Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)
GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Zusammenfassungen der Beiträge
am historischen Interesse des 19. Jahrhunderts besteht in der Bevorzugung einer „authentischen", psychisch nuancierten Persönlichkeitsdarstellung. Sie kommt sowohl im historischen Idealporträt als auch im öffentlichen Denkmal zum Ausdruck. Im Zentrum des Monumentalitätsgedankens steht im Ungarn des 19. Jahrhunderts keineswegs mehr der Triumph des Herrschers aus einer fremden Dynastie, sondern die Bürgertugend, das gesellschaftliche Ideal des Reformzeitalters. In diesem reformfreudigen geistigen Milieu des Vormärz erscheint der Kult der Tatkraft als ein Gegensatz zur nostalgischpassiven Heraufbeschwörung der Vergangenheit: Die Geschichte wird vor allem als Handlungsraum aufgefaßt. Unter diesem Aspekt kann die Aktualisierung als ein wesentlicher Zug des Denkmalbegriffs des 19. Jahrhunderts verstanden werden, der dann als Gegenwartswert im Sinne Alois Riegls dem Alterswert gegenübergestellt wird. Die Gemeinschaft als Faktor der Geschichte Seit der Historiographie des Mittelalters wird die Treue der Geschichtsdarstellung durch drei Kriterien, Personen, Schauplatz und Zeit des Geschehens erfaßt. Der Notwendigkeit des universalgeschichtlichen Kollektivismus eines Winckelmann stehen individuelle Völker gegenüber, die jeweils durch den Einfluß des Himmels in ihrer Bildung und ihren Sitten bestimmt werden. Winckelmanns Thesen erfuhren im 19. Jahrhundert besonders in den positivistischen Milieutheorien ihre Konkretisierung, und sein Bild von den Griechen, die in einem idealen Gleichgewicht mit ihrer Natur gelebt haben sollen, bildete bis zum einflußreichen Kunstphilosophen des 20. Jahrhunderts, Lajos Fülep, die Grundlage zur Formel „Universal und National sind korrelative Begriffe". Diese Formel diente sowohl einer antiakademisch ausgerichteten Kunsttheorie als auch der Ablehnung des vorherrschenden ständisch begründeten Nationalismus des 19. Jahrhunderts als Grundlage. Der alte Begriff der Nation entsprach dem Anspruch der Veranschaulichung naturgemäß besser, besonders durch Personifikation und Allegorie. In diesem Sinne ist die Personifikation von Hungária oder Pannónia entstanden und sogar oft trivial geworden - etwa als Zeitgenossin und Parallele von Marianne und Germania. Die Wurzeln der Ungarn-Personifikation reichen weit in die Vergangenheit zurück: bis zum Kult der Heiligen Jungfrau als Patrona Hungáriáé (Ende des 15. Jahrhunderts) und bis zu ihrer Verknüpfung mit dem Thema der Darbietung des Landes durch den Heiligen König Stephan - etwa der Formel der Aracoeli-Legende entsprechend. Die Herausbildung der Ikonographie der Darbietung des Landes beziehungsweise der Krone Ungarns an die Heilige Jungfrau, einer der sowohl in religiöser als auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht am meisten sinnbeladenen Bildtypen der Barockzeit und der nachfolgenden Epochen in Ungarn, kann mit einer ziemlich großen Präzision datiert werden. Das Altargemälde des Altars der Heiligen Ungarns für die Jesuitenkirche in Győr mit dem Motiv der Darbietung des Landes, eine Inkunabel dieser Ikonographie, ist 1642 fertiggestellt worden (Kat.-Nr. V-8). Ein wesentlicher Bestandteil dieser Darstellungen, die Heilige Krone Ungarns, ist mehr als ein Würdezeichen oder ein Attribut. Die Stephanskrone ist in der ungarischen Tradition selbst eine Personifikation, die Verkörperung der Einheit des adeligen Standes, der nach der im Mittelalter verwurzelten Verfassung des Landes mit dem Regnum Ungarn gleichbedeutend war. Diese Konzeption der Einheit des Adels findet im Corpus Juris von István Werbőczy (1516) ihren Ausdruck; am anschaulichsten in der Metapher für die Adeligen als Glieder eines Körpers. Die geläufige Metapher entspricht einer organischen Auffassung der historischen Gemeinschaft. Dem ungarischen Historiker Jenő Szűcs verdankt man die Unterscheidung zwischen dem traditionellen „staatsnationalistischen" und dem im 19. Jahrhundert entstandenen „kulturnationalistischen" Bewußtsein. Wir können in der Veranschaulichung durch Personifikationen und in der von der humanistischen Tradition geprägten emblematischen Methode eine grundsätzlich der altertümlicheren Form entsprechende Verfahrensweise erblicken. Das „kulturnationalistische" Bewußtsein bot von vornherein weniger Anlaß für eine Visualisierung. Die Situation Die Winckelmannschen Ansichten über den Einfluß der klimatischen Faktoren auf die Sitten der Völker und Zeiten haben am frühesten im Interesse für ihre Charakterisierung durch Tracht und Milieu Gestalt angenommen. Dieses Interesse geht eher auf die Traditionen des Theaters, der geographischen Reisebeschreibung, der Raritäten der Natur zurück, wo das Seltsame und Einzigartige als Wert begriffen wurde. Der ungarische National Charakter fand seit dem Mittelalter in der orientalisch gefärbten Tracht seinen Ausdruck, die das Bewußtsein über die hunnisch-skythischen Abstammung der adligen Gesellschaft betonte. Dieser Unterschiedlichkeit in qualitativer Hinsicht entspricht eine Verschiedenheit im Sinne des historischen Alters. Im 19. Jahrhundert herrschte in der Kunst und in der Wissenschaft ein reges Interesse für den orientalischen Ursprung der Ungarn, das allmählich, im Sinne des modernen Kults des Archaischen, von der Erforschung der bäuerlichen Kultur als Bewahrerin des authentisch Urtümlichen in der Volksmusik (Bartók, Kodály) und in der Volkskunst abgelöst wurde. Im Sinne der Schillerschen Thesen über naive und sentimentale Dichtung und unter dem Einfluß besonders des Ossianismus kam in der ungarischen Literatur auch die Forderung nach Rekonstruktion der verlorengegangenen Nationalepik auf, durch die neue Maßstäbe der Treue und Authentizität an das künstlerische Schaffen angelegt wurden. Als einflußreichste Leistungen in dieser Hinsicht mögen die Versuche des Dichters János Arany (Toldi-Trilogie) und des Kulturhistorikers Arnold Ipolyi (Ungarische Mythologie) angeführt werden. Diesen Bestrebungen entsprach im Bereich der bildenden Kunst die Schaffung von Historienbildern, zu deren Authenti-