KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
- 70 Parcite iam lacrimis, miseri solique parentes; Sat fletus vestros prima favilla bibit. Corpus habet cineres, animam sacer abstulit aér." (Corp. Inscr. Lat., vol. Ill, Nr. 3247.): „Terra tenet corpus, nomen lapis, atque animam aer." Über die Athener, die in der Schlacht bei Potidaea gefallen sind (431—429 v. Christus), sagt die Grabschrift im Britischen Museum, dass die Luft ihre Seele und die Erde ihren Körper aufnahm : ,,AffirjQ aiv ibvyfcg insósíazn, aihuarrc ós yjhbv. " Nicht nur deswegen wird später auch Epikur gelobt, dass er ins Leben mit der Betonung des Frohsinns neue Anschauungen gebracht hat, sondern er wird auch gerühmt, dass er die Menschen mit dem Gedanken der vollständigen Auflösung ins ,U n' versu m getröstet und beruhigt "hat. 1 Die Ähnlichkeit dieser Lehre mit jener des Buddhismus ist klar. Mit dem Widerstand der Kirche gegen den Epikureismus vereinigt sich die schärfste Kritik über die „Thnetopsychiten", die hauptsächlich in der orientalischen Kirche die Lehre von der Sterblichkeit der Seele verbreiteten. Man betonte immer mehr die „Höllenfahrt Christi", um das Los der Sünder in der Hölle beschreiben zu können. 2 Auf dem Gebiete der damaligen „Schönen Literatur" fühlte man das Bedürfnis, die Beschreibung des Schicksals der Toten einem auferstandenen Toten in den Mund zu legen. Dies geschah freilich meistens auch nur unter orientalischem Einfluss. So ist auch die Entstehung eines Evangelium Nicodemi zu verstehen. Der hl. Augustinus 3 erklärt in Beziehung auf das epikureistische Zitat der hl. Schrift : „Manducemus et bibemus, eras enim moriemur" (I. Cor. XV. 32.), dass das Hauptgewicht des Lebens und der Seligkeit von den Epikuräern in den Körper verlegt wurde, denn sie meinten, dass die Seele samt dem Körper ins Nichts zergehe. Mit dieser Anschauung hängt auch eine andere Lehre zusammen, nach der nach dem Tod weder Strafe, noch irgendeine Belohnung folge. Die Kirche musste besonders gegen die Unsittlichkeit dieser Anschauung offiziell Stellung nehmen. Es entstanden aber auch frühzeitig Legenden von ins Leben zurückgekehrten Toten, die ausführlich über die Hölle gesprochen haben sollen. Ihre Worte werden hauptsächlich gegen den Nestorianismus gerichtet, dessen Lehre — dass die Seele von Gott nicht sogleich nach dem Tode, sondern erst am Jüngsten Gericht abgeurteilt und bestraft, oder belohnt würde — mit dem Thnetopsychismus verwandt ist. Auch im Nestorianismus waren jene epikureischen Sprüche verbreitet, die von der hl. Schrift so vielmal zitiert werden : z. B. Eccles. Pred. 7, 2—3 (2). Der Tag des Todes (ist) besser als der Tag der Geburt. (3) Besser ist es in ein Trauerhaus zu gehen, als in ein Haus des Trinkgelages, denn in jenem wird man an das Ende aller Menschen erinnert, und der Lebende denkt an das, was kommen wird. Oder : Isai. 22, 13 Lasset uns essen und trinken ; denn morgen müssen wir doch sterben! (Weish. 2 6; l.Kor. 15, 32). Bemerkenswert ist eine Erzählung über drei tote Jünglinge, die in Jerusalem auferweckt wurden. Sie soll in den Schriften des hl. Eusebius von Cremona, Cyrillus von Jerusalem und des hl. Augustinus aufgezeichnet worden sein und wurde in einer anonymen Legendensammlung des Mittelalters zum Mittelpunkt einer Reihe verschiedener Totenlegenden. Derartige Legendensammlungen, auf die wir noch zurückkommen wollen, haben auf den dreifachen Gisant-Typ das Motiv der Bestrebung eines glaubwürdigen Jenseitsberichtes übertragen und damit gelangt die Motivgeschichte der Totendarstellungen bis zur Legende der drei Lebenden und drei Toten, die mit der Everymanlegende variiert zur Gesamtlegende erweitert wurde und mit den Vadomorigedichten den wesentlichen Teil der Todes- und Toten-Tänze bildet. III. Anfänge der Everymanlet „Wo ist der Mensch, der lebte, und den Tod nicht schaute, der seine Seele vor der Gewalt der Unterwelt bewahren konnte ?" Ps. 88 (89), 49. Die Everymanlegende ist der künstlerische Ausbau der allgemein menschlichen Vergänglichkeitsgedanken. Die Nichtigkeit des menschlichen Lebens und seiner Schätze zur Sterbestunde wird in der Form einer Legende dramatisch dargestellt. Die „Everyman-Legende" 1 Weber-Holländer : S. 37. 3 Uber Thnetopsychismus s. A. Schütz : Dogmatika II. Bd. Budapest, 1923; S. 488. 3 Migne : Patr. lat. XXXVIII. saec. 1V-V. Anni, 387430; Sp. 811 ; Sermo: CLI. 4 Tab. A. I. 3; III. 2, 3, 4, 5. ab ; 6 ; V : V + III 7 ; IV; IV-HI 2+ 111 2: a ß nde und der Standesliteratur 4 umfasst also eine Reihe von Szenen, deren Mittelpunkt „der Mensch" ist, sein ganzes Leben von der Kindheit an bis ins Greisenalter, sowie sein Schicksal während des Sterbens und nach dem Tod. Die Form der Darstellungsweise dieser Lebens* und Sterbeszenen des Menschen ist Tradition und muss von der bei jedem Volk und zu jeder Zeit möglichen, allgemein menschlich erfindbaren Form streng unterschieden werden. Der Satz : „Jeder Mensch muss sterben" mit dem Zusatz : „ .. . ohne Standesunterschied", ist allgemein menschlich. Seine Darstellung findet sich vielfach variiert in der Kunst- und Literaturgeschichte jeder Nation, allein seine mittelalterliche Form enthält Motive, die irgendwo erfunden worden sind und die von der mittelali