Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1980-1988 (MNG Budapest, 1989)
Buzási, Enikő — Jávor, Anna: BAROCKMONUMENTALITÄT UND BÜRGERLICHE INNERLICHKEIT IN DER UNGARISCHEN MALEREI ZUR ZEIT DER AUFKLÄRUNG
ehemaligen Gouverneurs von Siebenbürgen Samuel Brukenthal, des Gründers des Brukenthal-Museums und der Bibliothek in Nagyszeben (Sibiu, Rum.), als ein ,,Bild im Bild". Während Teleki von Stock seiner amtlichen Würde entsprechend, in ungarischer Adelstracht, im Anschluß an die Tradition der Porträt-Repräsentation dargestellt wurde, sehen wir Brukenthal in ungezwungener Haltung, in häuslichem Gewand, gemäß dem Anspruch auf neuartige Geistigkeit. Eine ähnliche Lösung finden wir auf keinem anderen BrukenthalPorträt, deshalb kann hier dieses Moment als eine privatmenschliche Äußerung begriffen werden. Dieses ikonographische Moment weist hier nicht nur daraufhin, daß das Bild als Freundschaftsbild konzipiert war, sondern auch darauf, daß sein Auftraggeber Brukenthal sein konnte. Beide waren Freimaurer-Mitglieder angesehener Wiener Logen —, zur Entstehungszeit ihres gemeinsamen Bildnisses waren sie Förderer der wissenschaftlichen Arbeit im damaligen kulturellen und Freimaurer-Zentrum Siebenbürgens, Nagyszeben. Diese Arbeit begann 1787, im Entstehungsjahr des Doppelporträts, als die Loge den Plan der Zusammenstellung und der Ausgabe einer ,,transsylvanischen Enzyclopädie" gebilligt hat. Der großangelegte Plan stand im Zeichen der damals modernsten wissenschaftlichen Betrachtungsweise, es wurden alle drei Nationalitäten Siebenbürgens berücksichtigt, und man wollte ihre Geschichte vom politischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus überblicken. 1 ' Auf dem Doppelporträt weisen das Schwert und der Hut als Symbole auf die Freimaurerorganisation hin, auf der Landkarte, die auf dem Tisch liegt, sind die Namen solcher Städte zu lesen, in denen früher Freimaurerlogen wirkten. Die Komposition und die Atmosphäre des Freundschaftsbildes wurden durch den Typ des Gelehrtenporträts bestimmt, wodurch die intellektuelle Seite des Kontaktes der Dargestellten hervorgehoben wurde. Die Büste von Joseph II. auf dem Schreibtisch deutet vor allem darauf hin, daß Teleki ein Anhänger der josephinistischen Politik war, doch besitzt die Büste auch durch den Umstand eine Aktualität, daß das Bild in dem Jahr gemalt wurde, in dem Teleki seine Ernennung zum Vizekanzler erhielt; dieses Amt durfte er als Protestant nur im Sinne des Toleranzpatentes bekleiden. Die Auftraggeber, die in der Staatsverwaltung wichtigere Positionen innehatten, wandten sich immer häufiger an diese allgemein verständliche bildliche Form des politischen Engagements. Der Kammervizepräsident Pál Festetics wurde 1781 auf einem repräsentativen Porträt mit der Skulptur Maria Theresias von Hubert Maurer verewigt, 20 zu dieser Lösung griff auch János Volnhoffer, der die gesamte politische und öffentliche Laufbahn des Staatsministers József Majldth charakterisieren konnte, indem er den Auftraggeber des 1807 gemalten Bildnisses vor die Büste von Franz I. setzte und im Hintergrund die Marmorbüsten Maria Theresias, Josephs II. und Leopolds II. aufstellte." 1 Das Relief-Porträt des Herrschers hat auf dem Bildnis des Michael Brukenthal von Stock eine andere Bedeutung." Dieses Bild, das infolge der Komposition und der Requisiten wie eine traditionell repräsentative Darstellung anmutet, weist ebenfalls auf die Freimaurerbewegung hin. Das auf 1789 datierte Porträt malte Stock aus dem Anlaß. daß der Neffe Samuels, Michael Brukenthal, ehemaliger Student in Göttingen, in die St.-Andreas-Loge in Nagyszeben aufgenommen wurde. 23 Auf die Freimaurerbewegung weisen die Freimaurersymbole des Marmorreliefs im Hintergrund hin. die das Porträt des Kaisers umrahmen. In diesem Zusammenhang zeigt das Bild Joseph II. als Schutzherren des Freimaurertums. Ungeachtet der reichhaltigen Symbolwelt bleibt die Beziehung des Porträts zum Freimaurertum verborgen, der Maler richtete sich nämlich infolge des repräsentativen Charakters der zu verewigenden Gelegenheit nach den traditionellen Lösungen der Adelsbildnisse, nach deren repräsentativem bildnerischem System, obwohl der Gegenstand der Repräsentation diesmal das Freimaurertum selbst war. Die Skulpturengruppe, die die Idee und die Gemeinschaft der Freimaurer symbolisiert, steht dementsprechend am Platz des Adelswappens und bekommt dadurch auf diesem Bild sozusagen einen heraldischen Sinn und eine heraldische Bedeutung. Ebenfalls in einer repräsentativen Form und in repräsentativer Ausdrucksweise malte István Dorffmaister 1790 ein Bildnis von György Niczky. Ein Bildnis, das zwar der Komposition und den Einzellösungen der Beamtenporträts folgt, das jedoch in seinen Attributen — Entwurf, Zirkel, geknotete Gardinenschnur in Achterform — ebenfalls auf die Freimaurermitgliedschaft des Porträtierten hinweist." 4 Die aufgezählten Bilder bewahren ungeachtet ihres Inhalts und ihrer neuartigen verborgenen Bedeutung im Anschluß an je einen Porträttyp konservative Lösungen der Barockbilder. Da um diese Zeit die Tradition des Visuellen noch stärker war als die neue Sinngehalte vermittelnde Ausdrucksweise, gehen diese Bilder vom Gesichtspunkt ihrer Erscheinungsform aus in jenen Bildtyp über, von dem sie ihre Formlösungen herhatten, und daher wurden sie den repräsentativen Bildnissen und den Gelehrten-Porträts ähnlich. Auf dem Doppelporträt von Teleki und Brukenthal erscheint aber bereits das Zeichen eines in Veränderung begriffenen Ausdrucksystems, daß nämlich Stock mit Hilfe der ungezwungeneren Haltung und Kleidung Samuel Brukenthals auf das unmittelbare geistige und freundschaftliche Verhältnis zwischen beiden hingewiesen hat. Somit verlieh er dieser Darstellungsweise einen Sinngehalt, der mit den ehemaligen ,,Negligé"-Darstellungen in Zusammenhang gebracht werden kann. Das Neglige war laut zeitgenössischer Auffassung auch das Kostüm der „Freundschaft", dafür spricht das WinckelmannPorträt Anton von Marons; dieses Porträt wurde nach den Briefen Winckelmanns als Freundschaftsbild angefertigt. 25 Auf der ersten ,,Negligé"-Darstellung in Ungarn, dem gestochenen Bildnis des Barons Gedeon Ráday in Schlafmütze, präzisierte der Auftraggeber des Stiches, Ferenc Kazinczy, diese Auffassung auch in seiner Widmung unter dem Porträt. 2,1 Auf den ungarischen gestochenen Bildnissen bezeichnete man in den folgenden Jahrzehnten die freundschaftliche Beziehung oft mit Hilfe verbaler Mittel — in der Absicht, mit dem Porträt für die Nachwelt auf diese Weise in allgemein verständlicher Form die Freundschaft der dargestellten Person und des Verfassers der begleitenden Zeilen herauszustellen. Durch die gestochenen Porträts, die am meisten bewegliche Variante der Gattung, entstand auf Anregung von Kazinczy sozusagen eine Bewegung zur Demonstrierung der kontinuierlichen persönlichen Kontakte. Das Porträt des Ignaz