Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 52. (2007)
DÖBERL, Mario: Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
dafür Kästen der neu angefertigten Schlittenequipagen verwendet und auch die Schlittengeschirre adaptiert werden konnten. Dennoch kostete auch diese Pirutschade immerhin noch 28 661 fl. 53 kr.46 Oberststallmeister Trauttmansdorff äußerte dem Kaiser gegenüber die Ansicht, die Ausgaben für die drei Veranstaltungen hätten sich gelohnt: Die Aufführung des Karussells in der k. k. Stadt-Winterreitschule, die feierliche Hof- Schlitten- und spätere Pirutschfahrt, glaube ich, verdienten Hoffeste genannt zu werden.47 Insgesamt verursachte der Wiener Kongress im Bereich des Oberststallmeisterstabes Kosten von 1 477 966 fl. 49 kr. Der Oberststallmeister versicherte dem Kaiser, er wolle alle Anschaffungen aufbewahren, damit in Zukunft im Falle eines ähnlichen Großereignisses das Ärar nicht erneut so stark belastet werde.48 Eine vergleichbar intensive, lang andauernde Festperiode sollte Trauttmansdorff und seinen Nachfolgern allerdings erspart bleiben. 4. Unzufriedenheit mit dem bisherigen System der F ahrzeugbeschaffung Das bislang praktizierte System der Fahrzeugbeschaffung, bei dem bürgerliche, meist mit einem Hoftitel versehene Meister die Hofwägen herstellten und Reparaturen an ihnen durchfuhrten, wies einige Schwachstellen auf, und erfuhr in der Zeit vor 1820 heftige Kritik von Seiten des Oberststallmeisteramtes. Am meisten Unmut lösten die gestiegenen Kosten aus. Die Schuld daran wurde den überzogenen Preistarifen der Hoflieferanten gegeben. Während die Preise aller Handwerker im Sinken begriffen waren, blieben jene der Hoflieferanten auf ihrem bisherigen, hohen Niveau. So verlangten die Hofwagner etwa 2 fl. 40 kr. W.W. für ein Paar Drittel, das später bei Drechslern um nur 50 kr. W.W. erworben werden konnte.49 Die mit den Hoflieferanten vereinbarten Tarife hatten darüber hinaus den Nachteil, dass zum Beispiel bei der Reparatur eines Rades kein Pauschalbetrag, sondern für jede einzelne Speiche eine festgesetzte Summe verrechnet wurde, während die tägliche Erfahrung lehret, daß zwischen dem Preise eines Stückes oder mehrerer von gleicher Art stets ein Unterschied bestehet, weil der Handwerksmann Höfisch oder privat? Die Beschaffung und Wartung von Wägen am Wiener Kaiserhof 46 Obersthofmarschall Wilczek an Kaiser Franz L, Wien 1815 Juni 18, HHStA, OStA, C, 101, ZI. 1 073 aus 1815, unfol. Siehe auch Ge w ey : Briefe des neu angekommenen Eipeldauers, Heft 4 (1815), S. 18 f. 47 Oberststallmeister Trauttmansdorff an Kaiser Franz I., Mailand 1816 Jänner 8, HHStA, OStA, C, 102, ZI. 130 aus 1816, unfol. 48 Ebenda. 49 Oberststallmeisters Trauttmansdorff an Kaiser Franz L, Prag 1820 Mai 20, HHStA, OStA, C, 111, ZI. 1 174 aus 1834, unfol. 125