Tanulmányok Budapest Múltjából 28. (1999) – Urbanizáció a dualizmus korában: konferencia Budapest egyesítésének 125. évfordulója tiszteletére a Budapesti Történeti Múzeumban

A VÁROSI ÁTALAKULÁS KÉRDÉSEI ÉS SZÍNTEREI - Sármány Parsons Ilona: Die Rahmenbedingungen für die 'Moderne' in den ungarischen Provizstädten um die Jahrhundertwende = A modernizáció kezdetei a vidéki városokban a századforduló Magyarországán 131-151

regionale Zentrum, das weder Komitatssitz noch Bischofsstadt war. Szeged war aber eine riesige Agrarstadt mit einem ausgedehnten wirtschaftlichen Hinterland, auch wenn sie ihren östlichen Einzugsbereich mit Arad und Temesvár teilen mußte. 38 Die tragische Überschwemmung von 1879, die die ganze Stadt vernichtete, erwies sich vom urbanistischen Gesichtspunkt aus als ein Gewinn, weil sie beinahe eine Tabula rasa schuf, auf der man die Stadt neu planen konnte. Szeged wurde dadurch ein frühes Musterbeispiel für moderne Stadtplanung mit einem großzügigen Stadtbild. Der teilweise mit internationaler Hilfe begonnene Wiederaufbau der Stadt löste auch einen geistigen Aufschwung aus, und viele auch aus fernen Regionen des Landes herbeiströmende, tatkräftige junge Leute arbeiteten in der hiesigen Wirtschaft und im kulturellen Bereich. Auch die Regierung sah im Wiederaufbau der Stadt eine wichtige Prestigeaufgabe und betrachtete den Erfolg als ihren eigenen. Szeged, das früher keine Schulstadt und schon gar kein geistiges Zentrum war, erlebte auch eine kulturelle Blüte. Um seine Tageszeitungen (besonders um den Szegedi Napló) versam­melten sich junge literarische Talente, unter denen manche in der ungarischen Literaturgeschichte heute klingende Namen zu finden sind, wie z. B. Kálmán Mikszáth, Géza Gárdonyi, Zoltán Thury und István Tömörkény, oder später Gyula Juhász. 59 Das Geheimnis der Anziehungskraft Szegeds ist nicht nur in der Dynamik des Aufbaues in den 80er Jahren zu suchen, sondern lag auch in einem - in traditionellen provinziellen oder klein­städtischen Bürgergemeinden so seltenen - Phänomen begründet: Die aus der Fremde Kommenden wurden sehr schnell und großherzig aufgenommen. Die neu eingebürgerten Beamten, Bürokraten und Intellektuellen sind sehr rasch Szegediner Lokalpatrioten geworden. Die Atmosphäre der Stadt wurde dadurch als demokratisch empfunden, und sogar die anderswo so tiefgreifenden konfes­sionellen Gegensätze waren nicht so stark ausgeprägt. In der allgemeinen Aufbruchstimmung wurde viel für die Stadt, für die Gemeinde getan, Vereine, wohltätige, religiöse, politische und manche kulturelle wurden gegründet. In der Literatur entwickelte sich um die Jahrhundertwende eine Szegediner Schule, eine kritisch-realistische Prosa, die ihre Themen aus dem Leben der Landarbeiter und des armen Bauernvolkes schöpfte. 60 Szeged hat aber mit der modernen Budapester Kunst und Kultur nicht rivalisiert. Die Stadt war weniger differenziert und diente für die eine Zeit hier wirkenden Talente als Übungsfeld, um anschließend Budapest erobern zu können (z. B. Kálmán Mikszáth). Die Literaturwelt der Stadt entwickelte eine eigene Stimme in der Novellistik und schaffte es, eine regionale Schule zu gründen, die manch bedeutungsvolle Talente an sich binden konte. Doch Szeged sah sich nach 1900 kräftigen Rivalen gegenüber, die seinen Einfluß verminderten. Die sich wirtschaftlich und finanziell viel schneller entwickelnden Städte Arad und Temesvár hat­ten Szeged in der Dynamik der Industrialisierung überflügelt. Arad mit seinen 63 166 Einwohnern war nicht nur Komitatsitz und wichtiger Verkehrsknotenpunkt, sondern eine sich schnell mo­dernisierende Handels- und Industriestadt. 61 Das Finanzvermögen Geldinstitutionen umfaßte 1900 24 Millionen Forint, gegenüber 18 Millionen in Temesvár und 8 1/2 Millionen in Szeged. In dieser Hinsicht stand Arad an der fünften Stelle im Land. Arad war - wegen der tragischen Ereignisse im Freiheitskampfe von 1849 (dreizehn Generäle wurden dabei hingerichtet) - durch eine ausgeprägt oppositionelle Einstellung gekennzeichnet; die Unabhängigkeitspartei konnte hier mit einer breit­en emotionellen Basis rechnen, und auch in der Presse dominierten die regimekritischen Stimmen. Arad wurde schnell urbanisiert und modernisiert, in seinem regen Wirtschaftsleben kam den 10% der Bevölkerung ausmachenden Juden eine wesentliche Position zu (in Temesvár waren 9,8%, in Szeged 5,8% der Bevölkerung jüdischer Abstammung). In all diesen Städten schritt die Assimilation der Juden sehr schnell voran; die jüdischen Kultusgemeinden spielten eine äußerst wichtige Rolle in der Kultur, im Vereinswesen und im allgemeinen Wohltätigkeitsleben. 62 Diese am Rande der Großen Tiefebene liegenden Handelsstädte Nagyvárad, Arad und Temesvár bildeten eine auch untereinander rivalisierende Gruppe, die die städtische Modernisierung vo­142

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