Tanulmányok Budapest Múltjából 15. (1963)

Mályuszné Császár Edit: A főváros színházi életének megmagyarosodása, 1843-1878 = Die ungarische Sprache gewinnt die Oberhand im Theaterleben der Hauptstadt, 1843-1878 445-487

vember des Jahres 1849 begannen sie ihre selbständige Tätigkeit auf der Bühne eines Konzertsaales, in einem zum großen Theater von ehedem gehörenden und erhalten gebliebenen Redoutegebäude, jedoch mit sehr wenigen Zuschauern. Da aber die Hauptstadt zu jener Zeit auch viele deutschsprechende Bürger hatte, öff­nete im Jahre 1853 am »Új tér« (Neuer Platz), an der Stelle des alten abgebrannten Holztheaters, ein neues, aus Stein erbautes Deutsches Theater seine Pforten. Der erste Direktor war Theodor Witte, der letzte große deutsche Direktor in Ofen-Pest. Witte wurde jedoch durch die Pacht für die Baugesellschaft und durch die Unbeliebtheit der Deutschen zugrundegerichtet. Von 1857 ab stand eine lange Reihe unbedeutender Direktoren an der Spitze des Theaters am Új tér. Da sie bei Dramen nur Erfolg hatten, wenn sie teure, ausländische Gäste einluden, es bei der Oper aber mit der Erkelschen Oper nicht aufnehmen konnten, gingen sie Ende der sechziger Jahre zu einer leichteren Kunstgattung über. Demgegenüber war das Theater der besiegten Ungarn immer besuchter und beliebter. Das Theater wurde nicht nur von den ungarischen Intellektuellen, den Bürgern und ärmeren Handwerkern besucht, sondern auch die alten deutschen Bürgerfamilien, die erst gefühlsmäßig und allmählich auch sprachlich zu Ungarn geworden waren, gewöhnten sich an diese Stätte ungarischen Theaterwesens. Szigligeti verstand es ausgezeichnet, sich dem Geschmack seiner Stadt anzupassen. Seine Lustspiele und Volksschauspiele, so wie die auch weiterhin beliebten f ranzö­sichen Schauspiele, zogen ein großes Publikum an. Das Ensemble des Theaters war ausgezeichnet. Für alle Schauspieler des ungarischen Sprachgebietes galt es als Auszeichnung, Mitglied des Pester Nationaltheaters zu sein. Zur gleichen Zeit war das Deutsche Theater nur ein für Deutsche geschaffenes, kleines Theater, für die Mitglieder einer kleinen Sprachgemeinschaft bestimmt. Obwohl die offiziellen Kreise der Unterdrückungsepoche das deutsche Theaterwesen unterstützten, entstand im Jahre 1861 in der Hauptstadt ein zweites ungarisches Theater, das Ofner Volkstheater. Dieses ging sehr bald zur Gattung der Operette, zur Aufführung von Offenbachs Werken über und bedeutete somit auch auf diesem Gebiete eine Konkurrenz für das Theater am »Új tér«. In den sechziger Jahren bürgerte sich bei den Prosavorstellungen des Natio­naltheaters durch französischen Einfluß das Zusammenspiel ein und entwickelte sich zu immer größerer Vollständigkeit. Mit diesem ausgezeichneten Ensemble konnte es die deutsche Truppe nicht aufnehmen, denn die eingeladenen berühmten Gäste konnten sich nach ein-zwei Proben nicht völlig in das schwache Ensemble einfügen. Im Jahre 1869 hätte das Theater am >>Új tér« bereits einer dringenden Reparatur bedurft. Die Stadt Pest übernahm im Jahre 1858 auf höhere Weisung das Theater von der Gesellschaft, war aber zu neuen Investitionen nicht bereit. Das Theatergebäude wurde abgerissen und das Baumaterial verkauft. Damit hatte das Deutsche Theater als Institution zu bestehen aufgehört. Das in der »Gyapjú utca« (Woll-Gasse) eröffnete Deutsche Theater begann als Privatunter­nehmen und behielt diesen Charakter bis zum Brand des Theaters im Jahre 1889 bei. Der Triumph des ungarischen Theaterwesens ist nicht allein daraus zu erklären, daß die Bewohner der Hauptstadt zu Ungarn geworden waren. In den Ofner Bezirken, aber auch noch in Pest war die Anzahl der deutschsprachigen Bewohner bis zur Jahrhundertwende sehr groß. Die ungarischen Theater gewannen die Schlacht, weil sie von Zeit zu Zeit nicht nur ihr Programm, sondern auch ihren Stil und ihre Organisation änderten. Sie konnten sich der Entwicklung anpassen. Auf diesem Gebiete war Szigligeti von wegweisender Bedeutung, er nahm elastisch das Neue auf und trug dem Geschmack des Publikums Rechnung, das Deutsche Theater aber hatte sich von 1843 bis zu seinem Aufhören nicht entwickelt. Die Direktoren, die das Theater gepachtet hatten, kämpften mit großen materiellen Schwierigkeiten und arbeiteten bis zum Schluß mit einer schlecht bezahlten Truppe und teuren Gästen. Damit war das Erreichen eines ernsten künstlerischen Niveaus ein für allemal unmöglich. Die hauptstädtische deutsche Schauspielkunst verlor die Schlacht in dem Augenblick, als die literarische Aktualität, das gute Ensemble und das gute Zusammenspiel zum Erfordernis wurden. 487

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