Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)
DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Wissens aber nie ein aerarialisches Materiale zu denen ihm eigentümlichen Wägen verwendet worden [...]. Es entspreche auch der Wahrheit, so Nörpel, dass ihm der k. k. Sattlergeselle Karl Schmidt ein Schellengehänge gemacht habe, nur sei dies in Schmidts Privatwohnung und mit eigens dafür gekauften Materialien geschehen.177 Alexander Ussner, Kanzleisekretär im Oberststallmeisteramt, bestätigte, dass er den k. k. Sattlergesellen Wilhelm Rahn gebeten habe, bei sich zu Hause eine reparaturbedürftige Sitzgamitur in Augenschein zu nehmen. Rahn habe laut Ussner aber nur berechnet, welche Mengen an Stoff und Federn für eine Neuüberziehung der Möbelstücke notwendig seien, habe aber selbst keine Arbeiten daran durchgeführt: Ich will zwar nicht zweifeln, daß Rahn bereitwillig gewesen wäre, mir die mehrgedachte Garnitur außer seinen Arbeitsstunden in meiner Wohnung zu überziehen: allein, obwohl ich alle Erfordernisse hiezu aus eigenem besorgt hätte, muß ich doch gestehen, daß ich ihm diese Arbeit schon bei dem Gedanken, es könnte vielleicht von irgendeiner Seite übel gedeutet werden, umso weniger übertragen haben würde, als auch meine Gattin das zu lange Herzumziehen mit dieser Arbeit, welche denn doch auch hätte bezahlt werden müssen, fürchtete, und die hiedurch entstehende Unreinlichkeit in der Wohnung bald beseitiget wissen wollte.178 Rahn war noch in eine weitere aufklärungsbedürftige Angelegenheit verwickelt. Kaltenbrunner hatte behauptet, Rahn würde die Wägen eines Fleischhauermeisters mit Hilfe von Materialien der Hofsattlerei reparieren. Darauf entgegnete Wenzel Schweriner - wenig überzeugend -, dies könne gar nicht der Wahrheit entsprechen, „als Rahn nie die Gelegenheit haben kann, Entwendungen vorzunehmen.“179 Auf den Vorwurf, Personen der Hofsattlerei würden verbotenerweise Geschenke annehmen und sich so bestechen lassen, entgegnete Grill, allein schon die Tatsache, dass Kaltenbrunner weder Namen von Empfängern noch von Gebern solcher Geschenke nenne, weise auf dessen Unredlichkeit hin.180 Überhaupt bestehe keine Möglichkeit, Materialien zu veruntreuen, so Schwertner weiter: Bei der stets gleich strengen Aufsicht, bei den fortwährenden Erscheinen [von] verschiedenen Hausoffizieren in der Hofsattlerei, bei dem zahlreichen Personale daselbst, welches immer nahe beisammen arbeitet, dann bei dem ohnehin bemessenen und beschränkten Vorräte, der immerfort schriftlich und mündlich ausgewiesen werden muß, ist es wohl keine Möglichkeit, daß etwas verschleppt werden könne; und wenn ja irgendein Sattler oder Riemer irgend jemanden aus Gefälligkeit oder Freundschaft eine kleine Arbeit in seinen freien Stunden verrichtet, so ist es doch immer unwahr, daß dabei Materialien aus der Hofsattlerei verwendet werden.181 Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 177 Equipagen-lnspektor Nörpel an das Oberststallmeisteramt, Wien 1836 März 31, ebenda. 178 Oberststallmeisteramts-Sekretär Ussner an Oberststallmeister Wrbna, Wien 1836 März 26, ebenda. 179 Wagenmeister Schwertner an das Oberststallmeisteramt, Wien 1836 April 11, e b e n d a. 18(1 Oberststallmeisteramts-Kanzleidirektor Grill, Wien 1836 April 1, HHStA, OStA, C, 112, einliegend ZI. 1 234 aus 1835, unfol. 181 Wagenmeister Schwertner an das Oberststallmeisteramt, Wien 1836 April 11, eb enda. 153