Szinyei Merse Anna: Szinyei Merse Pál (1845-1920) (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai)
PÁL SZINYEI MERSE (1845- 1920) In den über eine entwickelte Malerkultur verfügenden Nationen des Westens, wo sich auch die gesellschaftlichen Vorgänge beschleunigt haben, begann schon zur Zeit der Romantik die Befreiung des Künstlers von den Bindungen der alten Traditionen. Die neuen Tendenzen dieser Zeit erklärten jeder künstlerischen und gesellschaftlichen Konvention den Krieg, die die freie, jeder Voreingenommenheit entbehrende Deutung der Natur behinderten. Damit einher ging die schnelle Entwicklung der Naturwissenschaften, besonders die der Optik. Die den Franzosen zu verdankenden wichtigsten Resultate der Forschung lernten die Künstler der östlicher gelegenen Länder im allgemeinen nur durch gewisse Übertragungen und mit Verspätung kennen. Die Vermittlerrolle übernahm München im Jahre 1869 mit einer grossen internationalen Ausstellung. Das Beispiel der Schule von Barbizon und Courbets wirkte auf die mit offenen Augen um sich blickenden mitteleuropäischen Maler wie eine Offenbarung. Hier war noch keine Rede von Impressionismus, es waren ja erst einige Manet-Bilder zugegen, die spanische Themen behandelten. Auch Ungarn waren auf der grossen Ausstellung erschienen, die auf die meisten von ihnen einen starken Eindruck machte. Von ihnen war es jedoch nur Pál Szinyei Merse, der das Ereignis in seiner ganzen Wichtigkeit erfasste, erlebte er doch hier die Bestätigung seiner bislang alleinstehenden Bestrebungen. Aus dem Münchner Kreis unternahm sonst kein anderer die konsequente Ausarbeitung der aufgeworfenen Probleme der Landschaftsmalerei und der Farben. So wurde es sein Verdienst, dass er, gleichzeitig mit den französischen Kollegen, doch unabhängig von ihnen, selbständig das Plein-air entdeckte und verwendete, indem er die nach der formen- und farbengestaltenden Rolle des Sonnenlichtes forschte. Pál Szinyei Merse wurde als Nachkomme einer alten ungarischen Adelsfamilie am 4. Juli 1845 im heute zur Slowakei gehörenden Szinyeujfalu in Oberungarn geboren. Seine Schulen absolvierte er in Eperjes (Presov, £SR) und Nagyvárad (Oradea, Rumänien). Im April 1864 kam er auf die Münchner Akademie, wo er Schüler A.Strähubers, H.Anschütz', von 1866. A.Wagners und schliesslich vom Oktober 1867 bis Oktober 1869 Schüler K.Pilotys war. Anfangs hatte es der junge Mann schwer mit den obligaten Anforderungen der trockenen akademischen Bildungsmethode. Wie seine frühen Stilleben (Abb. I.) bezeugen, hatte er schon im Atelier seines Malerlehrers in Nagyvárad, Lajos Mezey, die Handhabung der Ölfarben, sowie die naiv natürliche, durch realistische Farben ausgedrückte Malweise gelernt. Demnach ist es verständlich, dass die akademische Abzeichnung von Gipskopien antiker Modelle eine Qual für ihn war. Als er für die Aufnahme zu Piloty romantische Bilderentwürfe macht, arbeitet er auch hier entgegen seiner Neigung - obzwar die dramatische Kraft des Selbstmörders Faust an der Küste (1866), oder die intime, lyrische Schönheit von Nonne und Ritter (1867) schon ein Zeichen des frühen Erscheinens seiner Ideen sind. Seine Skizzen sind ebenso weit entfernt von der kalten Starrheit der Nazarener, oder der überströmenden Gefühlsbetontheit der Romantik, wie von der berechnenden Theatralität des Akademismus. Im allgemeinen stellt er auf seinen Bildern wenige Gestalten dar, und diese sind - trotz ihrer verschiedenartigen historischen Kleidung - alltäglicher und weniger aktiv, gleichzeitig aber poetischer erfasst, als bei seinen Zeitgenossen. Sein frühes realistisches Porträt malte er im Sommer 1866 von seinem Bruder Zsigmond (Abb. III). Schon hier fällt die innig einfache, sozusagen ohne Hilfsmittel erzielte Auffassung und vertiefte seelische Darstellung auf, die zur Hauptcharakteristik der weniger bekannten Porträtkunst Szinyei Merses werden sollten. Im Herbst 1867 entstanden in Pilotys Klasse seine mit zarter Naturpoesie erfüllten Skizzen, an denen er endlich wirklich seine Freude hatte. Ofelia hat ein literarisches, der Faun (Abb. V.) ein mythologisches Thema. Zur Blütezeit der repräsentativen historischen Kompositionen war auch in München der mythologische Themenkreis im Verschwinden, übte aber infolge der in öffentlichen Sammlungen zur Schau gestellten Böcklin-Werke noch auf viele eine gewisse Wirkung aus. Wahrscheinlich folgte auch Szinyei Merse anfangs seinen Spuren, führte aber dieses Thema Konsequent zu seinem Hauptziel, der Darstellung der Natur. Während er sich zu seiner aus der Faun-Skizze