Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)
BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY
mit den kompositorischen und malerischen Problemen in Zusammenhang mit der Bewegung der Massen und der einzelnen Figuren befaßte als mit der Landschaftsdarstellung. Die zahlenmäßig größte und auch hinsichtlich der künstlerischen Bedeutung nicht gering zu schätzende Gruppe seiner Landschaften schuf Székely in den 1880er und 1890er Jahren. 128 Vermutlich schon um 1870, vielleicht sogar noch früher, hat er den Ort Szada bei Gödöllő aufgesucht, wohin er einmal auch József Eötvös einlud. 129 Zu regelmäßigen Aufenthalten in Szada kam es wohl aber erst von den 1880er Jahren an, vor allem, als Frigyes Schulek ihm dort ein Atelierhaus baute. 130 Die Hügellandschaft von Szada, die umliegenden Dörfer und ihre Bewohner boten Székely eine Fülle von Themen. Wie zu Beginn seiner Laufbahn kam er wieder der Natur nahe und hielt eine ganze Folge von Landschaften in der frischen Betrachtung des unmittelbaren Erlebens fest. Das bildliche Erfassen des Erlebnisses formulierte er selbst in seinen Aufzeichnungen Über den Naturalismus wie folgt: „Nicht die Natur, ihre Wirkung muß kopiert werden ,.." 131 In bezug auf die Landschaften schrieb er: „Das Bild ist nicht wegen des Originals, sondern wegen der geistigen Umarbeitung von Interesse." 132 Eine gesunde, unvoreingenommene Naturbetrachtung, die Fähigkeit, den Anblick schnell zu fixieren und gleichzeitig zu abstrahieren - das sind die Haupttugenden seiner Bilder aus dieser Periode. Ein Teil zeigt Nahansichten mit einfachen Motiven: Bauernhöfe, verfallene Hütten und strohgedeckte Katen in gleißendem Sonnenlicht (Kat.-Nr.: 188, Kat.-Nr.: 183). Auf anderen Bildern scheint das Sonnenlicht herbstlich fahl und hinterläßt auf den Bäumen, in den Pfützen und auf dem Wasserspiegel der Bäche Spuren goldbraun-gelber Reflexe, wie z. B. auf den Bildern Herrenhaus und Landschaftsskizze (Abb. 49 und 50). Uferlandschaften sind auch in Székelys Szada-Periode ein beliebtes Thema, denn sie bieten dem Maler Gelegenheit, die Lichtprobleme beziehungsweise die Kontrastwirkungen zwischen Licht und Schatten zu untersuchen (Abb. 51) . In der Szada-Periode kommen am häufigsten Bildausschnitte von Nahansichten vor. Wir finden aber auch perspektivische Kompositionen mit weitem Horizont, wo die Landschaft aus der Perspektive betrachtet wird. Hier erhalten im allgemeinen einheitliche helle und dunkle Farbflecken größere Betonung. Mit Harmonien heller Pastellfarben wird die Kraft der Sonne verdeutlicht, und die Bilder strahlen eine heitere Stimmung aus. Székely, ein Meister der Stimmungsmalerei, bevorzugte die Dämmerung, den farbenprächtigen Himmel im Licht der untergehenden Sonne (Kat.-Nr.: 144 und Kat.-Nr.: 182). Unter den Bildern von Szada gibt es auch zahlreiche Wolkenstudien, bei denen der Maler sehr gut die Färb-, Licht- und Tonprobleme studieren konnte (Abb. 52) . Tivadar Lándor schreibt in seiner Studie über das Lebenswerk Székelys sehr anschaulich dazu: „... auch in der Landschaftsmalerei interessierten ihn in erster Linie die Färb- und Formerscheinungen, die am wenigsten kontrollierbar sind, weil sie zu den vergänglichsten und flüchtigsten gehören und sich von einem Augenblick zum anderen verändern. Auch die sogenannten 'Impressionisten' haben sie auf ihren Bildern noch nicht erschöpfend studiert und erfaßt. Die Wolke ist das Chamäleon der lebendigen Natur ... Die Wolke ist der empfindsamste Spiegel, der durch die Reflexe der Umgebung und der darunter liegenden Landschaft seine Farbe oder zumindest die Nuancen seiner Farben verändert. Gerade deshalb ist die Wolke die reichste Quelle, eine wahre Schatzkammer der Farben und Töne. Kein Zufall also, daß Székely gerade das erforschte, was die meisten wegen der auftretenden Schwierigkeiten mieden oder bei dem sie der Schönheit und dem Reichtum der Natur nicht auf die Spur kommen konnten." 133 Abgesehen von seinem Zeitgenossen und guten Freund Károly Lötz kennen wir - in der fraglichen Zeit - nur wenige Maler, die so viele Wolkenstudien wie Székely gemalt hätten. Nach diesem Überblick über die Landschaften von Bertalan Székely wird ganz und gar nicht verständlich, warum ihm von Fachautoren - vor allem in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen - Konservativismus vorgeworfen wurde. Oberflächlich und unzutreffend scheinen die Schriften, die in seinen Landschaften den französischen Impressionismus - die künstlerische Welt von Manet und Monet - vermissen. Székely wußte alles über die Landschaftsmalerei, was seine ausländischen Kollegen wußten, und er wußte weit mehr als viele seiner ungarischen Zeitgenossen. Er malte in romantischem Stil, als er das Gefühl hatte, die Fülle seiner Empfindungen am besten in dieser Sprache zum Ausdruck bringen zu können, ebenso malte und zeichnete er ergreifend realistische Momentaufnahmen, er kannte alle Züge der Pleinairmalerei, und auf einzelnen Bildern näherte er sich auch dem Impressionismus. Székely war für die neuen Richtungen seiner Zeit vollkommen aufgeschlossen, aber die Vielseitigkeit seiner künstlerischen Phantasie, das Verlangen nach einer geistigen Umarbeitung des Themas band ihn nicht nur an die Ansichtsmalerei. Die einfache Wiedergabe der Ansicht ohne Transformation bezeichnete er als Naturalismus, wie wir in seinen Aufzeichnungen nachlesen können: „Das elementarste und einfachste ... ist der Naturalismus, der auf dem Bild keinerlei ästhetische Grundanschauung - zumindest nicht bewußt - verwendet und sich einfach nur auf die Nachahmung der Natur beschränkt. In jeder Hinsicht höher steht der Realismus, der von der Natur nur das nachahmt, was zur Herstellung, Verwirklichung (Realisierung) und Ermöglichung des Gedankens erforderlich ist, also eine Abstraktion und eine bewußte Auswahl bietet." 134 Aus diesem Zitat geht klar hervor, daß Székely unter Realismus nicht die so bezeichnete Stilrichtung, sondern die geistig umgestaltende Arbeit des Künstlers verstand, denn auch in der Wiedergabe der Naturansicht hielt er die künstlerische Inspiration, die geistige und emotionelle Hinzufügung für wichtig. Das war die Forderung, die er an seine Schüler und an sich selbst stellte.