Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Júlia Szabó: László Mednyánszky: Landschaftsskizzen, Landschafts- und Genrebilder

den neunziger Jahren des 19. Jahrhundert entstandene kahle, bräunliche Landschaften eventuell vom Einfluss der Mednyánszkyschen Landschaftsauffassung zeugen mögen. 42 Seine Malerfreunde Árpád Feszty, Diego Szontágh, Mihály Zichy und Tina Blau als einzige Frau verehrte er für die Bedeutung ihrer Tätigkeit. Sein Freund Justh, der dem empfindlichen Geist des Malers ebenbürtig war, verstarb im Oktober 1894 in Cannes und wurde auf dem Gut der Familie in Szenttornya begraben. An der Bestattung nahm auch Mednyánszky teil. Damals beschäftigten den Maler schon seit Jahren die Ideen der Theosophie und des Buddhismus, die er in Paris, in Budapest und in Oberungarn kennen gelernt hatte. 43 In Kenntnis dieser Lehren empfand er die Trennung von Justh nicht als endgültig. Den Maler, der sich vor allem für Fragen von Leben und Tod interessierte, mag es nicht besonders gestört haben, dass seine 1897 in Paris veranstaltete Ausstellung nur in einer einzigen Kritik in der Tagespresse gewürdigt wurde. Die Anerkennung, die ihm in Budapest zuteil wurde, war ihm wohl wichtiger. In Wien suchte er außer Museen und Galerien auch die Umgebung von Kasernen auf, nach Freunden und Modellen suchend. Seine zahlreichen Skizzenhefte, die er in Budapest benutz­te, sind voll mit Namen und Adressen seiner Gelegenheitsbekanntschaften. Ähnliche Kasernenbesuche nahm er in Timisoara (Temesvár) und Krakau vor. Um 1912 versuchte er, sich endgültig in Wien niederzulassen. Dort bewunderte er - bestimmt nicht zum ersten Mal - die Landschaften von Eugen Jettel, ja sogar die romantischen österreichischen und italienischen Landschaftsbilder der im beginnenden 19. Jahrhundert tätigen Friedrich und Jakob Gauermann sowie Ferdinand Georg Waldmüller, die naturalistischen Landschafts- und Genrebilder des August von Pettenkofen, oder die traditionellen Landschaftsdarstellungen Eduard Schleichs, die ihm schon während seiner Münchner Epoche ein großes Erlebnis waren. Ferner interessierte er sich für den Stimmungsimpressionismus von Emil Jakob Schindler und Tina Blau, über die er in seinen Tagebüchern häufig berichtete. 44 Von den moderneren Wiener Malern bewunderte er vor allen Gustav Klimt, da er erkannte, dass auch dieser seinen individuellen Weg ging. 45 In seinen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1898 bezeichnete er seine eigene Kunst als „antirealistisch", in der „die Stimmung vom Kosmischen, vom Ewigen geprägt wird". 46 All das bedeutet - unter dem Einfluss der Theosophie - eine gewisse Entfernung vom impressionistischen Realismus der Weingärten darstellenden Skizzen und Gemälde (Kat. 63) der sich noch in Werken wie das Landschaftsbild mit der Aufschrift „Kleiner Bach im Nachmittagslicht, Schneeflecken" usw. manifestierte. 47 Man muss jedoch zugeben, dass auf den Darstellungen des Tatragebirges trotz jeder Alltäglichkeit auch die tiefe Ehrfurcht vor Raum und Zeit zu spüren ist, die über die Dimensionen des menschlichen Lebens hinaus gehen. Es ist vielleicht gerade dieser Zug seiner Kunst, den der Maler antirealistisch nannte. Tatsache aber ist, dass Mednyánszky in allen seinen Schaffensperioden Landschafts- und Genrebilder malte, die von einer mystischen Zeitlosigkeit zeugen. Seine während des Ersten Weltkrieges angefertigten Studien sind nicht bloß Wiedergabe alltäglicher Episoden, wie ein einmaliger Zug von Soldaten, das Treiben von Kriegsgefangenen, Darstellungen von Verwundeten, Toten und Begräbnissen, sondern auch jeden Pathos entbehrende Momente, Denkmäler des gesetzmäßigen menschlichen Ausgeliefertseins und Leidens. (Außer den Kriegsbildern von Isidore Pils sind Corots Gemälde über Paris während der Pariser Kommune bzw. die Zeichnungen, Gemälde und Reliefs von Honoré Daumier, die Fliehende darstellen, diesen Werken von Mednyánszky ähnlich.) 48 Die wichtigste Erlebnisquelle Seine früheste Jugend ausgenommen war Mednyánszky nie bestrebt, sich dem Stil oder der Gedankenwelt eines Zeitgenossen oder eines älteren, bereits verstorbenen Künstlers anzupassen oder diese gar nachzuahmen. In sei­nen Landschaftsdarstellungen - Zeichnungen oder Gemälden - waren es nie irgendwelche Stilrichtungen oder Tendenzen, die ihn beschäftigten, vielmehr führte er ein Zwiegespräch mit der Natur, die das menschliche, tierische und pflanzliche Dasein umfasste. Auf ähnliche Weise näherten sich Leonardo und seine zahlreichen Nachfolger der Landschaft 49 Spaziergänge am Morgen und am Nachmittag, oder die nächtlichen Fahrten zum Grab des geliebten Freundes sicherten Mednyánszky die nötige Anregung und waren Quellen des Erlebnisses. Ausschlaggebend ist die Tagebucheintragung vom 9. Mai 1880 in Beckov: „Heute früh machte ich einen Spaziergang. Die Luft war frisch, ein sanfter Südwind wehte, die Sonne schien klar. Am Himmel entdeckte ich eine sonderbare Farbe: oben war sie dunkelblau, unten spielte sie ins Grün, und ganz am Horizont endete sie in einem durchsichtigen, warmen Lila. Die Wolken leuchteten, einige schmalen Wolken, die keinen „Körper" hatten, spielten in rötlich-warmen, durch­sichtigen Tönen. [...] Dieses Phänomen habe ich nie genügend beobachtet." 50 Für Mednyánszky waren die Wolken, die auch für die Meister der Romantik, des Realismus und des Impressionismus so viel bedeutet hatten, nie erschöpfend zu beobachtende Erscheinungen. Von ähnlicher Wichtigkeit waren die Bäume am Wegrand, die Gräser am Fluss, das Hirtenkraut, das Wollkraut. Malenswerte Themen waren ihm ferner die Rinderherden, die Hirten, schwielige nackte Füße oder eine alte Frau, die vor ihrer Hütte hockend etwas in einem Kessel kocht. In mehre­ren seiner Studien erinnern Figuren und Landschaft an die Vergänglichkeit, in anderen wiederum an dunkle, unheimliche Momente, die nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag erfolgen können. Der Mensch kann nicht nur hacken und sein Vieh treiben, sondern zugleich kann er auch seinen Gefährten in den Tod schicken, er kann nicht nur mit Hund und Regenschirm in Wald und Feld spazieren gehen, sondern auch Böses hegen oder tun. Die Landschaft und in ihr der Mensch sind Träger von extremen Kräften, meinte Mednyánszky, aber auch die der Liebe. 51 Diese beiden Prinzipien beherrschen alle Werke des Künstlers, werden nicht schwächer, sondern verstärken sich. Darin weist das Lebenswerk des 1919 verstorbenen Künstlers auf die Großen der Renaissance und des Barock zurück, nicht nur auf die Sintflut-Skizzen von Leonardo, sondern auch auf die Plastiken und Zeichnungen von Michelangelo, die den Toten Christus darstellen. Dadurch wird Mednyánszky - wieder ohne eine unmittelbare Beziehung und obwohl die verschiedenen Stilrichtungen, besonders der Futurismus starke Antipathie in ihm auslösten - einigen expressionistischen Meistern, so u. a. Emil Nolde (Abb. 4.) und Franz Marc ver­wandt. 52 (Unter den Frühwerken dieser Künstler lassen sich auch Parallelen zur Malerei Mednyánszkys finden.)

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