Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1989-1991 (MNG Budapest, 1993)

Pieske, Christa: DAS BILD IM BILDE: „EIN MORGEN NACH DEM MASKENBALL"

CHRISTA PIESKE DAS BILD IM BILDE: „EIN MORGEN NACH DEM MASKENBALL" Das Phänomen „Bild im Bilde" ist bisher kaum beachtet worden, auch das Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte 1 befaßt sich nicht mit ihm. Nur in kleineren Artikeln wie von Jean J. Taylor, „Engravings within Engravings", wird auf diesen Themenkreis anhand französischer Stiche des 18. Jahrhunderts hingewiesen 2 . Das ist erstaunlich, denn die häufige Verwendung dieses Motives ist bei den Interieurdarstellungen recht aufschlußreich, ja sogar wesentlich für das Verstehen des Bildinhaltes und -hintergrundes. Es geht weit über das rein Dekorative hinaus und bedeutet mehr als die übliche Ausstattungs­komplettierung eines Fest- oder Wohnraumes. Wenige Worte zur Geschichte des „Bildes im Bilde" : In der niederländischen Genremalerei des 16. und 17. Jahrhunderts, die sich mit Vorliebe mit dem Interieur in allen Sozialschichten befaßt hat, sind bereits die wichtigsten Erscheinungsformen entwickelt worden. Das Bild als Repräsentant von Bewohnern und Umfeld, das Bild als Erklärung von inhaltlichen Zusammenhängen und das Bild als Werbung für den Maler oder Kunstverleger ist erkennbar. Bei den Bauernmalern wie Teniers, Brower oder Jan Steen sind in den Schenken und Behausungen ausschließlich Drucke wiedergegeben, die am Kamin oder an Bänken, Türen oder Schränken durch Nägel befestigt wurden. Zerknittert und eingerissen, gebräunt von Alter und Rauch, gestatten sie kaum noch ein Erkennen des Bildinhaltes. Herrscherporträts, manchmal Heiligengestalten oder biblische Szenen, wie z. B. bei David Teniers Raucher und Trinker in einer Schenke von 1650 3 oder bei Adrian Browers Bauernwirtschaft 4 , sind zu ahnen. Die Wohnräume der wohlhabenden Schichten wiesen anderen Wandschmuck auf. Fast ausschließlich sind gerahmte Gemälde oder großformatige Drucke dargestellt, die manchmal noch durch vorgezogene Vorhänge geschützt sind. Bei vielen Musizierenden Gesellschaften fehlen nie entsprechende Bilder, die auch am Kaminmantel angebracht sein können. Große Land- und Seekarten deuten auf eine allgemeine Weltoffenheit und konkret auf die niederländischen Expansionen in diesem Jahrhundert hin. Natürlich fehlen sie nicht in der Studierstube des Arztes, von H. Dullaert (1636— 1684) gemalt 5 , oder bei der Lustigen Gesellschaft von Wilhelm Buytewech (1591 - 1624). Schiffsbilder sind hier ebenfalls einzuordnen wie bei dem Briejleser von Gabriel Metsu 6 . Die inhaltliche Verbindung zwischen dem Bildgeschehen und dem oder den Nebenbildern gehört zu den wesentlichen Merkmalen des „Bildes im Bilde". Bei der Liebeskranken, dem vielreproduzierten Werk von Jan Steen 7 , zeigt das korrespondierende Nebenbild Amor und Psyche, und hinter dem Hinauswurf, gemalt 1695 von Lambert Doomer, steht das Motiv des Verlorenen Sohnes, das dann als Nebenbild den Beweis antritt 8 . Folgende Beispiele für das Bild als mehr oder minder verstecktem Werbeträger seien angeführt: Auf dem Gemälde Die Spitzenklöpplerin von C. Netscher (1639- 1684) wird an der Wand ein Druck mit einer Landschaft gezeigt, auf dessen Rand deutlich „C. Netscher" zu lesen ist, - ein Hinweis auf die Wertschätzung seiner Arbeiten, die durch Stiche weit verbreitet waren 9 . Auch bei dem Porträt des Christian Rosenkrantz, 1641 von David Balley gemalt, befindet sich ein Porträtstich an der Wand, der durch Holzstäbe mit gedrechselten Knäufen eine größere Haltbarkeit erhielt. Auch hier ist der Name D. Balley zu lesen, der seine Künstlerlaufbahn als Kupferstecher begonnen hatte 10 . Eine Besonderheit mag noch herausgehoben werden : Auf einer Anzahl von Vanitas-Stilleben erscheinen neben den üblichen Symbolen auch Graphiken, deren Zustand auf ihre rasche Vergänglichkeit deutet. So ist auf dem 1659 gemalten Stilleben von N. L. Peschier eine Rolle mit beschädigten Drucken mit kaum erkennbarem Inhalt zu sehen 11 . Der Kupferstich mit dem Bildnis einer jungen Dame weist auf das Schwinden der Liebe, aber auch auf das flüchtige Papier hin, wie es von Evert Collier 1684 gemalt wurde 12 . Die Genremalerei, die uns in der Hauptsache beschäftigen soll, hat in den letzten zwanzig Jahren mehr und mehr das Interesse der Forschung gefunden 13 . Trotzdem harren noch weite Bereiche der Bearbeitung, nicht zuletzt

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