Budapest Régiségei 33. (1999)
TANULMÁNYOK - Ertel, Christine: Konstruktive Bauteile von römischen Grabbauten im Aquincum-Museum = Az Aquincumi Múzeum római sírépítményeinek konstruktív építőelemei 197-241
durch Klammern mit benachbarten Steinen verbunden. Die Blöcke der Proportionsgruppe 2 dürften aufgrund der häufigen Nut- und Stegverbindungen ebenfalls zu Grabumfassungen gehört haben. Bei den Steinen, die keine Klammerlöcher aufweisen, ist diese Wahrscheinlichkeit sehr groß, z. B. 1.5 mit dem Sommer, 1.8 (Attis) und 1.17 (Orest). Steine, die verklammerte Nut- und Stegverbindungen besitzen, können Teile von Grabumfassungen oder Grabbauten darstellen, wie z. B. 1.1 (Genius), 1.2 (Genius) und 1.16 (Dioskur). Die Blöcke 1.4 und 1.6 mit Attis sind aufgrund ihrer Beschädigung in Hinsicht auf Proportionen (1.4) bzw. Verklammerungen (1.6) nicht zu beurteilen, dürften aber wegen ihrer Nutverbindungen von Grabumfassungen stammen. Die Eckblöcke 1.3 mit zwei Genien und 1.13 mit dem Porträtmedaillon sind vermutlich als Schäfte von Grabaltären zu interpretieren. Mythologische Inhalte Im Gegensatz zu den Wandplatten wurde bei den Ecksteinen der Darstellung von mythologischen Figuren der Vorzug gegeben, die für sich allein stehen können, keinen narrativen Charakter haben und ein symmetrisches Pendant erlauben. Hierfür eignete sich besonders Attis, der unter unseren Beispielen siebenmal vertreten ist. Der Mythos des phrygischen Jünglings 29 versinnbildlicht Werden und Vergehen im Naturkreislauf und im menschlichen Leben. Auf Grabdenkmälern ist die Darstellung von Attis mit phrygischer Mütze, dem Hirtenstab und -mantel und überkreuzten Beinen ein Zeichen der Trauer, aber auch der Hoffnung auf Auferstehung. In Noricum und Pannonién außerhalb von Aquincum tritt Attis wesentlich seltener auf, nur in vereinzelten Darstellungen wie in Aelium Cetium. 30 Ein verdoppelter Attis ist auf einem Grabstein aus Lauriacum zusammen mit zwei Hunden dargestellt. 3 ' In der Häufigkeil der Darstellungen folgen dem Attis die Genien (fünfmal), unbekleidete kindliche und jugendliche Gestallen, teilweise geflügelt, in trauernder Pose mit gesenktem Kopf, einer zur gegenüberliegenden Schulter geführten Hand und gesenkter Fackel. Der Genius war die Personifikation des menschlichen Geistwesens schlechthin, somit auch der Seelen der Verstorbenen. 32 Die trauernden Genien werden auch als Todesgenius oder trauernde Eroten bezeichnet. Ein besonders schönes Beispiel aus Wallsee kann die etwas schlechter erhaltenen und undeutlicheren Darstellungen der Ecksteine 1.1 und 1.2 aus Aquincum ergänzen." In gleicher Häufigkeit folgen die Darstellungen aus dem dionysischen Kreis, der vor allem durch tanzende Figuren, einer Mänade mit Klappern (1.19) und einem Satyr (1.9) vertreten wird. Diese Gestalten erfreuten sich größter Beliebtheit auf Grabdenkmälern 34 und kommen auch auf Grabsteinen vor. 35 In künstlerischer Hinsicht bereicherten sie durch ihre gewagten Posen wie z. B. an der Grabädicula der Spectatii Prisciani in Sempeter 36 und lebhaften Bewegungen die Darstellungen des Grabmals. Wie die tanzenden Satyrn führen die Mänaden Kreuzschritte aus, 204 schlagen die Klappern seitlich neben dem Kopf, der Schleier kann sich um einen Oberschenkel wickeln, wie ein Beispiel aus Aelium Cetium zeigt. 37 Eine mit dem Eckblock 1.9 aus Aquincum vergleichbare Darstellung eines tanzenden Satyrs findet sich unter den Römersteinen auf Schloß Seggau. 38 Je einmal vertreten ist ein florales Motiv an dem Rankenpfeiler mit erhaltenem Pinienzapfen (1.15) und zwei weitere mythologische Figuren, Orest (1.17) und ein Dioskur (1.16). Das Dioskurenpaar eignete sich vorzüglich für korrespondierende Darstellungen; die im Hintergrund der Reliefs auftauchenden Pferde bereicherten die im Falle des Attis etwas sterilen Einpersonen-Bilder. Ihr Mythos hatte das Überschreiten der zeitlichen Grenzen zum Inhalt, nachdem der in den Olymp aufgenommene Polydeukes gemeinsam mit seinem im Kampf getöteten Bruder, dem Rossebändiger Castor, je einen Tag im Olymp und einen Tag in der Unterwelt verbringt. Das beliebte Motiv ist auf mehreren Ecksteinen im Ungarischen Nationalmuseum, 39 einem neuen Fund aus Alsóhetény 40 wie auch auf Ecksteinen aus Scarbantia" und Savaria 42 dargestellt und fand auch im Sockelgeschoß der Grabädicula der Spectatii Prisciani Verwendung. 43 Dort sind die Dioskuren an den Außenseiten der Ecksleine mil Darstellungen der Jahreszeiten verbunden, die auch in Aquincum durch den Sommer (1.5) vertreten sind. Die Jahreszeitenallegorien verweisen einerseits wiederum auf die Thematik der vergehenden Zeit, andererseits stellen sie eine Verbindung zur Natur her. Eine Ausnahme in der Reihe der nicht narrativen Szenen der Ecksteine stellt die Darstellung des Orest (?) dar. Häufiger kommt Orest in den Szenenfolgen der Iphigenie-Sage vor, wie z. B. ebenfalls im Sockelgeschoß der Grabädicula der Spectatii Prisciani, 44 einem Relief im Ungarischen Nationalmuseum 45 oder auf Sarkophagen. Das Relief auf der Seitenwand eines Sarkophags aus Óbuda, 46 auf dem die beiden Gefangenen, Orest und Pylades, frontal mit gefesselten Händen in der Opferszene dargestellt sind, kommt der Figur auf dem Eckstein aus Aquincum noch am nächsten. Als Pendant zu Orest könnte Pylades auf dem zweiten, linken Eckstein dargestellt gewesen sein. Obwohl keine Parallelen aus Pannonién und Noricum für die Darstellung des Orest auf einem Eckstein beizubringen sind, zeigt doch der Vergleich mit einem der gelegentlich dargestellten gefesselten Barbaren wie auf einem Relief auf Schloß Seggau 47 den klassischen Charakter und die Berechtigung der Deutung der Figur. Vielleicht ergänzte die Darstellung auf dem Stein in Aquincum ein benachbartes Relief mit einer anderen Szene aus der Iphigeniensage, z. B. die Opferung der Iphigenie in Aulis 48 . Eine andere, meist gefesselt dargestellte Figur wäre Marsyas, der aber häufig in einer Figurengruppe zusammen mit Apollo und einem messerschleifenden Skythen gezeigt wird. 49 Im Lapidarium von Tihany sind vier ursprünglich nicht zusammengehörende Ecksteine zu einem Ensemble zusammengestellt 50 . Auf den Reliefs der Ecksteine sind folgende Figuren adgebildet: Vorne links erkennt man eine Mänade und einen Genius mit einer Pelta, vorne rechts