Budapest Régiségei 33. (1999)
TANULMÁNYOK - Ertel, Christine: Konstruktive Bauteile von römischen Grabbauten im Aquincum-Museum = Az Aquincumi Múzeum római sírépítményeinek konstruktív építőelemei 197-241
CHRISTINE ERTEL KONSTRUKTIVE BAUTEILE VON ROMISCHEN GRABBAUTEN IM AQUINCUM-MUSEUM Die vorliegende Auswahl von Steindenkmälern soll in erster Linie die vielen und verschiedenartigen Bestandteile von römischen Grabbauten in dem reichhaltigen Lapidarium des Aquincum-Museums als zusammengehörige Gruppe erfassen.' Form, Funktion und Herkunft der Stücke sind heterogen, sodaß sie in der gemischten Aufstellung des Lapidariums kaum als sinngemäß zusammengehörige Objekte wahrzunehmen sind. Die meisten Steine wurden bei ihrer Auffindung aufgrund der Inschriften und Reliefs als Teile von Grabdenkmälern erkannt, die genaue Funktion und Position an dem betreffenden Denkmal blieb aber oft unklar und wurde auch selten diskutiert. Das größte Interesse der älteren Forschung galt wie auch in Carnuntum den Inschriften und ihren historischen und sozialen Aussagen. Sehr verdienstvolle Bemühungen zur Erforschung der Grabdenkmäler in Pannonién sind von G. ERDÉLYI 2 ausgegangen. In ihren Arbeiten lag das Schwergewicht auf der Deutung der mythologischen Szenen. Bewunderswert ist im Aquincum-Museum, noch mehr allerdings naturgemäß im Ungarischen Nationalmuseum, der große Reichtum an mythologischen Reliefs, dem in Österreich nur einige kleinere Sammlungen in der Steiermark wie z. B. die Römersteinsammlung im Schloß Eggenberg bei Graz oder im Schloß Seggau bei Leibnitz entgegengesetzt werden können. Epigraphische, ikonographische und kunsthistorische Details sind jedoch nicht das Ziel der vorliegenden Arbeit. Die Aufgabe der neueren Forschung besteht in der Suche nach einer ganzheitlichen Erkenntnis der Denkmäler, die sowohl auf der Bewahrung des Zusammenhangs von archäologischem Grabungsbefund und Interpretation des Fundmaterials wie auch auf der Zusammenfassung und Ergänzung der bisher von spezialisierten Bearbeitern gewonnenen Informationen beruht. Den heutigen Museumsbesucher und die Autorin als Architektin interessiert in erster Linie das Aussehen der römischen Stadt und ihrer einzelnen Bauwerke. Bereits ein erster Blick auf das Material aus Aquincum zeigt allerdings, daß kaum zusammengehörige Stücke zu finden sind und eine gesicherte Rekonstruktion eines bestimmten Grabbaus nicht möglich ist. Sehr wohl können aber die verschiedenen in Aquincum vorkommenden Grabbautypen mit einer unterschiedlich hohen Anzahl von Stücken belegt werden. Wenigstens weitgehend vollständig erhaltene oder rekonstruierbare Grabdenkmäler wie die in gutem Erhaltungszustand eingestürzten und von Schotter schützend überdeckten Grabbauten in Sempeter 3 fehlen in Pannonién; vergleichbar im Aussagewert, wenngleich mit wesentlich geringerer Sicherheit rekonstruierbar sind vielleicht der 1893 von J. DELL rekonstruierte Grabbau in Carnuntum 4 und das Tumulusgrab der Villa von Baláca. 5 Trotzdem wächst der Mut der Bearbeiter, die überall trotz aller Schwierigkeiten wachsenden Kenntnisse zu nützen und auch mit wenigen erhaltenen Fragmenten Rekonstruktionen zu entwickeln. 6 Obwohl in Pannonién und Noricum sehr viele Einzelstücke von Grabbauten erhalten sind, stellt sich für die meisten dieselbe Frage, die hier zu lösen ist, welchem Denkmaltypus sie zuzuordnen sind. Zu Vergleichen werden im folgenden daher meist die Grabädiculen von Sempeter herangezogen, bei denen trotz mancher Diskussionspunkte jedenfalls außer Frage steht, daß sie vollständige Grabbauten sind, an denen die Positionierung einzelner Teile studiert werden kann. Teile von Grabdenkmälern sind mit Abstand die größte Gruppe von Steindenkmälern, die in zweiter Verwendung auf uns kommen. Ein Grund dafür ist, daß ihr Zweck, das Gedenken an eine Person oder Familie zu sichern, wie vieles Erinnern nur verhältnismäßig kurzlebig war. Der privat und individuell bestimmte ideelle Nutzen der Grabbauten schwand spätestens mit dem Abwandern oder Aussterben der Familie dahin. Bauwerke, die einer praktischeren, sich für jede Generation neu reproduzierenden Verwendung dienten wie Wohnhäuser, Bäder, Tempel und andere Gebäude im öffentlichen Bereich, behielten ihre Funktion oft über Jahrhunderte hinweg, wie dies auch heute noch der Fall ist. Auch Veränderungen in den Bestattungsbräuchen wie der allmähliche Übergang von der Brandbestattung zur Körperbestattung beeinflußte die Nutzungsdauer der Grabbauten. Grabädiculen eigneten sich vor allem zur Aufnahme von Urnen und standen damit in direktem Zusammenhang mit der im 1. und 2. Jh. überwiegend praktizierten Brandbestattung, während Grabumfassungen alle Bestattungsformen zuließen. Die zweite Ursache für die häufige Wiederverwendung von Grabbauteilen besteht in ihrer Eignung dafür. Grabsteine und Ädiculawände, Deckenplatten, Gesimsplatten und alle Arten von quaderförmigen Steinen eigneten sich vorzüglich zur Weiterverwendung als Baumaterial, sei es neuerlich im sepulchralen oder im zivilen Bereich. Von den insgesamt 52 vorgestellten Steinen stammt ein großer Teil aus spätantiken Steinplattengräbern von verschiedenen Friedhöfen, 7 z. B. 7 Exemplare von der Bécsi út, der langen Gräberstraße im Westen der Stadt, aus dem übrigen Bereich der Canabae 5 Exemplare, von den Gräberfeldern (Aranyhegyi árok, Filatori dűlő, Donauufer bei der Gasfabrik) und der 197