Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)
GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Zusammenfassungen der Beiträge
nen Kunsttendenzen, die den Historismus verwarfen oder mißachteten. Einige Maler erachteten es aber auch in den Rahmen des Antihistorismus als wichtig, ihre Reflexionen bezüglich der Vergangenheit oder der künstlerischen Tradition zum Ausdruck zu bringen. In dieser Hinsicht sind vor allem einige Werke von Tivadar Csontváry Kosztka und Lajos Gulácsy anzuführen. Seit den sechziger lahren des 20. Jahrhunderts sind im Zusammenhang mit der Geschichte und dem Historismus neuartige künstlerische Reflexionen aufgekommen. Die Künstler brachten einerseits ihre Abneigung gegenüber der offiziellen Kunst der Vergangenheit zum Ausdruck, die konstruierten und machtpolitischen Legitimationszielen gedient hatte, andererseits gliederten sie fragmentarisch erhaltene Denkmäler der Geschichte in ihre Werke ein. Die Beschäftigung der Gegenwartskunst mit der Vergangenheit ist aber weniger eine Art Neuhistorismus als vielmehr die künstlerische Antwort auf die in der Welt der Moderne immer wieder erlebte Diskontinuität des menschlichen Daseins. MÁRTA KOVALOVSZKY ± GESCHICHTE Das Geschichtsbild der ungarischen Kunst der letzten vierzig Jahre war nicht einheitlich. Es änderte sich entsprechend der Geschichte, den aktuellen politischen Ereignissen und den Kunsttendenzen. Vier Typen lassen sich umreißen: 1. Traditionelles Geschichtsbild. Der Künstler steht mit beiden Beinen in der Kontinuität der vergangenen Jahrtausende, ist daran beteiligt, ist ihre Erbe und führt die Traditionen bewußt weiter. Zuweilen muß er selbst die Schichten der historischen Vergangenheit erschließen, sozusagen im Interesse der Wiederbelebung eingestürzter Kulturen, versunkener Schichten Ausgrabungen durchführen. Diese Gedanken lassen sich in erster Linie an Lebenswerken verfolgen, die sich in den sechziger Jahren entfalteten und zur klassischen Reife gelangten. Die Jungen der neuen Malerei der achtziger Jahre sahen sich vor allem durch die Kulturgeschichte und die Mythologie mit der Geschichte konfrontiert. Die „sich erinnernde" Figur in den Gemälden László Fehérs bringt das Verhältnis dieser Generation zur Geschichte genau zum Ausdruck: Die nur durch ihre Konturen angedeutete Figur steht in der dargestellten Vergangenheit, die Geschichte weht über sie hinweg, berührt sie, löst sie aber nicht in sich auf. 2. „Nationales" Geschichtsbild. Hervorragende Gestalten und Ereignisse der nationalen Geschichte - Kossuth, König Matthias Corvinus, die Revolution von 1848 stehen im Mittelpunkt der künstlerischen Aufmerksamkeit und der Darstellung. Ihr Bild entbehrt die allgemein bekannten oder offiziellen Züge, an die Stelle des heroischen Ernstes treten die betonte Alltäglichkeit und Gebrechlichkeit, zuweilen durchsetzt von verschämtem Humor. 3. Melancholisch-nostalgisches Geschichtsbild. Die Vergangenheit, die Geschichte werden von der Ferne als Erinnerung, als unerreichbares Objekt der Sehnsucht betrachtet. Der Künstler blickt von außen her auf den Betrachter, versucht in seinen Werken die Vergangenheit, zuweilen die Gesamtheit einer imaginären Kultur zu rekonstruieren. Die rekonstruierten Details sind manchmal nichts weiter als Requisiten, die der Künstler als kompositionelles oder stilistisches Element einsetzt. 4. Ironisches Geschichtsbild. Die vorherrschenden Merkmale sind eine Betrachtungsweise, die die Dinge zugleich von ihrer Schauseite und ihrer Kehrseite zeigen will, und die Wahl einer Perspektive, die den Ernst, den Heroismus, die historische Patina der dargestellten Ideen, Gestalten oder Ereignisse kaum, oder überhaupt nicht sehen läßt. Umso lebendiger wirken ihre ungewohnten, grotesken, lächerlichen Züge. Diese Denkweise hat sich Mitte der achtziger Jahre erstarkt, sie ist aus der widersprüchlichen Welt Ungarns und Ostmitteleuropas auf dem Weg zum Umsturz von 1989 geboren. Eine ähnliche spielerische Ironie zeigte sich bereits früher, bei der konzeptuellen Neoavantgarde der ersten Hälfte der siebziger Jahre, in erster Linie dort, wo die Künstler auf aktualpolitische Ereignisse reflektierten. Diese Typen kamen zuweilen auch gleichzeitig, parallel, jedoch mit wechselnder Intensität zur Geltung, da sich die Rolle der Geschichte in der Kunst von Periode zu Periode änderte. Im Lebenswerk zahlreicher bedeutender Künstler der sechziger Jahre spielte die Geschichte eine wichtige Rolle, sie bedeutete für sie noch eine lebendige Tradition, an der sie mit ihrer Kunst anknüpfen konnten. Zwanzig Jahre später wurde die Geschichte von den Vertretern der „Neumalerei" bereits in erster Linie durch die Optik der Kulturgeschichte, der Kunstgeschichte betrachtet. Während im Mittelpunkt der Betrachtungsweise dieser Künstler die Vergangenheit stand, zeigten viele ihrer Zeitgenossen inmitten der eigenartigen ungarischen Verhältnisse der achtziger Jahre die Figuren und die Ereignisse der Geschichte gleichzeitig von der Schauseite und der Kehrseite. Das Jahr 1989 markiert nicht nur einen politischen, sondern auch einen künstlerischen Wendepunkt: damals spielte die Geschichte zum letzten Mal eine wichtige Rolle in der Gegenwartskunst. In den Werken der darauffolgenden Generation geht es schon um ganz andere Probleme.