Pogány Ö. Gábor - Csengeryné Nagy Zsuzsa dr. szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1. szám. (MNG Budapest, 1970)
Auf der dritten Zeichnung erreicht das Drama seinen Höhepunkt. (Abb. 73.) Die sich gegenüberstehenden Kräfte prallen auf einander, doch schon lässt sich auch der Ausgang dieses Kampfes erahnen. Der Reichtum an Tönen wächst in dieser Zeichnung auf dem Höchstwert. Dadurch erst wird auf einem einzigen Blatt in Wirklichkeit die Darstellung von zwei Bildern möglich. Das eine Bild: Faustes Gestalt und der Arbeitstisch gehören scharf umrissen und betont in die Welt der Wirklichkeit. Das andre Bild: Die Schattengestalt des zum Ungeheuer gewordenen Hundes, sein Nebelbild, ist der bildliche Ausdruck des im Zauber enthaltenen Mystikums. Trotz der durchaus verschiedenen Zeichentechnik und der sehr kontrastierenden Tönung tritt kein Zerfall der beiden Darstellungen ein, sondern sie bilden eine überzeugend einheitliche Komposition. Die feingetönte Zeichnung das Hintergrundes und die Nebelgestalt des Hundes bringen diese Kompositionseinheit des Bildes zustande;. Zichy hat in dieser Zeichnung — um die dramatische Spannung zu betonen — die in den vorigen Zeichnungen schon festgestellte, und auch in den folgenden Bildern wieder erscheinende Dreieckskomposition aufgelöst. Eine Dreieckskomposition last immer eine gewisse Ordnung der Dinge, wahrnehmen, den Ausgleich der Kräfte. Die Heftigkeit des in der dritten Zeichnung dargestellten Affektes duldet nicht die Gebundenheit der Dreieckskomposition. Von den miteinander streitenden Kräften werden die Prinzipien des in den früheren Zeichnungen angewandten Bildkonstruktionen gesprengt. Der Hund aber gehorcht seinem Herren nicht mehr. Vielleicht ist es aber gar kein Pudel in Faustens Zimmer ? Diese überwältigende Vermutung durchdringt Faust, als er wieder das Wort ergreift : „Aber was muss ich sehen! Kann das natürlich geschehen? Ist es Schatten, ists Wirklichkeit? Wie wird mein Pudel lang und breit! Er hebt sich mit Gewalt — Das ist nicht eines Hundes Gestalt! Welch ein Gespenst bracht ich ins Haus! Schon sieht er wie ein Nielpferd aus, Alit feurigen Augen, schrecklichem Gebiss — O du bist mir gewiss : Für solche halbe Höllenbrut Ist Salomonis Schlüssel gut! " Faust hat sich erhoben, seine kräftige Gestalt ragt empor. Von der früheren Furcht, dem lähmenden Zauber ist nun an ihm keine Spur mehr zu sehen. Seine Rechte stützt sich auf den Tisch, dessen Rand seine Finger krampfhaft umklammern. Diese Bewegung drückt schon nicht mehr Furcht, sondern Kraft und zurückgedämmte Erregung aus. Die ganze Gestalt steht nahezu mit dem Rücken gegen jedes Licht, die Gestalt selbst ist der dunkelste Fleck an der Zeichnung. Die Beine nehmen eine ruhige, energische Haltung ein; sie zeigen das Ende einer Bewegung an: wir fühlen jedoch, dass diese Stellung erst vor kurzem eingenommen wurde. Den Kopf legt Faust etwas zurück, seine Augen blitzen, und strahlen magische Kraft und Sicherheit aus. Starr blickt er zum Ungeheuer hin und sieht : „Hinter den Ofen gebannt Schwillt es wie ein Elefant, Den ganzen Baum füllt es an — Es will zum Nebel zerfliessen !" Nun aber erhebt Faust die Stimme und befiehlt : „Steige nicht zur Decke hinan, Lege dich zu des Meisters Füssen ! Du siehst, dass ich nicht vergebens drohe, Ich versenge dich mit der heiligen Lohe ! Erwarte, nicht Das dreimal glühende Licht! Erwarte nicht Die stärkste von meinen Künsten !" Wie sieht nun auf dem Bilde der Ungeheuer gewordene Pudel aus ? Ein vom Ton des Hintergrundes kaum sich abhebendes Knaul. Trotzdem erkennt man klar, dass dies eine furchtbare Hundegestalt ist, welche sich auf die Hinterbeine erhoben hat und bis zur Decke reicht. Das weit aufgesperrte Maul wirkt grauenhaft, die Augen spiegeln entsetzte Furcht. Von den befehlenden Worten des Gelehrten bezaubert wendet der Hund den Kopf zur Seite, seine Ohren stehen hoch und nur aus den Winkeln seiner hervorquellenden Augen beobachtet er den bedeutend kleineren, aber durch seine Zauberkraft mächtigeren Dr. Faust und dessen Bewegungen. Die Vorderbeine hält er eingebogen, wie die auf zwei Beinen stehenden, dem Befehl ihres Herren gehorchenden Hunde. Sein Anblick ist entsetzlich, fürchterlich, und doch ! — es besteht kein Zweifel, die Kraft des Gelehrten hat gesiegt. Das Ungeheuer muss verschwanden ! Der in einen Nebelballen verwandelte Hund verschwindet, und an seiner Stelle tritt — nunmehr auf dem vierten Blatt —Mephisto in Gestalt eines wandernden Studenten hinter dem Ofen hervor. Nicht nur im Drama, auch in der Zeichnung wäre es nicht möglich, die Spannung der dritten Szene noch weiter zu steigern. So eben waren wir Augenzeugen eines Zusammenpralls, und in diesem Kampf war Faust Sieger geworden. Sieger musste er werden, damit Mephisto in sein Studierzimmer, und damit in das Drama eintreten könne, zu dessen Hauptperson er nun wird. Das vierte Bild weicht von dem vorherigen wesentlich ab. (Abb. 74.) Die Lichtwirkungen sind ähnliche wie auf