Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)
Zsidi Paula: Tomköpfchen aus dem Herd eines awarenzeitlichen Wohnhauses (Budapest III., Filatorigát) = Agyagfejecske egy avar kori lakóház tűzhelyéből (Budapest, III., Filatorigát) 341-362
PAULA ZSIDI Lehm bestand. 22 Leider hat die im östlichen Teil des Hauses in gestörtem Boden vorgenommene Eingrabung keine eindeutigen Spuren bezüglich der Konstruktion der östlichen Haushälfte hinterlassen. Der Eingang zum Haus befand sich vermutlich im nordwestlichen Teil, worauf auch die Pflockstellen im westlichen Vorraum des Hauses hindeuten. Letztere könnten eventuell Konstruktionselemente eines Eingangskorridores oder „Vordaches" gewesen sein. Sowohl diese Pflockstellen wie auch die in der westlichen Hälfte des Hauses dokumentierten Stützelemente zeigen gut erkennbar eine symmetrische Anordnung. (Abb. 6.C) Von der vormaligen Einrichtung des Hauses kündeten lediglich ein Bruchstück eines größeren, behauenen römerzeitlichen Grabsteins 23 sowie die links vom Eingang, vermutlich in der entlegeneren Ecke, zum Vorschein gelangte Feuerstelle. Der Hochkant gestellte und vielleicht als Sitzplatz dienende Stein 24 befand sich zwischen dem mittleren Pflockloch und der Feuerstelle. Die wahrscheinlich in der Ecke des Hauses errichtete und leicht über die regelmäßig rechteckige Kontur des Hauses hinausreichende Feuerstelle (Sektor C2, Objekt 5) blieb in verfallenem Zustand erhalten. In der Feuer stelle kamen, begleitet von wenigen Eisengegenständen, Steine, gleichgroß behauene Tegula- und Imbrexfragmente sowie gemischt römerund awarenzeitliche Gefäßscherben zutage. Aus dem Schutt der Feuerstelle stammt auch das kleine Tonköpfchen. Nachdem die Trümmer ders Herdes beseitigt waren, erschien als rot gebrannte, harte Oberfläche die Decke der gelben Lehmverfüllung. Bislang ist dies das einzige Haus der Siedlung, in dessen Verfüllung auch Strohlehmstücke gefunden wurden. 25 Nach ihrer Form und ihrem Zustand zu urteilen dürften die grauen, auch pflanzliche Reste enthaltenden Bruchstücke weder zum Fußboden, noch zur Feuerstelle des Hauses gehört haben. Auch die gleichfalls 22 Das wieder aufgefüllte und mit gelbem Lehm abgedeckte römerzeitliche Objekt wurde auf Grund seiner Konstruktion, Tiefe und dichten Schichtverfüllung als Latrine gedeutet, was auch die Tatsache untermauert, dass man es nach dem Verfüllen als einziges der früheren römerzeitlichen Objekte mit einer gelben Lehmschicht abdeckte. Der hohe Phosphatanteil in den analysierten Bodenproben (György Füleky Szent-István-Universität, Lehrstuhl für Bodenkunde) erhärtet diese Vermutung, doch die an den Proben vorgenommenen Parasitenuntersuchungen (Dr. Keith Dobney, University of York Archaeology und Dr. Andrew Jones, Department of Archaeology at Bradford) erbrachten vorerst kein positives Resultat. 23 Die Oberfläche des von einem größeren Grabstein - wahrscheinlich von dessen Bildfeld - stammenden Fragments war schon so stark verwittert, dass man nur noch verschwommene, wenn auch regelmäßige Bearbeitungsspuren darauf wahrnehmen konnte. 24 BONA 1973 interpretiert einige der in den Häusern der Siedlung von Dunaújváros gefundenen römerzeitlichen Werksteine ebenfalls als Sitzgelegenheiten, u. a. im Falle von Objekte 40 (S. 38) und Objekt 43 (S. 41). zwischen den Resten des eingestürzten Herdes gefundenen Strohlehmbrocken wiesen keinerlei Brandspuren auf; man könnte sie eher für zur ehemaligen Hausmauer gehörende Reste halten. Auf Schlammbewurf oder Feststampfen des Fußbodens hindeutende Spuren waren in dem Objekt nicht feststellbar. Das wenigste Fundmaterial bei der in vier Vierteln erfolgten Freilegung kam in der Nähe des Eingans zutage. Die schon beschriebene Feuerstelle sowie der südliche und östliche Hausteil bargen mehr Funde. Im südlichen Teil waren es relativ viele Eisengegenstände bzw. Eisenschlacke, während der östliche Teil neben mehreren römerzeitlichen auch awarenzeitliche Scherben enthielt. In der südöstlichen Haushälfte wurde eine größere Menge Tierknochen zutage gefördert. 26 Die im Keramikmaterial vorkommenden römerzeitlichen Fragmente sind vermutlich sekundär dorthin gelangt - ob nun im Zusammenhang mit dem Bau der Herdstelle oder während der Errichtung des Grubenhauses oder aber später, im Laufe seines Verfallsprozesses. Ihre Menge weicht nicht von der aus anderen awarenzeitlichen Objekten der Siedlung bekannter Fundinventare ab. BESCHREIBUNG DES KÖPFCHENS Zur Gestaltung des Köpfchens diente eine handgeknetete, kompakte Tonkugel. 27 (Abb. 7, 8) Das Material der etwas asymmetrischen Tonkugel mit einem Durchmesser von ca. 48-50 mm ist hellziegelroter, gut geschlämmter und hart gebrannter Ton. Gut sichtbar sind auf beiden Seiten des Kopfes die Ohren bzw im Gesicht die nur angedeuteten, offenen Augen, die lange, flache Nase sowie die Linie des - höchstwahrscheinlich - geöffneten Mundes (mit Schnurrbart?). Die beiden am Kopf anliegenden Ohren wurden plastisch, durch Fingereindrücke ausgeformt. Die Gestaltungstechnik des Halbkreisbogens der Ohren bzw die Finger- und Fingerkuppenabdrücke des Formers kann man deutlich erkennen. Die übrigen plastischen Details des Kopfes, wie Stirn, Jochbögen oder Kinn, blieben unausgeformt. Augen, Nase und Mund der flachen, breiten Gesichtsfläche hat der „Meister" vermutlich mit irgendeinem 34 mm breiten Werkzeug (?) mit abgerundetem Ende in den noch weichen, formbaren Ton gezeichnet 25 Auch die Strohlehmstücke dürften aus der gelben Lehmverfüllungsschicht des römerzeitlichen Objektes stammen, die man zum Bau des Hauses genutzt hat. Diese Vermutung haben die Ergebnisse der Materialuntersuchung (Márta Balla, Nuklear-Institut der Technischen Universität Budapest) bestätigt (s. Abb. 15). 26 Der Bestimmung zufolge sind dies Knochen von vier Pferden, zehn Rindern, drei Schweinen und vier Hunden sowie drei nicht identifizierte Tierknochen. Ich danke László Szabó Daróczi für die Bestimmung. 27 Nr. des Köpfchens im Eingangsbuch R 2313/1 (99.13.1391.). 344