Budapest Régiségei 26. (1984)

TANULMÁNYOK - Michna, Pavel J.: Gotische Kachelin aus Burg Melice in Mähren = Gótikus kályhacsempék a morvaországi Melice várából : in memoriam Jan Zhánel 87-110

PAVEL J. MICHNA, Olomouc, CSSR GOTISCHE KACHELN AUS BURG MELICE IN MÄHREN In memóriám MUDr. Jan Zhánel Als der ungarische Forscher Imre Holl 1 im Jahr 1958 bei archäologischen Untersuchungen der Budaer Burg eine dort entdeckte umfangreiche Kollektion gotischer und Renaissance-Kacheln veröffentlichte, leitete er ein neues Kapitel der Geschichtschreibung des mittelalter­lichen Handwerks der Kachelkunst ein. Die bis dahin gefundenen einzelnen Kacheln, mochten sie auch tech­nisch und künstlerisch noch so wertvoll sein, hatten es nicht gestattet, das Studium dieser Artefakte so zu ent­falten, daß es grundsätzliche Schlüsse technologischer, kunsthistorischer und kulturhistorischer Art bringen konnte. Erst die Bergung und Veröffentlichung komp­letter (oder fast kompletter) Kachelserien, die von einem Ofenkörper stammten, ermöglichte eine allseitige Aus­wertung der Informationen, die diese materiellen Quel­len bieten. Gewiß erhöht sich die Bedeutung einer solchen Serie, wenn die Fundstelle ein wichtiges Kultur­zentrum war — im gegebenen Fall der Sitz der Könige Ungarns — das offenbar einen Widerhall in der hermi­schen und ausländischen Umgebung hervorrief. Und tat­sächlich, die VeröffentÜchung der Budaer Kacheln, aus denen man im 14. und 15. Jahrhundert in den Sälen der königlichen Burg verschiedene Ofentypen baute, spornte auch ausländische Forscher dazu an, Analogien im eige­nen Land, kulturpolitische Beziehungen und Einflüsse auf dem Feld der materiellen Kultur des Mittelalters in Zentraleuropa zu suchen und zu finden. 2 Auch in Mähren 3 blieb ein umfangreiches Ensemble einzigartiger gotischer Kacheln als Reste eines Ofenkör­pers erhalten, die eine archäologische Untersuchung der Burg Melice bei Vyskov in den dreißiger Jahren zuta­geförderte. Der Hinweis auf die mangelhafte fachliche Bildung des Leiters der Ausgrabungen und die Zweifel an der Richtigkeit seiner Datierung bewirkten, daß der Autor, MUDr. Jan Zhánel, sich erst nach den dreßi­ger Jahren zu einer Teilveröffentlichung seiner Unter­suchungsergebnisse entschlossen hat. Den Anstoß zu der Entscheidung, seine Privatsammlung endlich der Fach­Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ging von der Publi­zierung des Budaer Fundes durch Imre Holl aus. Dieser Fund zerstreute nämlich die Bedenken, die sich aus der vereinzelten Existenz der Melicer Kacheln ergaben, und bot ein feste Stütze in den Diskussionen mit Berufs­archäologen, die die Entstehung des Melicer Ensembles an die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert verlegten. Zhánels Ableben verhinderte die Bearbeitung des ganzen Fundgutes und das Werk blieb ein Torso. Ange­sichts der Bedeutung der Kachelkollektion aus Burg Melice für das Studium der Entwicklung der Kachelkunst und die Geschichte des mittelalterlichen Kunstgewerbes, aber auch deshalb, weil die bisherige Teilveröffentli­chung in tschechischer Sprache geschehen ist, 4 lege ich in der vorliegenden Studie der ausländischen Fachöffent­lichkeit eine Gesamtbearbeitung der Melicer Kollektion in deutscher Sprache vor. 5 Die Geschichte der Fundstelle Die Reste der Burg Melice (Bez. VysTcov) ragen am äußersten der südöstlichen Ausläufer des Hochlands Drahanská vysocma am Rande der Wischauer Pforte über das Land, das seit Menschengedenken die Schwelle zwischen der Brünner und Olmützer Gegend gewesen ist. Das Zentrum dieses uralten Siedlungsgebiets war der Burgwall bei Zelená Hora, später das benachbarte Pusti­mëfmit Burg und Rotunde des hl. Pantaleon (aus den Jahren um 1140). Im Zusammenhang mit der Reorganisation der bi­schöflichen Herrschaft im Wischauer Gebiet und dem Untergang der Burg Pustimëf entstand ein neues Zentrum: Burg Melice als Stützpunkt und Landsitz der Olmützer Bischöfe. Den Namen erhielt sie nach dem an dieser Stelle bereits im Jahr 1131 genannten Dorf Meli­ce. 6 Die Burg selbst erscheint in den schriftlichen Quel­len erst im Jahr 1339. 7 Seit diesem Datum wird sie öfter genannt. Ihr Gründer war der letzte Pfemyslide männ­licher Linie, der Olmützer Bischof Johann Bolko (+1351). Auch sein Nachfolger, Bischof Johann von Vlasim, dessen Familienwappen (zwei Geierköpfe) in Melice aus­gegraben wurde, setzte den Bau fort. Auf der Burg weil­ten dann u.a. Johann von Neumarkt (1365,1376,1377, 1378 und 1379) und Peter Jelito. Die Zeit des Haus­kriegs zwischen den Markgrafen Jodok und Prokop spie­gelte sich auch im Schicksal der Burg: Bischof Nikolaus (1388-97) verpfändete im Jahr 1388 eine Reihe von Gütern, darunter auch Melice, um die ungeheueren Schulden des Olmützer Bistums zu tilgen. Schon im Jahr 1393 und 1396 sehen wir Nikolaus wieder auf Burg Me­lice. Aber bereits im Jahr 1400 wurde sie abermals ver­pfändet, und dies an Erhardt von Kundtat. Über den Aufenthalt des Bischofs Lacek von Krawarn gibt es keine Belege . Erst Wenzel Králík von Bufenice (1412-1416) empfing auf Melice in den Jahren 1413 und 1414 den Eid der Lehensmänner. Wie die meisten Burgen kirchlicher Feudalherren ging auch Melice im Laufe der hussitischen Revolution unter. Als Kaiser Siegmund der Luxemburger im Jahr 1423 Mähren Herzog Albrecht von Österreich als Erblehen verlieh, kam es zu einer heftigen Reaktion der tschechi­schen Kalixtiner: die Prager und ihre Anhänger in der Gegend von Königgrätz zogen gegen Mähren. Vor Kremsier lieferten sie den Truppen des Olmützer Bischofs Johann des Eisernen und des Troppauer Herzogs Pfemek eine siegreiche Schlacht. Nach Besetzung der Stadt ero­berten sie auch Wischau. In die Zeit dieses hussitischen Sommerfeldzugs verlegt Jan Zhánel die Eroberung und den Untergang der Burg Melice. 8 87

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