Gosztonyi Ferenc - Király Erzsébet - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2002-2004. 24/9 (MNG Budapest, 2005)
STUDIES - Zsuzsanna Farkas: Die Rezeption des Malers und Fotografen József Borsos (1821-1883) einst und heute
die in beliebten billigen Reihen vertrieben wurden. 26 Der Erfolg des Gemäldes wird durch zahlreiche Duplikate aus der Zeit zwischen 1850 und 1860 bezeugt, und seine Wirkung war umfangreich, denn es wurde zahlreich kopiert und auch nachgestochen. Fürst Paul Esterházy kaufte das Bild für seine Sammlung, so kam es nach dem Erwerb der Sammlung Esterházy in das Ungarische Nationalmuseum. Unter dem Eindruck des allgemeinen Erfolgs bekam der Maler den Auftrag für das BILDNIS DES FÜRSTEN PAUL ANTON ESTERHÁZY. Die Ausführung des überlebensgroßen Bildnisses des Fürsten war eine außergewöhnliche Aufgabe, an der der Maler seine technische Virtuosität unter Beweis stellen konnte. Dieses Bild gelangte 1852 als erstes Werk von Borsos als eine Gabe des Fürsten in das Ungarische Nationalmuseum, als dessen wohlbehüteter Schatz es dem Künstler seit jener Zeit öffentliche Bekanntheit verschaffte. In der Periode des Biedermeiers war der Epigonismus im autoritären Milieu der Wiener Akademie akzeptabel, beinahe eine Pflicht. Seit Beginn der fünfziger Jahre wurde der Stil von Borsos hauptsächlich von Amerling (1803-1887) beeinflußt. Probszt behauptet, daß um Amerling eine ganze Schule aus ungarischen Malern entstanden war und er zählt Ede Boutibonne (1816-1897), Albert Tikos (1815-1845), Mihály Kovács (1818-1892), Henrik Weber (1818-1866), Ágost Canzi ( 1808-1866), Ferenc Storno (1820-1907), Miklós Barabás (1810-1898) und József Borsos dazu. Amerling wurde vielfach nachgeahmt, österreichische und in Wien studierende ausländische Künstler gerieten unter seinen Einfluß. Nach einer lakonischen Formulierung, malte Borsos die Frauen in der etwas süßlichen Manier Amerlings. Nach Probszt war Borsos eine selbständige Persönlichkeit, an dessen Bildern Eindrücke von Waldmüller und Amerling bemerkbar machen. 27 Aufgrund der bekannten Bilder läßt sich kein Abhängigkeitsverhältnis feststellen. Borsos war nicht nur ein Nachahmer Amerlings, denn er hatte auch selbständige Kompositionen. Der ungarische Künstler kopierte zahlreiche alte und zeitgenössische Gemälde als Auftragsarbeit, fand aber selbst für zahlreiche eigene Gemälde das Thema und die Komposition. Amerling schenkte 1840 sein Bildnis der Frau Pigler dem ungarischen Malerkollegen, der wiederum 1845 den Mandoline spielenden Amerling mit seinem Modell verewigte. 28 Sie arbeiteten bei derselben Familie abwechselnd. Amerling porträtierte 1857 das Ehepaar Oelzelt-Newin, Borsos malte im darauffolgenden Jahr die ovalen Bildnisse der Großmutter und des Enkelkindes. 29 Aus einem Expertisenprotokoll des Museums der Bildenden Künste geht hervor, daß Borsos ein weibliches Bildnis von Amerling kopierte und selbst signierte. 30 Ihr enges Verhältnis zeigt sich auch darin, daß Borsos das erste Enkelkind Amerlings aus der Taufe hob. Sabine Grabner gestaltete im Frühling 2003 die repräsentative Ausstellung Amerlings im Belvedere/ 1 Sie geht in ihrem Katalogbeitrag auch auf die Problematik der ungarischen Schule ein. Sie hebt zwei Namen, Borsos und Albert Tikos hervor, die wie Karl Manschgo ( 1800-1867) enger an der Kunst Amerlings anknüpften. Grabner betont, daß Borsos bravourvolle Genreszenen schuf, und seine Modelle hervorragend charakterisierte. 32 Zur Amerling-Schule gehörten weiters noch Josef Aigner (1818-1886), Georg Decker (1819-1894), Albert Decker (1817-1871), Miklós Barabás, Johann Baptist Reiter (1813-1890) und Sándor Kozina (1808-1873). Der zeitgemäße Beitragsband hat die Beurteilung von Borsos nicht beeinflußt. Die Biedermeier-Werke von Borsos brachten eine neue Farbe in die ungarische Malerei, für die Themen seiner Gemälde wurde unter anderen die Bezeichnung „heitere Sentimentalität" geprägt. Es gab Kritiker, für die diese Wienerische Auffassung annehmbar war, man findet anerkennende Analysen seiner Werke. Für andere bedeutete aber diese problemlose Ruhe, dieser süßliche, kleinbürgerliche Schein die aufregende Dummheit selbst. Sie fanden die offensichtliche schulmeisterhafte Erzählabsicht der Genreszenen und deren ethische Botschaft viel zu direkt, märchenhaft und naiv. KRISE IM KÜNSTLERLEBEN wurde 1852 ausgeführt, das Thema: der von selbstzerstörenden Zweifeln geplagte Künstler wird von seiner Gattin, seiner Muse ermuntert. (Abb. 5) Das Bild wurde nach seiner Ausstellung in der ständigen Ausstellung in Pest im Jahr 1853 mit Anerkennung aufgenommen. „Hier ist einer der vielen bitteren Augenblicke des Künstlerlebens dargestellt, und zwar so hervorragend, daß es im Gemüt des Betrachters Mitleid erweckt. Der Künstler, der in der Welt keine Anerkennung findet, greift in seinem Schmerz, in seiner Verzweiflung, in einem Wutausbruch nach seinem Zeichenheft, um es zu zerreißen, seine Gattin berührt ihn an der Schulter welch schöner Kontrast, daß dies die Frau mit milderen Gefühlen tut - und führt ihn zur Kunst zurück, indem sie mit der anderen Hand auf die Werke hinweist, sozusagen auf den Tempel, der dem blutenden Herzen Asyl gewährt und die irdischen Schmerzen lindert. Die prächtige Farbgebung und die magische Beleuchtung, die an seinen Bildern die größte Wirkung macht, die genaue Zeichnung, also alle Requisiten der Malerei, die das vollkommene Gemälde ausmachen, sind hier konzentriert." 33 Die zeitgenössische Kritik fand also, daß Borsos damit das in Thema, Komposition und Technik vollkommenes Bild zustandebrachte. Die erste Variante der TAUBENPOST aus dem Jahr 1855 bearbeitet einen traditionellen Bildtyp. Die Interpretation der Zeitgenossen macht es deutlich, was für sie diese Szene bedeutete: ,,[...] seine Taubenpost ist aber ein