Veszprémi Nóra - Jávor Anna - Advisory - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2005-2007. 25/10 (MNG Budapest 2008)
STUDIES - Miklós MOJZER: Der historische Meister MS sive Marten Swarcz seu Martinus Niger alias Marcin Czarny, der Maler des Krakauer Hochaltars von Veit Stoß II. Teil. Krakau und Nürnberg im Jahr 1477 und davor
Soviel steht jedenfalls fest: Wenn in den „kleinen" Künsten wie die Grafik Israhel van Meckenems Namensblatt L. 620 die nach unseren Kenntnissen größte Signatur als ein selbständiges Kunstwerk trägt, dann folgt in dessen Spuren in der „großen" Kunst das uns bekannte umfangreichste und am besten verschlüsselte Namenszeichen von Marten Swarcz, das selbständig an einem Altar angebracht wurde. Das Namenszeichen in anderthalbfacher Menschengröße gehört zur Gruppe der „crypto-signatures", wie sie zusammenfassend auf Englisch heißen. 28 8. VERSTECKTE NAMENSZEICHEN Versteckte Namenszeichen sind im 15. Jahrhundert außer durch die Wappen, durch die Alphabeten- und Buchstabenspiele und Figurenalphabete auf druckgrafischen Blättern (Flolzschnitten, Kupferstichen und sonstigen Metallstichen) sowie durch kalligraphierte und ornamental geschmückte Bücher modisch geworden. 29 Maler setzten solche selten, Bildhauer nur ausnahmsweise ein, da sich ihre Gattung kaum dazu eignete. Umso mehr überrascht es also, daß ein Zeitgenosse, (sogar ein befreundeter Künst26. Die versteckte Signatur STVOS in den Mantelfalten Johannes des Evangelisten im Ölbergrelief von Praszkowa, um 1493/95 (Nach Katalog Wokói W. Stwosza, 2005) 1er) auf die Herausforderung der Virtuosität des Malers Marten reagierte und dasselbe in der Bildhauerkunst verwirklichte: Veit Stoß selbst. Wir kennen von ihm zwei solche Werke. Das Ölbergrelief in Ptaszkowa (in die Jahre 1493-1495 datiert), an dem die Falten Johannes des Evangelisten so geformt sind, daß der aufmerksame Betrachter den Namen STVOS leicht entziffern kann. (Auch hier in zwei Reihen angeordnet wie auf den Zwikkauer Tafeln.) 30 Diese versteckte Signatur kam bei der Restaurierung des Jahres 2002 zum Vorschein. Das andere Namenszeichen auf seinem von alters her wohlbekannten Werk, dem Steinrelief der Gefangennahme Christi auf dem Volckamer-Epitaph in der Nürnberger Scbalduskirche, wurde 1862 vom polnischen Maler Alexander Lesser entdeckt. 31 Auf der Scheide des Säbels der rechten unteren Soldatenfigur in der Gefangennahme sind in kufischer Schrift ein plastisches Zeichen (zum Teil unauflösbar) und dann VIT STVO sowie Jahreszahl, Meisterzeichen (und Monogramm?) angebracht. Für den Brauch des zu entdeckenden Bild-Themas und der in verhüllten oder unverhüllten Buchstaben und Zeichen versteckten Künstlernamen im 15. Jahrhundert ist - wie wir gesehen haben - Israhel van Meckenems Blatt L. 620 ein markantes Beispiel (eines von vielen übrigens). Möglicherweise hatten die ähnlichen Blätter, wie auch Israhels Liebespaar L. 619, irgendeine schriftliche, oder traditionsbedingte Grundlage. 32 Diese dürfte sich aber - sofern überhaupt auffindbar - für die Namensgebung, die Annahme eines Namens oder einer Rolle kaum als relevant erweisen. Für uns wären weiterhin eher die historischen Wurzeln des neuen Namens des Malers Marten aufschlußreich. 9. DIE GELEGENHEIT ZUM ERWERB EINES NAMENS IN NÜRNBERG Marten dürfte seinen Beinamen in der Nürnberger Werkstatt als Geselle oder Mitarbeiter erworben haben. Sicherlich konnte er Deutsch und war wohl in seinem Beruf kaum ein Anfänger, höchstens ziemlich jung. Dürer, der 15jährig (etwa 10-11 Jahre nach Marten Swarz) in dieselbe Werkstatt gekommen war, klagte später in seinen Erinnerungen an jene bitteren Jahre über die groben, beleidigenden (und vermutlich machthaberischen) Manieren der Gesellen {Aber ich viel von seinen knechten mich leiden muste i3 ). Marten wirkte hingegen in der Werkstatt bereits an der Ausführung eines großen Auftrags (aus Sachsen) mit. Seine Person mußte in der Werkstatt - genauer in den Werkstätten - allgemein bekannt gewesen sein; er war genau zu unterscheiden von einem anderen Martin, mit dem er annähernd gleichaltrig war. Dürer beschäftigte nach seinen Gesellenjahren und seiner ersten italienischen Reise in seiner eigenen Werkstatt den Maler Hans Baidung, der dort zur Unterscheidung von seinen Werkstattgenossen Hans Kulmbach und Hans Leonhard Schäuffelein den Beinamen Grien erhielt. Baidung war erfreut über seinen Zunamen, den „Grien", denn er gebrauchte ihn bis zu seinem Tode, auch in seinen Signaturen. 34 Der (Krakauer) Maler Marten hat seinen „schwarzen" Namen wohl zuerst auf der Rückseite des Zwickauer Altars verewigt. Zur Zeit gibt es nur eine Angabe aus Nürnberg, die sich damit in Beziehung bringen läßt: 1489 bekamen dort „Hanns Arnolt und Martéin Maler" das Bürgerrecht. 35 Letzterer könnte auch mit der Wolgemut-Werkstatt zu tun gehabt haben und somit jener andere Marten (Geselle oder Arbeitnehmer) gewesen sein, von dem der Krakauer Kollege 1475/76 mit einem Farben-Zunamen unterschieden wurde. Gute anderthalb Jahrzehnte Wartezeit auf das