Budapest Régiségei 36. (2002) – In memoriam Rózsa Kalicz-Schreiber (1929-2001)

Hänsel, Alix - Hänsel, Bernhard: Zwei Glockenbecher aus Budapester Boden im Berliner Museum = Két Budapestről származó harangedény a Berlini Múzeumban 191-197

BUDAPEST RÉGISÉGEI XXXVI. 2002. ALIX HANSEL - BERNHARD HANSEL ZWEI GLOCKENBECHER AUS BUDAPESTER BODEN IM BERLINER MUSEUM Als Rózsa Kalicz-Schreiber von einigen Jahren Berlin besuchte und die ungarische Sammlung des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte besichtigte, in­teressierte sie sich am meisten für die seit 1904 in Ber­lin befindlichen beiden Glockenbecher, die von der Cse­pel-Insel in Budapest, ihrem bevorzugten Forschungs­raum, stammen sollten. Sie kannte sie aus der mit einer dunklen Photographie ausgestatteten Erstpub­likation von 1913, in der Hubert Schmidt die Becher in einen Zusammenhang mit spanischen Glockenbe­chern gestellt hatte. 1 Leider konnte sie damals einen der Becher nicht bzw nur als Gipskopie sehen, denn die Berliner Museumsbestände waren während des 2. Weltkriegs ausgelagert und bewusst auf verschiedene Kunstlager verteilt worden. Während der eine Becher zusammen mit anderen Exponaten nach Westberlin zurückkehrte, befand sich der andere in einer der als „Beutekunst" von der Roten Armee beschlagnahmten Kisten und gelangte 1963 aus der Sowjetunion nach Ostberlin in das dort neu gegründete Museum für Ur- und Frühgeschichte. R. Schreiber-Kalicz verzich­tete deshalb auf die ihr angebotene Veröffentlichung. Diese soll hier nun in ihrem Namen und in liebevoller Erinnerung an unsere verstorbene Freundin nachge­holt werden. Denn inzwischen sind beide Becher wieder in einem Museum, dem Museum für Vor­land Frühgeschichte, vereint und unter den Inven­tar-Nummern Inv Nr. IV d 2914 und IV d 2915 regis­triert. Zunächst sollen die noch rekonstruierbaren An­gaben zur Fund- und Erwerbungsgeschichte zusam­mengefaßt werden: Das Berliner Museum erwarb im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in großem Umfang Altertümer über Antiquitätenhändler, die umfangreiche Privatsammlungen ankauften und diese an international bekannte Museen weiterveräu­ßerten. Die meisten Funde aus dem mittleren Donau­raum wurden von dem aus Budapest stammenden László Mautner, der auch das Ungarische National­museum belieferte, 2 und von Josef Lichtneckert aus Stuhlweißenburg (Székesfehérvár) nach Berlin ver­kauft. Lichtneckert führte auch selbst Ausgrabungen durch, so etwa in der befestigten Siedlung von Száz­halombatta, im Berliner Archiv unter dem alten Na­men Bátta geführt, die der Csepel-Insel gegenüber liegt. 3 Er bewegte sich also mit seinen Bemühungen, i SCHMIDT 1913. 249, Abb. 8-9. Funde für den Weiterverkauf zu erwerben, im Raum südlich von Budapest. Die beiden Glockenbecher und ein anthropomorphes Gefäß der Badener Kultur (Abb. 1. a) kaufte er mit anderen Gefäßen unterschiedlicher Zeitstellung zusammen 1904 von der Witwe eines Advokaten und Sammlers, der in Ráckev (alte Recht­schreibung Ráczkeve) auf der Csepel-Insel ansässig war. Nach Auskunft des An- und Verkäufers Licht­neckert von 1904 war diese Sammlung vor etwa 20 Jahren „in der dortigen Umgebung" 4 zusammenge­tragen worden. Noch im gleichen Jahr bot er die Be­cher zusammen mit Funden anderer Herkunft der damaligen Prähistorischen Abteilung des Königlichen Museums für Völkerkunde in Berlin zum Kauf an. Lichtneckert macht in einem Begleitbrief folgende Angaben: „Die No 4-5 [i.e. die beiden Glockenbecher] sind wahrscheinlich aus Tököl (Gefäße mit Band­verzierungen) die in der Litteratur berühmt sind." Als Antikenhändler könnte Lichtneckert die viel gelesene Publikation von J. Hampel, Antiquités préhisto­riques", von 1876 benutzt und den dort vorkom­menden Fundort Tököl als klanghaft auch auf seine Fundstücke angewandt haben, es gibt aber auch gute Gründe, ihm zu folgen und seine Angaben als ver­trauenswürdig anzusehen. Ein Donauhochwasser im Jahr 1876 brachte glocken­becherzeitliche Gräber gerade in dem Jahr des großen internationalen, in Budapest stattfindenden Kongres­ses für Anthropologie und Prähistorische Archäologie zutage. Der Anlaß zu Nachgrabungen 1876 und 1878 war dadurch gegeben, wie R. Schreiber es anschaulich dargestellt hat. 5 Später hat auch sie selbst dort weiter gearbeitet und einen ansehnlichen Fundbestand an Gräbern ihrer Glockenbecher-Csepel-Gruppe er­schlossen. 6 Die Altbestände aus dem 19. Jahrhundert hatte E. Csetneki Jelenik geborgen und 1879 zum Teil bereits publiziert. 7 In der Art, wie damals Archäolo­gie betrieben worden ist, muß es als gut verständlich und plausibel gelten, dass die Funde verteilt wurden und auch einige Stücke in die Sammlung des ortsan­sässigen angesehenen Advokaten gelangt sind. Zwi­2 Vgl. KOVÁCS 1999. 23-31. 3 Vgl. SAX 2000. 29, Abb. 2. 4 Museum für Vor- und Frühgeschichte, Acta I A Bd. 13, 958/04. 5 SCHREIBER 1975.187-203. 6 KAUCZ-SCHREIBER-KALIcz 1999. 83-114.; KALICZ-SCHREIBER-KALICZ 2001. 164-170. 7 CSETNEKI JELENIK 1879. 47-59. 191

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