Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Zsófia Kiss-Szemán: László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums
unmittelbare menschliche Beziehungen auf seine Vorstellungskraft aus." 37 Ich halte es für wichtig, auf die Tatsache hinzuweisen, dass das später geschaffene deformierte Bild Mednyánszkys als Maler mit einer revolutionär-sozialistischen Ausrichtung forciert wurde. Kállai verfolgte vor allem diejenigen Momente in Mednyánszkys Leben, die sich in irgendeiner Weise auf sein Schaffen auswirkten, unter anderem die Wirkung großer seelischer Erschütterungen auf die Entwicklung seiner Psyche sowie den Einfluss verschiedener Theorien (z. B. der Theosophie, des Buddhismus) oder gesellschaftlicher Gruppierungen (z. B. des Kreises um Zsigmond Justh). Im zweiten Teil der Monographie charakterisierte Kállai die Stilentwicklung des Malers an Hand der Analyse konkreter Werke, die im Abbildungsteil des Buches in chronologischer Reihenfolge abgedruckt wurden. 38 Die sensible Analyse dieser Gemälde ergänzte er durch Aussagen des Malers aus Tagebüchern, Notizen und Briefen. Kállai legte in seiner Monographie ein relativ eindeutiges Bild der Stilentwicklung des Malers im Zusammenhang mit seiner gedanklichen Welt vor. Nur sporadisch schenkte er Mednyánszkys Experimenten (z. B. den allegorischen Bildern des Todes) Aufmerksamkeit. Er ist wie jemand vorgegangen, der wusste, dass das Schaffen des Malers ein Ziel verfolgte und deswegen hielt er die „Sackgassen" auch für unwesentlich. „Die Beobachtung der Natur zählte zu den wichtigsten Tätigkeiten seit meinen jüngsten Jahren, sie bildete den Inhalt meines Lebens" - zitierte er Mednyánszky aus dessen Tagebuch. Dabei machte er darauf aufmerksam, dass die Natur bei Mednyánszky die Rolle des Vermittlers spielte, einer Brücke, die aus der Erde ins Jenseits führt, aus dem Endlichen ins Unendliche. Mednyánszkys Schaffen wird manchmal am Anfang durch Sentimentalität und Genrehaftigkeit gekennzeichnet und nach Kállai strebte der Maler danach, den geistigen Anspruch der Darstellung zu vertiefen und zu erweitern, um auf diese Weise auf die grenzenlosen Geheimnisse der „mystischen Durchgeistigung" einerseits und der „dämonischen Verdammnis" andererseits aufmerksam zu machen. Auch wenn es Mednyánszky nicht immer gelungen ist, dem „den Geist erwürgenden Erdgefängnis" (Mednyánszky) zu entkommen, in der Natur hat er immer wieder die Erhabenheit und Freiheit des Geistes empfunden. Das große Verdienst Ernő Kállais ist, dass das figürliche Schaffen László Mednyánszkys anerkannt und interpretiert wurde. Vom Künstlerischen her hielt er es für gleichwertig mit der Landschaftsmalerei, zu der es Parallelen aufweist, auch wenn es - wie dies Kállai im Einvernehmen mit dem Maler behauptete - langsamer auf die Stufe „der Verwandlungen und der Quintessenzen" gelangte. Über diese Behauptung Kállais lässt sich streiten, da trotz der Tatsache, dass sich Mednyánszky relativ spät vom Einfluss der Genrehaftigkeit in der figürlichen Darstellung löste, seine Entwicklung auf diesem Gebiet um so intensiver war. In seiner Landschaftsmalerei gelangte er letzten Endes nie zu einer solchen Reinheit der künstlerischen Ausdrucksmittel wie etwa in den Figurendarstellungen Lynchen (Kat. 210) oder Straßenräuber (Kat. 205). Das figürliche Schaffen des Malers unterteile Kállai in mehrere Gruppen; in die Gruppe der Kopfstudien (dazu zählen einerseits die Studien der Vertriebenen und der Landstreicher, die Kállai für das Spiegelbild des Innersten Mednyánszkys hielt, andererseits die Bilder der kräftigen und selbstsicheren jungen Männer, an denen sich eine sachliche Beobachtung zeigt), in die Gruppe der Portraits (die kleinste Gruppe), in die Gruppe mit ganzfigurigen Darstellungen bzw. Szenen mit einer Handlung (auf denen „etwas geschieht", oder auf denen Figuren Zeugen eines Ereignisses werden, das dem Betrachter nicht bekannt ist) und schliesslich in die Sondergruppe der Kriegsbilder. Kállai gelang es, den tieferen Sinn dieser Kunstwerke zu begreifen. So erkannte er im Bild Der Sterbende (Reproduktion: Kállai, No XLVI), welches das Abbild eines gewissen Johann Vaptul aus Wien darstellt, den visionären Charakter des Gemäldes, das zum Symbol der Vergänglichkeit wurde. Bei Mednyánszky gibt es einige Motive, denen er eine außerordentliche Bedeutung beimaß: z. B. dem Motiv des Baches Poprad, das den Maler ganze zwanzig Jahre hindurch faszinierte und beschäftigte. „Die Gewässer, die aus den Höhlen in die Tiefe strömen, aus den entfernten und verborgenen Quellen zu den erahnten weiten Zielen, waren seit jeher vertrauliche Inspiratoren der herumvagabundierenden Seelen, die sich nach dem Grenzenlosen sehnen." 39 Kállai interpretierte auch einige Begriffe, die Mednyánszky in seinem Tagebuch verwendete: so etwa den Begriff „quintessenzielle malerische Umsetzung". Darunter verstand er die farbige Silhouette, d. h. ein von Farben durchstrahltes Schattenbild, das als Zusammenschluss der Darstellung von Gegenständen und Figuren in einen Farbfleck mit einem charakteristischen Umriss entsteht, wobei alles Unnötige verloren geht und als Resultat davon die malerische Reinheit und Einfachheit ereicht wird. 40 Kállai nannte Mednyánszky „einen Wegbereiter der geistigen Kunst". Einer Kunst, die „den Geist sieht", einer Kunst, die sich in der Moderne der Zwischenkriegszeit in Ungarn voll entfaltete. Durch die Herausgabe der Monographie Ernő Kállais 41 und die Ausstellung von Mednyánszkys Werken in Budapest im Jahr 1943 erfüllte die ungarische Kunstwissenschaft einen Teil ihrer Verpflichtung gegenüber dem Schaffen von László Mednyánszky. Das Bedürfnis nach einer „Umbewertung" des Schaffens entstand erst wieder in den 50er Jahren, diesmal allerdings unter einer völlig neuen gesellschaftlichen Situation. Hervorgehoben wurde nun vor allem Mednyánszkys „Weltbild und sein politischer Standpunkt", die „positiv" waren, weil sich der Maler den „fortschrittlichen Kräften" anschloß und die Sünden der Klasse der Ausbeuter entlarvte. Nach Zsuzsa Csernátony, 1951 42 , halten seine „Vagabundenbilder uns unbarmherzig die Perversitäten vor Augen, die sich aus den Widersprüchen der kapitalistischen Gesellschaft ergeben." Die in der Einleitung angedeutete Haltung der Autorin wurde zwar nicht in den Kern der Studie übertragen, hinderte sie jedoch an einer richtigen Deutung von Mednyánszkys Schaffen, das sie sehr distanziert beobachtete, wodurch ein ziemlich trockener, beschreibender Text entstand. Im Geiste der „Umbewertung" des Schaffens fand in Budapest auch eine Jubiläumsausstellung zum 100. Geburtstag des Künstlers statt. Die Ausstellung selbst, sowie der oben Genannte einleitende Text weisen auf eine einseitige Interpretation von Mednyánszkys Schaffen hin 43 Jan Hofman erwähnte als erster das künstlerische Schaffen Mednyánszkys in Zusammenhang mit der Kunst in der Slowakei - nicht mit der Region der Zips - in seiner Veröffentlichung Staré umënï na Slovensku [Ältere