen den Teufeln. Die Bilderreihe ist nicht eine Reihe von Sterbeszenen, wie der mittelalterliche Totentanz, in dem der Tod die einzelnen Ver­träter der Stände tötet und erst dann führt, während die Genien auf den etruskischen Fresken nur führen. Da die Standesreihe allge­mein menschlich ist, werden die etruskischen Bilder gerade durch die Genien-Gestalten lo­kal gefärbt, sie entsprechen den mittelalterlichen Vadomori-Gedichten mit der Zugabe der Engels­und Teufelsgestalten. Besondere Aufmerksam­keit verdienen die Tore der Unterwelt. Nach der ursprünglichen mythologischen Auffassung soll die Unterwelt (nach H. Graz) 8 Tore haben. 4 Silius Italicus 5 beschreibt auf Grund Virgilscher Vorstellungen die Unterwelt und unterscheidet 10 Tore : 1.) Durch das erste Tor werden die Krieger geführt; 2.) Durch das zweite Tor betreten die Städtegründer und Gesetzgeber die Unter­welt. Hierauf 3.) folgt das Tor der Bauern und eleusischen Mysten ; 4.) Das Tor der Dich­ter und Erfinder der freien Künste ; 5.) Das Tor der Schiffbrüchigen ; 6.) Das Tor der Schuldbe­ladenen ; 7.) Tor der Frauen ; 8.) Tor der Kin­der und vorzeitig Verstorbenen (z. B. der Bräu­te) ; 9.) Tor des Elysiums ; 10.) Das goldene Tor, durch das die Seelen nach 1000 Jahren in einen neuen Körper fahren. Silius Italicus (26. n. Chr. bis ca. 101.), der auch auf anderen Stellen vom blassen Tod spricht, welcher in der Unterwelt umherirrt, seinen gierigen Rachen, wie der Höllendrache der mittelalterlichen Vorstel­lung, weit aufreisst und die Menschen verschlingt („Mors graditur, vasto cava guttura rictu /Casu­1 s. auch Tai. I. Fig. 11—12. 2 Weege : Abb. 34. 3 Weege : Abb. 39. 4 vgl. Weege: S. 70. 114. 5 Punica, XIII, 531—561. roque inhiat populo, tunc luctus et atri / Pecto­ra circumstant planctus, moerorque dolorque"), beschreibt hier also eine Standesreihe, deren juristische Ausbildung in den Vadomori-Ge­dichten fortgesetzt wird. Aus dem Vergleich dieser Vadomori-Reihe von Silius Italicus mit den etruskischen Darstellungen ergibt sich die Identität der Genienreihe mit der antiken mytho­logischen Auffassung, deren Illustration sie ist. Auf die Tore der Unterwelt deutet die Grab­schrift. „Inveni portum : Spes et fortuna valete ! Sat me lusistis, ludite nunc alios " Die Vorstel­lung des Grabes als eines Tores der Unterwelt ist auch der arabischen Everyman-Legende ei­gen, in welcher Everyman von der „Verwandt­schaft" nur bis ans Tor des Totenreichs (des Grabes) begleitet wird. Auffallend ist der Hin­weis auf „Fortuna". Schon frühzeitig war bei den Römern der allgemein menschliche Gedanke von der Ver­gänglichkeit der Stände mit den Vorstellungen über die Gottheit des Glückes verbunden. Dar­stellungen der Göttin Fortuna fanden sich in Pompeji. Auch die einzelnen Dichter beschrei­ben ihre Gestalt und ihre Attribute. Sie ist blind, denn ihr Werk ist der Zufall (ihre Augen sind zugebunden, wie die des mittelalterlichen To­des). Ihre besonderen Kennzeichen sind : Füll­horn, Steuerruder. Sie steht auf einer Kugel, wodurch ihre Unbeständigkeit angedeutet wird. 6 Ein weiteres Motiv der Fortuna ist der „Modius" (Schiffsvorderteil). Das wichtigste Element der Fortuna-Darstellungen ist aber das Rad des Glük­kes, an dem sich die einzelnen Vertreter der Stände anklammern, um von der Fortuna ge­dreht den Höhepunkt des Rades zu erreichen. Aber je mehr der eine Stand sich seinem Ziel nähert, desto niedriger müssen jene fallen, die bis daher ihr Glück besessen haben. 7 Nach einem Epigramm von Palladas ist das Leben eine ge­fährliche Reise. Mit Fortuna am Steuer erreicht nicht jeder Mensch das höchste Glück, nur ein Hafen wird von jedem gleichsam passiert wer­den müssen, das Grab in der Erde. 8 Neben dieser „Standesreihe", welche sich aus dem natürlichen und allgemein menschlich bekannten Auf- und Abstieg des unbeständigen Glückes der Stände heranbildete, ist die Entste­0 Der rechte Fuss des schon erwähnten Alten auf einem Achat bei Gori ruht ebenfalls auf einer Kugel, oder vielleicht auf einer Trommel, bzw. auf einer radförmigen Scheibe, was die Unsicherheit der Todesstunde bedeuten könnte. In diesem Falle entspricht der Tanz des Skelettes auf die Töne der Doppelflöte des Greises dem noch zu bespre­chenden orientalischen Zauber-Todes-Tanz, in dem sich die Zukunft und der Zeitpunkt der Todesstunde offenbart. 7 Diese Erklärung findet sich schon in den antiken Schriften: Cic. in Pis. 22. Petron. 29, 6. Fronto p. 157 N. Arnob. VI 25. Lact. inst. III. 29, 7 Prud. c. Symm. I. 205. Ammian, XXII 9. 1, XXVI 8, 13. XXXI 1, 1 (vgl. Cook, Classical Rewiew 1903, 441 ; Pauly-Wissowa Realencyclo­pädie. VII Sp. 12 ff. Stuttg. 1912 ; Otto, Sprichwörter d. Rom. 142; Weinbold: Glücksrad und Lebensrad. Berlin 1892; s. weiter Plut. fort. Rom, 4; Und Wissowa ; Relig. und Kult. 145, 213; R. Peter: Roschers Myth. Lex. I. 1530 ff. 8 Anthol. Graec. Palat. X. 65; s. weiter : IX. 49.. IX. 134., IX. 172.).

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