Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)
BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY
der schwierigen Entscheidung steht, entweder zu sterben oder sich gefangen nehmen zu lassen. Székely zeigt dem Betrachter auch die Entscheidung: die Liebenden wählen den Tod. Bei Dobozi hat Székely sein Werk unter Berücksichtigung der Literaturgattungen geschaffen und die in der dramatischen Dichtkunst übliche Methode der Komprimierung der Zeitebenen angewandt. Vier Zeitebenen werden auf dem Gemälde in einer einzigen räumlichen Einheit zusammengefaßt. Der heldenhafte Untergang Dobozis ist zugleich auch ein moralischer Triumph, so daß die Szene zu Recht mit zahlreichen Beispielen aus der Kunstgattung der Tragödie verglichen werden kann. Der moralische Hauptgedanke der heroischen Entscheidung Dobozis lautet: „... lieber Tod als dem Feind in die Hände fallen", wie Székely in einem Brief als Erklärung zu seinem Bild angibt. 40 Durch die oben erläuterte Komprimierung der Zeitebenen gelingt es dem Künstler fast vollständig, die Geschichte zu erzählen, nur den letzten Moment, den Selbstmord Dobozis bildet er nicht ab. Darauf kommt der Betrachter aber selbst, wenn er sich die Szene vergegenwärtigt. Um einen effektiven künstlerischen Ausdruck zu erreichen, verwendet Székely die sog. „Gruppentheorie", mit der er die plastische, fast statuenhafte Einheit des Ehepaares hervorhebt. 41 Über die „Gruppe" schreibt Székely: „Die erste Voraussetzung dafür, daß wir eine Gruppe gestalten können, ist die physische Nähe." 42 Auf dem Bild läßt sich gut beobachten, daß die Gesamtwirkung der DoboziSzene am meisten von dem Motiv der engen Umarmung der beiden Menschen bestimmt wird. Daraus geht gleichzeitig auch das Verhältnis der beiden Hauptpersonen zueinander nuancierter hervor. Die Bewegung der Frau drückt Liebe und Verzweiflung aus. Dieser Emotionen zum Ausdruck bringende Charakter der Gruppen fällt nicht nur auf Székelys Bildern auf, er läßt sich auch bei P. Cornelius und vor allem bei den Genrebildern von Moritz von Schwind nachweisen, über dessen Zyklus Die schöne Melusine Székely eine Studie schrieb. 43 In bezug auf den effektiven Ausdruck der seelischen Beziehung innerhalb der Gruppe kam angeblich auch Mackart eine bedeutende Rolle zu, der mit Székely gut befreundet war, ihn mehrmals in Pest besuchte und auch in einige seiner Bilder hineinmalte. 44 Die Wahl der tragischen Grundsituation, die dramatische Komprimierung und die psychische Darstellung paaren sich mit der Stimmungsmalerei der Romantik. All das zusammen bringt die moralische Leitidee, die Selbstaufopferung, zum Ausdruck und hebt sie auf die Ebene der universellen menschlichen Werte. Für Székely, der die Schicksalsfragen der Nation reflektierte und nach Möglichkeiten für ein moralisches Exempel suchte, war die Schlacht von Mohács ein wichtiges Thema. Der Tod der für die Verteidigung des Vaterlandes gefallenen Helden konnte gleichzeitig als eine christliche, edle und patriotische Tat angesehen werden, denn es ging um die Unabhängigkeit des Landes. Die Schlacht von Mohács erscheint in der Malerei erstmals Ende des 18. Jahrhunderts auf einem großen Panneau von István Dorffmaister im Bischofspalais von Pécs (Fünfkirchen), auf dem der Künstler die Niederlage von 1526 und die siegreiche Schlacht von 1687 verewigte. Diese vom Bischof in Auftrag gegebenen Bilder suggerieren, daß die Kirche an bedeutenden Wendepunkten der Geschichte eine wichtige Rolle spielte. 45 Das Bild von Dorffmaister wirkte noch im 19. Jahrhundert, denn József Borsos hat es als junger Maler 1837 kopiert. 46 Nach der Niederschlagung des Freiheitskampfes konnte mit der Tragödie der Schlacht von Mohács die allgemeine Stimmung angesichts der verlorenen nationalen Unabhängigkeit wiedergegeben werden. Eine Parallele zwischen den beiden Ereignissen, der Schlacht von Mohács und der Niederschlagung des Freiheitskampfes, war durch verschiedene Momente gegeben, so durch die Beteiligung des Adels und den Kampf für die nationale Unabhängigkeit. Auch die von Mihály Kovács und Soma Orlai Petrics gemalte Szene: Frau Perényi bestattet die Toten der Schlacht von Mohács bringt die nationale Trauer zum Ausdruck. 47 Im Gegensatz zu den zuvor erwähnten Werken hebt Mór Than auf seinem Bild - auf dem wir ein barockes bewegtes Schlachtengemälde sehen - eher das Moment des heldenhaften Widerstandes hervor, im Vordergrund der Erzbischof Pál Tomori als ein zu allem entschlossener heldenhafter Patriot, der bis zum Letzten kämpft. 48 Székely behandelt das Thema in einer anderen Annäherung. Er hebt die in dem Ereignis liegende Tragik hervor. So sehen wir in den unteren zwei Dritteln der Bildfläche das mit Gefallenen übersäte Schlachtfeld, die bis zum letzten entschlossen kämpfende Truppe befindet sich im Hintergrund. Diese Konzeption bildete sich schon auf den Skizzen heraus, wie auch zwei Farbskizzen auf unserer Ausstellung belegen, bei denen die kräftige Farbenbehandlung und die energischen Fleckenmassen schon die oben erwähnte Konzeption anwenden (Kat.Nr.: 37, 38). Der endgültigen Fassung steht eine größere Leinwand näher, auf der die Details der Darstellung des Schlachtfeldes betonter sind (Abb. 7). Zu dem Gemälde Die Schlacht von Mohács stehen uns interessanterweise nur wenige Skizzen zur Verfügung. So lassen sich die einzelnen Phasen der schöpferischen Arbeit und die Entwicklung der Komposition nur schwer verfolgen. Der phantastische Farbenreichtum der ersten Aquarellskizze vermittelt uns jedoch zusammen mit den übrigen Farbskizzen - ein Bild von der Frische, mit der Székely zu den Farben griff, und von seiner modernen Auffassung der Farbenanwendung (Kat.-Nr.: 36). Auf der endgültigen Komposition teilt er den Bildraum in zwei Teile, im Hintergrund ist die noch ablaufende Schlacht zu sehen, im Vordergrund schon das Ergebnis der Schlacht - Tote und Verwüstung. Mit diesem zweigeteilten Raum zeigt Székely die Vorgeschichte und die Folgen, wenngleich die Schlacht und die Verheerungen in der gleichen Zeit liegen. Die räumliche Differenzierung zieht auch eine