Tanulmányok Budapest Múltjából 24. (1991)

KÖZLEMÉNYEK – MITTEILUNGEN - Lengyel Beatrix, Cs.: Budapest ostroma : Széchényi Viktor gróf feljegyzései, 1944. december 24.–1945. február 12. = Die Belagerung von Budapest : Tagebuchaufzeichnungen des Grafen Viktor Széchényi, 24. Dez. 1944.–13. Febr. 1945. 175-231

nichts mehr zu tun haben, teils aus gesundheitlichen Gründen, teils, weil er mit der Politik nicht mehr einverstanden war. 1939 trennte er sich von seinem Amt. Kurze Zeit lebte er noch in Sárpentele, dann bezog er mit seiner Frau eine Villa in Budapest /Völgy u. 19/. Damals schrieb er die Geschichte seines Lebens, unter dem Titel „Erinnerungen von 70 Jahren". Seine Ge­sundheit verschlechterte sich zusehends, u. a. wurde er wegen grauem Star operiert. Müde und enttäuscht betrachtete er den Weltbrand, der ihn umgab. Im Oktober 1944, als die Pfeilkreuzler die Macht in Ungarn übernommen hatten und nach dem erfolglosen Versuch des Admirals Horthy aus dem Krieg auszutreten, wurde er für kurze Zeit verhaftet. Damals wüteten die Kämpfe gegen den Nazismus schon auf ungarischem Gebiet und erreichten bald die Hauptstadt. Viktor Széchényi, seine Frau und sein Sohn Zsigmond erlebten gemeinsam die Belagerung von Budapest. Die Burg von Buda galt als günstiger Stadtteil zur Verteidi­gung. Am Weihnachtsabend gingen Viktor Széchényi und seine Frau zur Christbaum­feier und Mitternachtsmesse dorthin. Wegen der unerwarteten einkreisenden Operation der Sowjettruppen konnten sie nicht mehr in ihr Heim, in die Völgy u., zurückkehren. Die 7 Wochen der Belagerung verbachten sie im Keller seines Hauses in der Burg /Úri u. 52/. Was sich dort ereignete schrieb er bei Kerzenlicht auf, halb blind und sehr taub. Auch der graue Star erneuerte sich wieder, bei dem von Geburt an farbenblinden, alten Herrn. Die einseitige Ernährung verschlechterte seine Kondition. Der geschwächte Organismus konnte sich nicht mehr erholen. Er verstarb bald nach der Belagerung, am 19. April 1945. Sein während der Belagerung geschriebenes Tagebuch haben wir ohne jegliche Änderung dargeboten. Die täglichen Impressionen, unverschönert, unstilisiert, die Ere­ignisse meist einsilbig dargestellt, bedeuten ein einmaliges Dokument, aus dem der heutige Leser den Untergang der Burg von Buda unter der russischen Belagerung und die Verhältnisse der damals dort Lebenden mitverfolgen kann. Zur Veröffentlichung hat uns der im Januar 1945 an seinen Soh Zsigmond gesch­riebene Brief berechtigt. In diesem Brief ermächtigte er seinen Sohn Zsigmond zur Veröffentlichung seiner Memoiren und der ergänzenden Tagebücher. Diese, in der Familie aufbewahrten, heute gänzlich vergilbten, schon fast unleserlichen Blätter zu veröffentlichen, fand Zsigmond Széchényi in seinem Leben keine Möglichkeit. Die Laufbahn des Viktor Széchényi, die im ungarischen innenpolitischen Leben keine geringe Rolle spielte, ist noch nicht erschlossen und bewertet. Vielleicht bedeutet dieser Tagebuchabschnitt einen Schritt in diese Richtung. Hiermit danke ich der Schwiegertochter und treuen Bewahrerin der Manuskripte, Margit Széchenyi, für die Erlaubnis der Veröffentlichung und für ihre unermüdliche Hilfe bei der Aufklärung fehlender Daten. Ich danke der Enkelin, Maritta Batthyány, sowie Béla Jankovich und seiner Frau, die mir bei der Ausgabe behilflich waren. 223

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