Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)

Zsidi Paula: Tomköpfchen aus dem Herd eines awarenzeitlichen Wohnhauses (Budapest III., Filatorigát) = Agyagfejecske egy avar kori lakóház tűzhelyéből (Budapest, III., Filatorigát) 341-362

TONKÖPFCHEN AUS DEM HERD EINES AWARENZEITLICHEN WOHNHAUSES bzw eingeglättet. Die Eindruckstellen sind flach, so dass sich die einfachen Züge auf der ungleichmäßig gekneteten Oberfläche relativ schwer ausmachen lassen. Einige am Schädeldach und im Nacken zu beobachtende regelmäßige Züge deuten eventuell darauf hin, dass der endgültigen Ausgestaltung des Gesichtes mehrere Versuche vorausgegangen sein dürften. Zusammen mit dem Kopf wurde der „Hals" geformt, der sich kegelförmig verjüngt und vielleicht dazu gedient hat, an dem aus haltbarem Material gefer­tigten Kopf einen Körper aus vergänglichem Stoff (Tex­til, Stroh, Bast) befestigen zu können. Aller Wahr­scheinlichkeit nach bildete das Köpfchen in unserem Fall den bleibenden Teil einer vollständigen Menschenfigur. Dm FRAGE DER HERKUNFT UND BENUTZUNGSZEIT DES GEGENSTANDES Nachdem es sich nicht um einen an ein bestimmtes Zeitalter zu bindenden, charakteristischen Gegen­standstyp handelt und auch die Fundumstände mehrere Möglichkeiten offen lassen, müssen die Herkunft und Benutzungszeit vom Gesichtspunkt der Altersbestimmung gesondert untersucht werden. Diese fallen - in Anbetracht der Fundumstände - nicht unbedingt zusammen. Infolge dessen bleibt nichts anderes übrig, als die sich auf Grund der Fundum­stände desweiteren der Form- bzw. Stilmerkmale anbie­tenden Möglichkeiten der Reihe nach abzuwägen. Das ist keine leichte Aufgabe, selbst wenn man nur die Fundumstände berücksichtigt. Die Fundstelle des im Herd des awarenzeitlichen Hauseses, zwischen den den Rost der Feuerstelle bildenden römerzeitlichen Ziegel­bruchstücken, zum Vorschein gelangten Köpfchens ist wegen der oben geschilderten Fundumstände als sekundär zu handhaben. Es käme also durchaus auch eine frühere als die awarenzeitliche Herkunft in Betracht. Hypothetisch ist sogar die, wenn auch nur sehr vage, Möglichkeit nicht auszuschließen, dass unser Fund beim Bau der awarenzeitlichen Siedlung in dem zur Schicht der prähistorischen spätbronzezeitlichen Phase gehö­renden Erdreich einer der Gruben zum Vorschein ge­langt sein könnte, wenngleich kein konkretes bronze­zeitliches Objekt von einem awarenzeitlichen Bau durchschnitten wurde. Etwas mehr Chancen räumen die Fundumstände dem römerzeitlichen Ursprung ein. Es wird nämlich vermutet, dass die Bewohner der awarenzeitlichen Siedlung systematisch nach antikem Baumaterial gesucht und dabei die für sie nützlichen und verwertbaren Gegenstände auch mitgenommen bzw entsprechend verwendet haben. 28 In diesem Fall 28 Dafür gibt es zahlreiche Beispiele, vor allem aus Gräberfeldern: GARAM 1982. 87; SZABÓ 1966. 94-95; Kiss 1971 112. Desweiteren für die Verwendung von Baustoffen in Siedlungen, wie z.B. im Falle des hier behandelten Fundortes oder in der Siedlung von Dunaújváros: BONA 1973. 83. dürfte unser Fund als „gefundener Gegenstand" in das awarenzeitliche Haus gelangt sein. Am allerwahrschein­lichsten ist auf Grund der Fundumstände jedoch die awarenzeitliche Herkunft, da das Köpfchen in einem der Objekte der awarenzeitlichen Phase zum Vorschein kam. Dieser Umstand bedeutet zugleich, dass man seine - zumindest letzte - Benutzung in der Awarenzeit als erwiesen ansehen kann. Betrachten wir die Frage der Herkunft des Gegen­standes nun an Hand seiner Form- und Stilmerkmale. Die geringste Wahrscheinlichkeit besteht auch unter diesem Aspekt für den prähistorischen Ursprung. Aus der Spätbronzezeit sind einige antropomorphe Darstellungen bekannt, die allerdings besser ausgear­beitet sind und mehr plastische Elemente enthalten und auch weder in ihrem Material, noch in ihrem Charakter an die aus dem awarenzeitlichen Haus stam­mende Darstellung erinnern. 29 Demgegenüber bietet die Römerzeit schon eine sehr breite Palette aus Ton geformter Kleinplastiken. Ihre Mehrzahl ist religiösen Ursprungs, lobt die Geschicklichkeit versierter Meister und ist überwiegend auf klassische Vorbilder zurück­zuführen. Wie auch die Aquincumer Terrakottastatuet­ten zeigen, trugen sogar die zur alltäglichen Religions­ausübung gebräuchlichen Massenartikel die Züge ihrer Vorbilder. 30 Eine separate Gruppe der Terrakottafig­uren bilden der sog. „lächelnde Knabe-" und die „Bar­baren"-Darstellungen bzw grotesken Figuren, bei de­ren Ausformung der Phantasie wohl mehr Platz einge­räumt wurde als bei den vorgenannten Typen. Inner­halb dieses letzteren Typs findet man zahlreiche Stücke, die als „Amateurkunstwerke" zu qualifizieren sind, d.h. nicht von Meisterhand geschaffen wurden. Einer dieser aus Aquincum stammenden Funde 31 soll hier zwecks Vergleich vorgestellt werden. (Abb. 9) Aber selbst noch an diesem von ungeübter Hand geformten Köpfchen sind die die charakteristischen Züge des Typs unterstreichenden Elemente (z.B. hervortretende Augen, Barttracht) gut auszumachen. 32 Von daher kann das im awarenzeitlichen Haus gefundene Köpfchen nicht mit den Typen der bekannten römerzeitlichen Terrakottaköpfe verglichen werden. Gleichzeitig ist es natürlich nicht ganz ausgeschlossen, dass der Kopf als Einzelstück dennoch aus der Römerzeit stammt. 33 29 KOVÁCS 1977. 70-76. 3° PÓCZY 1963. 241-257. 31 Über die in Aquincum gefundenen grotesken Kleinplastiken s. zuletzt: BUGÁN 2002.175-176. 32 Das Köpfchen befindet sich in der Römischen Sammlung des Aquincumer Museums, Inv Nr. 56.70.12. Als Fundort ist die Zivil­stadt von Aquincum eingetragen, H: 5,3 cm. Die an dem Köpfchen sichtbaren Löcher deuten darauf hin, dass es, offenbar im Zusammenhang mit einem Kult, während des Gebrauchs auf einen Stab gesteckt war. Vgl. SOPRONI 1990. 43-51. 33 Den ab persönliche Äußerung zu wertenden, in Ziegel- oder Gefäßoberflächen eingeritzten, primitiven Darstellungen (von Mensch und Tier) mit Text begegnet man in der Römerzeit hau­345

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