Tanulmányok Budapest Múltjából 14. (1961)

Seenger Ervin: Levél Buda 1849. évi ostromáról = Ein Brief über die Belagerung Ofens im Jahre 1849 477-481

mir viel Kummer. Du, die gute Steinbach zu Pesth mit den Ihrigen und viele andere mir geneigte Menschen; besonders die Familie Wirozsil die mitten unter feindlichen Elementen in der Christinenstadt den höchsten Gefahren ausgesetzt ist. Wie wird dies alles enden. Am 14ten Morgens. O, Marie, welche gräuelscenen ! Die Beschies­sung der Festung und der Sturm auf die Wassermaschine dauern mit kur­zen interwallen fast immer fort. In der Nacht von vorgestern auf gestern brannte es in der Wasserstadt, auf der Landstrasse und an 2 Orten in der Christinenstadt ganz in der Nähe Wirozsils bei ziemlich heftigem Winde; und gestern gegen 10 Uhr Nachts geriethen mehrere Häuser in der Festung in der Herrengasse und auf dem Paradeplatz in Brand. Uiberhaupt war für die Festung der gestrige Tag wohl der schrecklichste; denn unzählige Bomben wurden hereingschleudert, so dass wir Granaten und Kanonenkugeln kaum mehr beachten. Die entsetzliche Folge davon war, dass auch Pesth von hier aus scharf bombardirt wurde, und an meh­reren Orten, worunter man das Casino bezeichnet, gebrannt haben soll. Der Morgen ist meistens ziemlich ruhig; doch gegen Mittag geht das Schiessen in steigenden Grössen an, und dauert gewöhnlich bis nach Mitternacht. Von 6 bis 7 Uhr Abends ist Auslass für all diejenigen, welche die Festung verlassen wollen; doch nur am Wasserthore. Meist sind es Frauen und Kinder die sich entfernen. Sie werden von einem Ofzier [sie !] bis zu den Pallisaden an der Wassermaschiene begleitet, welche die Kroaten besetzt halten. Jenseits derselben stehen die Ungarn, und die Flüchtigen werden ihren Schicksale überlassen. Nun aber kann keine Kunde von ihnen zurückkommen, und der Himmel weiss, was aus ihnen geworden. Gestern wollte die Kubinyi, die letzte also meiner hiesigen nähern Freunde, sich von hier entfernen. Ob sie es gethan ist mir noch unbekannt. Kaum fühle ich noch das Leben in mir. Wenn auch keine Kugel, kann der Schrecken, die Ruhelosigleit, die Entbehrung der gewohn­ten Lebensmittel mich leicht hinraffen. In diesem Falle lebe wohl, meine Marie ! Du und die Deinigen ! Pesth soll gestern von 7 bis 12 Uhr Nachts bombardirt, und zur Hälfte abgebrannt seyn; auf dem Blocksberge soll seit gestern eine hochrothe Fahne wehen. Am 26sten. Ich lebe noch; das heisst ich wandle herum, esse, trinke, schlafe; aber mein Geist ist gebrochen, aller Muth mit dem Schicksale ferner zu ringen, dahin. Meine Wohnung ist zur Hälfte zerstört, eine an­dere schwer zu bekommen, seit 3 Tagen bin ich bei Wirozsils; aber meine Habe ist theiïs zerstreut, theils verderbt. Die ganze Belagerung und ihre Schrecken habe ich durchgemacht; sieben Tage und Nächte in einem schrecklichen Keller zugebracht; dass ich noch lebe, ist ein wahres Wunder. Nun aber bitte ich dich um alles was dir heilig ist, gib mir Nachricht von dir; adressire aber deinen Brief in die Christinenstadt, Aldásisches Haus, Nro. 227, bei Wirozsils.. Lebe wohl! Anna Glasz. — Címzés: An Frau Marie v. Andrássy geborne Wégh. Nach Martonvásár. St: Péter. Unter diese Adresse bitte ich im Falle meines Todes diesen Brief zu befördern. Anna Glasz. 480

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