Nagy Ildikó szerk.: Nagybánya művészete, Kiállítás a nagybányai művésztelep alapításának 100. évfordulója alkalmából (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1996/1)
Bereczky Lóránd: Előszó
Vorwort „Die gegenseitig-wohltätigste Einwirkung eines Menschen auf den Andern jeden Individuum zu verschaffen und zu erleichtern; nur dies kann der Zweck aller menschlicher Vereinigung sein." (J. G. Herder) Es scheint eine dankbare museale Aufgabe zu sein vor der hundertjährigen Geschichte der Nagybányaer Künstlerkolonie und Schule, vor der Kunst der einst dort tätig gewesenen Meister, mit einer Ausstellung Ehre zu leisten. Wir müssen diese schon vielmals und aus vielen Gesichtspunkten bearbeitete, allgemein bekannte, eine grundlegende Bedeutung tragende Etappe der modernen ungarischen bildenden Kunst, mit der Hilfe von einen unbestreitbaren Wert vorweisenden Werken zur Schau stellen. Die Einsammlung von den an den ständigen Ausstellungen von Museen figurierenden Werken von Hollósy, Ferenczy, Réti, Thorma, und die Reihe der Namen möge fortgesetzt werden, kann schon an und für sich den Erfolg der Ausstellung sichern. Neben dem effektvollen Anblick ist auch der gedankliche Hintergrund gegeben, da doch die die ungarische bildende Kunst unseres Jahrhunderts vorführenden anspruchsvollen Darlegungen nach und nach sich auf Nagybánya berufend mit ihren Mitteilungen beginnen. Nagybánya ist in der kulturellen öffentlichen Denkart, und oft auch in den beruflichen Äußerungen zum Emblem der modernen ungarischen bildenden Kunst geworden. Manchmal als ein einen nebelhaften Inhalt heraufbeschwörendes Wort, doch zumeist als ein eine gewisse schöpferische Haltung, beziehungsweise ein eine kunsttheoretische Annäherung zum Ausdruck bringender Begriff. Die Zusammengesetztheit und die inhaltliche Reichheit dieses Begriffes deutet schon von sich selbst an, daß diese ehreleistende Ausstellung - die stets vom Ganzen sprechen will - nur über beschränkte Möglichkeiten verfügen kann. Die Möglichkeiten sind beschränkt, weil die Ausstellung nicht auf sich nehmen kann, daß sie durch die gründliche Bearbeitung eines Teilproblems im Teil das Ganze vorweisen möge, da doch solcherlei nicht gegenüberstellbare Faktoren simplifiziert verschmelzt werden müßten, wie - unter anderen - die Geschichte, die Ästhetik, die Kunsttheorie, Schulungsprogramme, Kulturpolitik. Sie sind auch deshalb beschränkt, weil wenn die Ausstellung über das Ganze „aus der Vogelperspektive" ein Bild geben wünschte, dann möchte sie nur das schon auch bisher verknöcherte „Nagybánya-Bild" wiederholen, und jene Ergebnisse verlieren, die auf der Spur der neueren Forschungen unsere Kenntnisse über dieses große Unternehmen der Jahrhundertwende, besonders über sein Nachleben oder über sein Weiterlebens bereichrerten. Es stellt sich also die Frage, ob man wohl eine ehreleistende Ausstellung veranstalten darf, falls das Ergebnis eingestandenermaßen nicht abgeschlossen ist, sondern diskutierende, suchende Annäherungen induziert? Wir können mit Überzeugung behaupten, daß man es nicht nur darf, sondern, daß es auch notwendig ist! Es ist notwendig aus dem Gesichtspunkt der Dokumentierung der Bindung zur universalen, beziehungsweise engeren Gemeinschaft der Geschichte und der Kultur, aus dem Gesichtspunkt der Fundierung der beruflichen Forschung, und aus dem Gesichtspunkt des Anstandes der Forschung, sowie der Verantwortung dieser Forschung gleichermaßen. Das Jahr 1996 ist das Jahr der Heraufbeschwörung der Geschichte in Ungarn. In diesem Vorgang bilden die hundert Jahre von Nagybánya, wegen der Kürze der Zeit, und wegen der Knappheit ihres Territoriums im Vergleich zur Gänze des Lebens, dem Wesen nach nur eine Episode. Doch diese Episode trägt fast alle Momente des „Betrachtens" der Geschichte, des Gegenwartsabsichten zum Ausdruck bringenden Charakters des Festes der Geschichte in sich. Die Künstlerkolonie von Nagybánya birgt in ihrem Beginn ein europäisches Empfängnis in sich: sie bildet den „Auszug" der eine Erneuerung suchenden Kunst der Jahrhundertwende aus den Schanzen der beschränkenden Überlieferung, so wie es auch anderswo im Zeichen des Bruches mit den Traditionen geschah. Aber Nagybánya ist auch zum Orte und zur Gemeinschaft gebunden, da doch diese Stadt in jeder Hinsicht von Paris, München, Budapest fern gelegen war. Auch darin bestand ein universales und ein zum Ort bindbares Spezifikum, wie neben der Künstlerkolonie die programmgebende Schule zustande kam, und wie die Anziehungskraft die wegsuchenden Laufbahnanfänger aus verschiedenen Gegenden Europas hierherreisen ließ. Die auf der Spur des ersten großen Weltbrandes eintretenden drastischen Veränderungen konnten das aus den bildenden Künsten bestehende Leben der Stadt nicht erwürgen, doch die Lehren, die Überlieferungen, das geistliche Erbe der „klassischen Periode" haben sich, von der Absicht der Tagespolitik beeinflußt, öfters modifiziert. Es entstanden ernste Betonungsverschiebungen, dies aber übt einen Einfluß auf die Forschung, auf die Veröffentlichung der Ergebnisse, auf die Folgerungen aus. Vielleicht ist es eine Folge dieser Tatsache, daß Nagybánya in der öffentlichen Denkart einen solchen Begriff darstellt, im Rahmen dessen die Betonungen der einzelnen Elemente nach Belieben modifiziert werden können. Wenn notwendig, dann dominiert die Geschichte, wenn notwendig, dann die Idealität der Bewegung, wenn notwendig, dann handelt es sich um enge berufliche Stilprobleme. So konnte dieses Emblem zu einer Berufungsgrundlage bisweilen der Evolution der Kunst, ein anderes Mal der Revolution, des Progresses, in schweren geschichthchen Perioden aber der Bewahrung der Qualität werden.