Takács Imre – Buzási Enikő – Jávor Anna – Mikó Árpád szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve, Művészettörténeti tanulmányok Mojzer Miklós hatvanadik születésnapjára (MNG Budapest, 1991)
GERSZI Teréz: Christoph Jobst rajzai
ten Baumstämmen mit ihrem energiegeladenen, schwunghaft gezeichneten Laubwerk- Erhebliche Unterschiede zeigen sich auch in der Erfassung des Raumes in den Zeichnungen der beiden Künstler. Bei Tbeput zeigt sich die Raumdarstellung - entsprechend seiner Praxis in der Darstellung von topographisch getreuen Stadtansichten und Landschaften deutlich und kohärent, ganz im Gegensatz zu Jobst, der zwar durch die launenhafte Anordnung der Motive nebeneinander bzw. hintereinander eine gewisse Raumillusion schafft, wobei aber das Verhältnis der beiden Streifen des Vordergrunds und Hintergrunds ungeklärt bleibt und keine Kontinuität des Raums hergestellt wird. Ebenso unterscheiden sich auch die Staffagefiguren von Tbeputs geometrisch vereinfachten Figuren, wie sie zum Beispiel auf dem Blatt „Landschaft mit Christus und den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus" (Amsterdam, Sotheby's 1983; Abb. 6) 9 in Erscheinung treten, stimmen dafür aber mit den Figuren in weitem Umhang, und von eher malerischem Charakter auf Jobsts Budapester und Düsseldorffer Blättern überein. Der charakteristischen Zeichnung der Gebäudegruppe links im Hintergrund auf dem Dresdner Blatt kommt mit ihren Strichelchen und Punkten fast der Wert einer Signatur zu, und diese deckt sich fast gänzlich mit der Zeichnung der ähnlichen Motive auf der Budapester „Landschaft mit fernen Bergen." Unter den bis jetzt bekannten Zeichnungen Jobsts scheint das Dresdner Blatt das anspruchsvollste zu sein. Diese Zeichnung ist durch das Brunnenmotiv mit der Neptunfigur im Zentrum der Komposition reicher und bedeutungsvoller geworden als die übrigen. Wahrscheinlich handelt es sich dabei nicht gänzlich um eigene Invention, erweist sich doch dieser Brunnen im Vergleich zu Jobsts sonstigen architektonischen Motiven als weniger stilisiert und phantastisch. Die konkretere und detailliertere Ausführung läßt ebenfalls auf die Anregung durch ein fremdes Werk denken. Obwohl die neu veröffentlichten Zeichnungen die Fragen nach der künstlerischen Genesis Jobsts nicht klären können, werfen sie ein gewisses Licht auf seine Verbindungen zu den Rudolfmischen Meistern und zur Zeichenkunst Tbeputs. Wie Jobst mit den Zeichnungen Tbeputs in Verbindung gekommen sein dürfte, wofür die ähnliche dekorative Zeichnungsmanier der Vegetation auf den Landschaften der beiden Künstler zu sprechen scheint, läßt sich nur ahnen. Mangels Angaben weiß man nicht, ob Jobst nach Italien kam, aber er dürfte mit der Zeichenkunst Tbeputs auch auf einem Vermittlungsweg bekannt geworden sein. Heinrich Geissler hat angenommen, daß Jobst in seiner Landschaftskunst durch Frederik van Valckenborch angeregt wurde, der in Frankfurt, Venedig, Rom und dann in Nürnberg wirkte. 10 In der neuesten Valckenborch-Forschung konnte geklärt werden, daß der Künstler während seiner Italienreise auch mit der Kunst Tbeputs in Verbindung gekommen war. 11 Es wäre denkbar, daß Jobst in Deutschland Gelegenheit hatte, durch die Vermittlung Valckenborchs Tbeputs Zeichnungen oder Valckenborchs in Italien entstandenen Zeichnungen kennenzulernen. Die Annahme, daß Zeichnungen des Meisters aus Treviso nach Deutschland gelangt sind, wird durch eine 1620 in Augsburg geschaffene Kopie Hans Friedrich Schorers nach Tbeputs Zeichnung „Bankett in einem Park" (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum) unterstützt. 12 ANMERKUNGEN 1 Geissler, H.: Zeichnungen in Deutschland. Deutsche Zeichner 1540-1640. Staatsgalerie Stuttgart 1979/80, II. 73. 2 Geissler a. a. O, K. 16 - München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv. Nr. 19220 3 Feder in brauner Tinte, laviert, 205x313 mm. Signiert: Chris. Jobst inv F. Cassel. Wasserzeichen: Briquet 1923 (übereinstimmend mit dem Wasserzeichen der Düsseldorfer Zeichnung). Sammlung Esterházy (E. 33.9 Jobst) Inv. Nr. 211. 4 Feder in brauner Tinte, laviert, 202x296 mm. Signiert: Christ. Jobst infen. E. E Cass. Sammlung Esterházy (E. 33.9a Jobst) Inv. Nr. 212. 5 Feder in schwarzer Tinte, Aquarell, 102x167 mm. Aus den Sammlungen Franz Sternberg-Manderscheid, Baron Rolas du Rosey (Lugt, F.: Les Marques de collections de dessins d'estampes. La Haye 1956, no. 2237), David Bernhard Hausmann (Lugt 378). Ankauf: 1875. Inv. Nr. 13791. Bock, E.-Rosenberg, /.: Staatliche Museen in Berlin. Die niederländischen Meister. Berlin 1930, 50. 6 Hollstein, F. W. H.: Dutch and Flemish Etchings, Engravings and Woodcuts, ca 1400-1700, XXI-XXII. no. 226. 7 Feder in brauner Tinte, laviert, 204x306 mm. Aus den Sammlungen E. J. Otto (Lugt Suppl. 873 b), H. Beckmann (Lugt Suppl 275 a) und Kurt Meissner. 8 The Age of Bruegel. Washington, National Gallery of Art, 1986. (Hand, J.-Judson, J. R.-Robinson, W. W.-Wolf, AT.). Kat. Nr. 112 (Das Wasserzeichen ähnlich Briquet 1971: Bamberg 1583 !) 9 L Tbeput: Landschaft mit Christus und den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Feder in brauner Tinte, Aquarell, Vorzeichnung in schwarzer Kreide, 144x196 mm. Sotheby Mak van Waay, 25. April l?83.'Kat. Nr. 25. 10 Geissler a. a. O, 73. 11 Gerszi, T.: Neuere Aspekte der Kunst Frederik van Valckenborchs. Jahrbuch der Berliner Museen 22(1990) 174-176. 12 Barock in Nürnberg. Nürnberg 1962. Kat. Nr. A 64 Für die Überlassung der Fotografien zur Veröffentlichung möchte ich der Direktion der Kupferstichkabinette von Berlin und Dresden sowie Herrn Kurt Meissner meinen Dank aussprechen.