KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden
Weltanschauung und Religion des Tartarenvolkes und es ist nicht unwahrscheinlich, dass einzelne Sektenstifter ihre Lehren unter dem Einfluss jener Berichte modifizierten, welche über den sonderbaren Jenseitsglauben der Tartaren Nachricht brachten. Marcus Paulus Venetus (Marco Polo, geb. zu Venedig 1254 und 1 1323), der selber fast 30 Jahre in dem chinesischen Tartarenreich verbrachte, beschreibt in der über seine Reise verfassten Schrift 1 die Auffassung der Tartaren über das jenseitige Leben der Seele und über die Bräuche ihres Totenkultes. 2 Besonders interessant ist es, dass sie die Leiche so lange nicht verbrennen, bis ihre Priester aus der Konstellation den Zeitpunkt der Beerdigung oder Verbrennung bestimmt haben. So kommt es bei ihnen vor, dass die Leiche noch Monate lang unbegraben im Kreise der Familie bleibt. Sie wird nur hermetisch versperrt, der Sarg mit reichgeschmückten Tüchern bedeckt. Täglich wird der Seele während dieser Zeit der Tisch gedeckt, in dem Wahn, die Seele des Toten dadurch mit Speisen zu versehen. — Ein orientalisches Volk erscheint also im XIII. Jahrhundert in Europa und über seinen Jenseitsglauben wird allbekannt, dass er den Beerdigungsakt von der Astrologie abhängig macht ! Grund genug zu einer neuerlichen Verbreitung des astralischen Kulttanzes, der sich im Todes-Tanz ausbildet. Derselbe Marco Polo erzählt, 3 dass in der Wüste, die sich von der Stadt Lop weit in das Gebiet der Türkei ausdehnt, Dämonen hausen, durch welche die Wanderer in grosse Gefahr gebracht werden. Derartige Berichte sind als Ausgangspunkt der Basler-Totenlegende zu betrachten, in welcher die Toten sich an den Lebenden rächen. Denn, was die Wanderung der Seelen, der Dämonen auf Erden anbetrifft, herrscht ja auch im Abendland eine alte Tradition. Claudianus Ecdicius Mamertus, der Priester in Vienne und bedeutender Poet (t um 474), der in seiner Schrift De statu animae im Anschluss an Augustin gegen Faustus von Riez die Unkörperlichkeit der menschlichen Seele verteidigte, bei Engeln und Dämonen jedoch eine körperliche Substanz annahm, 4 erzählt, 5 dass die gallischen Ufer, sowie die Bretagne ein Sammelplatz der wandernden Seelen seien : „illic umbrarum tenui Stridore volantum flebilis auditur questus, simulacra colori pallida, defunctasque vident migrare figurás". Die Grundlagen der Basler Totenlegende, der Totenlegendenform der Gesamtlegende und des späteren Todes-Tanzes sind in derartigen Berichten keimartig zu erkennen. In der Beschreibung des Marco Polo heisst es u. a. : „Cernuntur, audiuntur in eo (deserto) interdiu et saepe noctu daemonum variae illusiones ; unde viatoribus summe cavendum est, ne multum ab invicem seipsos dissocient, aut 1 lib. I, cap. 54. 2 Baronius-Raynaldus, Bd. XV. annus 1307, Nr. 30. 3 lib. I. cap. 44. 4 Migne, Patr. lat. LII1. Sp. 693 ff. 6 in Rufinum I, 123—133. aliquis a tergo sese diutius impediat : alioquin quamprimum propter montes et colles quispiam comitum suorum aspectum perdiderit, non facile ad eos perveniet. Nam audiuntur ibi voces daemonum, qui solitarie incedentes propriis compellant nominibus, voces fingentes illorum, quos comitari se putant, et a recto itinere abductos in perniciem deducunt. Audiuntur interdum in aere concentus musicorum instrumentorum ; sed frequentius tympanorum" . Ein Kenner der Totenlegendenform der Gesamtlegende und des Toten-Tanzes wird zugeben müssen, dass zwischen den Jenseitsvorstellungen orientalischer Völker und der Darstellungsform mittelalterlicher Totenlegenden ein direkter Zusammenhang zu entdecken ist. Der Kampf gegen die heidnisch beeinflussten orientalischen Sekten gab auch in kirchlichen Kreisen Anlass zu lebhaften Diskussionen. Der Papst Johannes XXII. soll 6 in drei Predigten geäussert haben, dass die Seelen der Gerechten bis zum Jüngsten Gericht nicht zur visio beatifica gelangen, sondern nur die Menschheit Christi sehen werden. Auf diese Äusserung des Papstes sollen sich einige schismatici Bavarici und Pseudo-Minoriten, wie Michael Caesenas, Guillelmus Ochamus und Bonagratia berufen haben. Die Meinung des Papstes wurde auch gutwillig interpretiert. 7 Sektenstifter aber, welche sich daran hielten, dass die Seelen der Seligen nicht sofort nach dem Tode das Gesicht Gottes sehen werden, begründeten ihre Meinung mit demselben Zitat, welches auch der Pseudo-Cyrillus als einen falsch verwendeten Satz hervorhebt : „Venite benedicti Patris mei, possidete regnum, quod paratum est vobis a constitutione mundi". Derselbe Papst Johannes XXII. 8 hat ein Werk über die Frage des Loses der Seligen geschrieben und das dem Petrus Archiepiscopus Rothomagensis zugeschickt, damit er es ins Französische übersetze, dem König Philipp von Frankreich und den Pariser Gelehrten vorlege. Gleichzeitig schrieb er einen Brief an den genannten König, dass er die freie Meinungsäusserung pro und contra in dieser Frage nicht verhindere, denn, wie es die Zitate beweisen, ist die diesbezügliche Lehre des hl. Augustinus, sowie auch der weiteren Kirchenväter mehrfach variiert. Es soll gleich daran erinnert werden, dass in den Pseudo-Briefen gerade der hl. Augustinus herangezogen wird, durch einige Visionen das Gegenteil zu unterstreichen. Wie der Kardinal tituli S. Priscae, Jacobus Novellus, berichtet, 9 hat Durandus, 1 0 episcopus Meldensis, in einer Schrift, die er dem Papst vorlegte, für einen Irrtum er6 Raynaldus, annus 1331, Nr. 43—44—45: Mscr. Vatic. Bibl. Nr. 4009, fol. 171. 180. 7 vgl. Uiricus, „doctor Germanus" lib. 4. cap. ult. Bibl. Vat. cod. Nr. 4005, fol. 136: excusatio et pia interpretatio papalis sermonis. 8 Raynaldus, annus 1333, Bd. XV. Nr. 45-46-59: Jo. Villanó, 1. 10. c. 230; Bibl. Vat. Ms. 3764, in Jo. XXII. Ptolemäus Lucensis in bist. eccl. 1. 24, cap. 42. 0 Bibl. Vat. Ms. Nr. 4006. fol. 208. 1 0 vgl. fol. 285 derselben Hschr.