Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)

ORTLIEB, Eva: Die „Alten Prager Akten“ im Rahmen der Neuerschließung der Akten des Reichshofrats im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien

Eva Ortlieb unterhalten wurde. Warum nicht die gesamte RK nach Wien zurücktransportiert wurde, lässt sich den einschlägigen Akten nicht entnehmen. Möglicherweise sollten Transportkosten gespart werden; denkbar ist jedoch auch, dass man das Prager Reichskanzleihaus nicht völlig räumen wollte, um Besitzansprüche des Reichs auf das Gebäude zu wahren.23 Die Geschichte der Prager Filiale der RK zwischen 1612 und 1771/73 hat Groß in seiner Studie über die Reichshofkanzlei geschildert.24 Groß verweist auf die desolate Unterbringung der Akten in dem teilweise offenbar baufälligen Reichskanzleihaus, ebenso auf Verluste, insbesondere im Jahr 1648 durch Plünderungen der schwedischen Besatzer - die sich allerdings kaum für Reichshofratsakten interessierten.25 Den Rücktransport des Materials nach Wien bringt Groß mit den Bemühungen um die Einrichtung eines habsburgischen Hausarchivs in Zusammenhang. Der damalige provisorische Hofsekretär des .Directorium in publicis et cameralibus’ und spätere Hausarchivar Theodor Anton Taulow von Rosenthal war 1750 nach Prag gereist, um unter anderem im böhmischen Kronarchiv nach geeigneten Quellen zu suchen. Bei dieser Gelegenheit hatte er auch die Prager Filiale der RK besichtigt und zahlreiche Akten ermittelt, die für eine Übernahme in das Hausarchiv in Frage kämen.26 Auf Initiative Rosenthals schlug das .Directorium in publicis et cameralibus’ der RK einen Archivalientausch vor. Aus der Prager Filiale sollten die von v. Rosenthal benannten übernahm die Stelle Urbanitschs nach dessen Tod 1730: kaiserliches Emennungsdekret (Konzept) 1730 10 20: ebenda. Er wurde 1731 vom Mainzer Kurfürsten zum Registrator ernannt (Emennungsdekret 1731 06 18: RHR, Verfassungsakten, Reichshofkanzlei 41, Nr. 33) und starb 1765. Das kurmainzische Bestallungsdekret für den Konzipisten der königlich-böhmischen Regierung Anton Franz Hohaus, den letzten Prager Registrator, stammt vom 29. September 1765: ebenda. 23 Die Transportkosten waren der wichtigste der in den späteren Diskussionen um die Rückführung der Prager Akten nach Wien genannten Gründe, die einer Vereinigung der beiden Kanzleiabteilungen entgegenstünden: RHR, Verfassungsakten, Reichshofkanzlei 43, Nr. 39; ebenda, 44a, Nr. 46; MEA, Reichsarchiv 5. Reichs Vizekanzler Colloredo hat jedoch auch darauf aufmerksam gemacht, dass ein leeres Gebäude leicht von der Böhmischen Krone beansprucht werden könnte: Colloredo an Kurfürst von Mainz 1750 08 05: MEA, Reichskanzlei und Taxamt 85. In diesem Zusammenhang schlug er den Austausch der in Prag liegenden Akten mit in Wien „gantz unbrauchbare[n], und etwa abgethane[n] privat-judicial-acten“ vor: Colloredo an Kurfürst von Mainz 1768 10 12: MEA, Reichsarchiv 5. Auch der kurmainzische Resident und Taxator von Brée wies darauf hin, dass durch die Deponierung von Akten in Prag der Anspruch auf das Reichskanzleihaus aufrechterhalten werden könne: von Brée an Kurfürst von Mainz 1771 11 13: ebenda. 24 Groß: Reichshofkanzlei (wie Anm. 21), S. 286-292. 23 Ebenda, S. 290. 26 Zur Mission Rosenthals in Prag Winter, Gustav: Die Gründung des kaiserlichen und königlichen Haus-, Hof- und Staatsarchivs 1749-1762. In: Archiv für österreichische Geschichte 92 (1903), S. 1-82, hierS. 31-34. 602

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