Tanulmányok Budapest Múltjából 12. (1957)

Berlász Jenő: A Ganz-gyár első félszázada, 1845-1895 = Die ersten fünfzig Jahre der Ganz-Werke, 1845-1895 349-458

Budapest, dessen großangelegter Ausbau und Zivilisierung sich seit den Napöleo­nischen Kriegen in raschem Tempo vollzog, einen sehr beträchtlichen Bedarf an gußeisernen Waren. Allem Anschein nach konnte daher eine Gießerei in der 150 000 Einwohner zählenden Hauptstadt auch innerhalb der kolonialen und feudalen Schranken lebensfähig sein, vorausgesetzt, der Unternehmer verfügte über ent­sprechende technische und geschäftliche Erfahrungen. Abraham Ganz besaß die nötigen Fähigkeiten. Er hatte sich die zeitge­mäßen technischen Kentnisse in schweizerischen, französischen und deutschen Gießereien erworben und auch seine Geschäftstüchtigkeit während seiner Wan­derjahre im Ausland entwickelt. Er begann mit sieben Arbeitern, und obwohl er lange Zeit bloß Gebrauchsgegenstände für den kleinbürgerlichen Haushalt her­stellte (Gitter, Eimer, Öfen), entwickelte sich sein kleiner Betrieb rasch. Im Früh­ling 1845 arbeitete Abraham Ganz bereits mit 22, im Herbst mit 30 Leuten, Im Laufe der Jahre erweiterte er seinen Betrieb durch wiederholte Grundankäufe und Neubauten. Der Freiheitskrieg von 1848—1849 brachte ihm große Kriegs­aufträge er stellte Kanonen und Kanonenkugeln her. Die Zahl seiner Arbeiter betrag bereits 60 und die Menge der hergestellten Gußwaren beiläufig 20 000 Zollzentner ( = 10 000 q). Nach der Niederlage des Freiheitskrieges entstand in Ungarn sowohl in politischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine neue Situation, deren eine Determinante sich aus der bürgerlichen Rechtsordnung ergab, die durch die Revolution von 1848 geschaffen worden war; die andere war das gemeinsame Zollgebiet mit Österreich, eine der Folgen des Verlustes der politischen Unab­hängigkeit Ungarns. Wie günstig der erstere Umstand für die ungarische Industrie auch war, so ungünstig wirkte sich im allgemeinen der letztere aus, da die noch am Anfang ihrer Entwicklung stehende ungarische Industrie mit der verhältnis­mäßig hoch entwickelten österreichischen hätte konkurrieren müssen. Es war offensichtlich, daß bei diesen Verhältnissen nur die Industriezweige fortbestehen konnten, die sich mit der Herstellung besonderer, von der österreichischen In­dustrie nicht erzeugter Artikel befaßten. Abraham Ganz begriff sogleich, daß das weitere Gedeihen oder der Untergang seines Betriebes allein davon abhing, ob er eine solche Spezialität in der Eisengießerei zu finden vermochte. Unter Berück­sichtigung der verschiedensten Erfordernisse bei der Verwendung von Gußeisen machte er die Feststellung, daß es auf einigen Gebieten, hauptsächlich aber in der Eisenbahnindustrie Bedürfnisse gab, die von der Eisengußindustrie noch immer nicht befriedigt werden konnten. Da kam vor allem die Erzeugung von Waggon­rädern in Betracht, wo es ernstliche Schwierigkeiten zu überwinden galt. Die Eisenbahnwaggons rollten auf geschmiedeten, bereibten Rädern, die wegen ihrer geringen Kältebeständigkeit, sowie hohen Produktionskosten viel und oft beanstan­det wurden. Ganz faßte daher den Entschluß, mit Hilfe des Schalenguß Verfahrens, eine ganz neue Art von Rädern, die Schalengußräder herzustellen und in den all­gemeinen Gebrauch einzuführen. Er machte viele Versuche um zu entdecken, auf welche Weise man Waggonräder aus dem sogenanten Hartguß herstellen könnte. Nach den bis dahin gemachten Erfahrungen waren solche Versuche nicht erfolg­reich ausgefallen. Nach jahrelangen Bemühungen gelang es jedoch Ganz im Jahre 1853—1854, Schalengußräder von außerordentlicher Festigkeit herzustellen. Die Zukunft seines Betriebes war damit in sichere Bahnen gelenkt. Im Jahre 1855 erwarb Ganz für sein Rad das österreichische Reichspatent und führte es noch im selben Jahr auf der Pariser Weltausstellung vor. Der Erfolg entfaltete sich bei­spiellos schnell. Im Laufe eines Jahres wurden die österreichischen Eisenbahnge­sellschaften beinahe ausnahmslos zu Käufern des Ganzrades, und in den folgenden Jahren, bis 1866, kam jedes bedeutendere Gebiet Mittel- und Osteuropas in den Geschäftsbereich der Ganzfabrik : vor allem die Länder des Deutschen Reiches, wie Sachsen, Preußen und Bayern, sodann die Niederlande, Schweiz, Italien, schließ­lich Rußland und die Türkei. Im Jahrzent zwischen 1856 und 1866 erhöhte sich die Zahl der von Ganz jährlich gelieferten Räder von 1 900 auf 12 000 und die Zahl der mit Ganz in Geschäftsverbindung stehenden Eisenbahngesellschaften von 452

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