Mikó Árpád szerk.: Pannonia Regia, Művészet a Dunántúlon 1000-1541 (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2006/4)

DEUTSCHER AUSZUG - Takács, Imre: Die Werkstätten der Gotik im 13. und 14. Jahrhundert

Äußerlichkeiten, daß der legendäre Reichtum des ungari­schen Königs, der mit dem von Richard Löwenherz wettei­ferte, aufgrund der Aufzeichnung von André de Chapelain, der die öffentliche Meinung der Zeit schriftlich festgehalten hatte, von Drouart la Vache noch mehr als hundert Jahre nach der Hochzeit als sprichwörtlich erwähnt wurde. 6 Ein anderes frühes Denkmal des opus francigenum in Un­garn ist die Kapelle des königlichen Palastes in Esztergom (Abb. 1), die geographisch gesehen der Abtei von Pilis sehr nahe liegt. Die deutlich erkennbaren Unterschiede in der Raumgestaltung und im Stil der beiden Bauten zeigen aber deutlich an, daß die frühgotische Architektur in dieser Ge­gend Ende des 12. Jarhunderts nicht aus einer einzigen Quelle gespeist wurde. Der Chor der Palastkapelle schließt sich dem rechteckigen geräumigen Schiff mit Kreuzrippen­gewölbe durch einen freistehenden Triumphbogen auf star­ken Säulen an. An den Gliederungen der Westteile (West­portal, Radfenster, Wandnischen, Seitenportale) spielen noch Band- und Palmettenornamente sowie normannische Elemente aus der spätromanischen Tradition die bestim­mende Rolle. 7 Im Chor ändert sich aber mit dem Profil der Rippen auch die Zusammensetzung der Ornamentik. Die besten Parallelen zu den Kapitellen mit ihren dichten Blät­tern mit Knospenspitzen finden sich an frühgotischen Bau­ten der Ile-de-France. 8 An der Basis der linken Säule des Triumphbogens springen an der Ecke der Plinthe Prismen hevor, auf denen die Eckblätter aufliegen. Stilgeschichtlich ist noch mehr als die ornamentalen Details das Raumsystem der Kapelle bezeichnend und von größter Bedeutung. Das Gewicht des Rippengewölbes und die Stirnbogen der Kap­pen lasten nicht auf der Mauer und auch nicht auf den die Mauer ergänzenden Strebepfeilern, sondern ruhen auf Zwillingssäulen, die im Innenraum der Kapelle, unmittel­bar vor der Mauer stehen. Die Gestaltung des Stützensys­tems innerhalb des Baus vermindert die konstruktive Rolle der Mauer auf das geringste, so daß sie gleichsam als äußere Schale, als raumschließender Vorhang verstanden wird. Diese Auffassung realisiert eine der grundlegendsten raum­schaffenden Ideen des frühgotischen Baustils. 9 Die nächsten Parallelen zum inneren Stützensystem des Gewölbes in der Palastkapellc von Esztergom sind die Emporenkapellen über dem Querschiff in den Kathedralen von Laon und Soisson (Abb. 2-3). Willibald Sauerländer lenkte jüngst die Auf­merksamkeit auf die Verbindungen der Kapelle von Eszter­gom zu Paris. 10 Die Kirche der Benediktinerpriorat von Deuil bei Paris weist tatsächlich außerordentliche Ähnlich­keit in den Details (eine Reihe von Zwillingssäulen im Chor, hervorspringende Plinthenecken, Knospenkapitelle) auf (Abb. 4). 11 Die Zwillingssäulen sind hier aber nicht nur zum Auffangen der Last des Gewölbes bestimmt, denn sie gren­zen aus dem Raum des Chores einen schmalen Umgang aus, was zugleich zu bedeuten hat, daß der Bau in Esztergom nicht ausschließlich daraus abzuleiten ist. Die Gestaltung des Chorraums in der Palastkapelle von Esztergom scheint eine selbständige Synthese von den Lösungen von Laon und Deuil zu sein. Im Lauf der Rekonstruktion eines gravierten Rittergrab­mals aus seinen Bruchstücken (IV-22.), die im Kapitelsaal und seiner Umgebung gefunden wurden, hat sich heraus­gestellt, daß Baufragmente, die in Esztergom aus sekundärer Verwendung zum Vorschein gekommen sind, zum Teil mit Steinen identisch sind, die im 16. und 17. Jahrhundert aus Pilis als Baumaterial nach Esztergom transportiert worden waren. Unter anderen darf man von einem jüngst in Eszter­gom ans Tageslicht gekommenen großformatigen Schluß­stein vermuten, daß er zu den rotmarmornen, mit Scheiben geschmückten Schlußsteinen des Mittelschiffes der Abtei­kirche in Pilis gehört (vgl. IV-4.), 12 ähnlich einer Gruppe von Kapitellen, die ebenfalls in Esztergom bewahrt werden, die mit den seitlichen Wandpfeilerkapitellen der Arkaden­reihe des Piliser Kreuzgangs übereinstimmen (vgl. IV-8.). Die Durchforschung und Unterscheidung der Baufragmen­te von Esztergom und Pilis aus der Zeit um 1200, eine wichtige bevorstehende Aufgabe der Forschung, wird auch für die Chronologie und die Werkstattzusammenhänge der frühgotischen Architektur Ungarns neue Anhaltspunkte lie­fern. Der Auftritt des opus francigenum in Ungarn Ende des 12. Jahrhunderts blieb in den ersten Jahrzehnten des darauffol­genden Jahrhunderts, unter König Andreas II. (1205-1235), nicht ohne Fortsetzung. Der Typ des Kreuzgangs der Pili­ser Abtei mit seinen Arkaden und Zwillingssäulen dürfte dem Kreuzgang der Benediktinerabtei von Pécsvárad mit Zwillingssäulen, von dem die archäologische Forschung zahlreiche bauplastische Fragmente, darunter auch den Bruchstück eines Zwillingskapitells mit Menschenköpfen ans Tageslicht brachte (IV-12, 13,14.), zum Vorbild gedient haben. Diese bauplastischen Fragmente dürften zu einem Arkadenbau von ähnlicher Struktur gehört haben wie der Kreuzgang des Benediktinerklosters von Somogyvár, das in das zweite Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts datiert wird und dessen Arkadenreihen zum Klosterhof nach Aussage der bekannten Details abwechselnd durch Säulen und Zwil­lingssäulen gegliedert war und an den Doppelkapitellen figürliche Darstellungen trug, die von einem anspruchsvol­len ikonographischen Programm zeugen (IV-15.). An den Ecken dürften jene Fünfergruppen von Säulen gestanden haben, von denen sowohl Basis- als auch Kapitellbruch­stücke erhalten sind (Abb. 5), die als Varianten des nord­französischen Typs betrachtet werden. Eine Säulengruppe, die gegenwärtig in London aufbewahrt wird 13 (Abb. 6), stammt möglicherweise aus dem Kreuzgang von Saint De­nis und läßt sich vor allem durch den Einfall der Verbin­dung freistehender Stützen mit ähnlichen Details aus dem Kreuzgang von Somogyvár in Zusammenhang bringen. An­dererseits verweisen auch so manche gemeinsame Züge wie die plastischen Köpfe an den Keichpaaren der Knospenka­pitellen-Gruppe auf die nordfranzösische Schulung der in Ungarn tätigen Meister. 14 Der Wiederaufbau der Benediktinerklöster in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts ist vermutlich den Re­formdekreten des IV. Laterankonzils zu verdanken. Das bedeutendste Denkmal dieser Rekonstruktionswelle war die Erneuerung der Benediktinerabtei Sankt Martin von Pan­nonhalma unter Abt Urias (1207-1242?). Aus dem bis 1137 vollendeten zweiten Bau der im 10. Jahrhundert gestifteten Abtei haben die jüngsten Ausgrabungen das erste authenti­sche Denkmal erschlossen (II-2.). Von den Grabungen, die unter der Leitung von Csaba László gegenwärtig durchge­führt werden, erhofft man sich die Klärung der Ausmaße und der Chronologie der Bauarbeiten des 13. Jahrhunderts. Die Quellen, die aus dem zweiten Jahrzehnt des 13. Jahr­hunderts überliefert sind, berichten eher von den Reisen des energischen Abtes: 1212 und 1215 hielt er sich in Italien auf,

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