Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
STROMENGER, Arthur: „Sozialwissenschaftliche Nebenprodukte“ der Quellenforschung
„SOZIALWISSENSCHAFTLICHE NEBENPRODUKTE“ DER QUELLENFORSCHUNG Arthur Stromenger Beim Quellenstudium in Archiven ergeben sich immer wieder Funde, die verdienen, festgehalten zu werden, wenn es sich um Beobachtungen oder Ereignisse handelt, die Schlaglichter auf die herrschenden Verhältnisse der Epochen werfen, in denen sie entstanden sind. Die nachfolgenden Zitate entstammen im Wesentlichen zwei Gruppen von Quellen und ihre Sammlung war quasi ein „Nebenprodukt“ aus Diplomarbeit und Dissertation des Verfassers. Die erste, größere Gruppe ist den zwischen 1597 und 1601 erstatteten Berichten Johann Khevenhüllers entnommen, der von 1572-1606 kaiserlicher Gesandter am königlichen Hof in Madrid war. Khevenhüllers Gesandtschaftsberichte umfassen alle nur irgendwie denkbaren Sachgebiete, von der Gesundheit des Königs, über die finanzielle Lage Spaniens, die außenpolitische, oft kriegerische Situation, die Bedrohung der Atlantikflotten durch Korsaren, bis zur Gesundheit der Kaiserin, Schwangerschaften der Königin, selbst Tratsch und vielen weiteren Ereignissen, seine eigene missliche finanzielle Lage eingeschlossen. Besonders delikate Passagen der Berichte waren chiffriert, es ist dem Verfasser aber gelungen, den Zifferncode zu rekonstruieren, sodass Khevenhüllers Briefe wieder komplett lesbar wurden. Die zweite Gruppe von Zitaten, die ebenfalls typisch und aufschlussreich für die Zeit ihrer Entstehung sind, entstammt vornehmlich Kirchenbüchern. Diese Sachen ist in großer gehaimb tradiert worden oder hett ja also sein sollen, nicht waiß ich aber durch wen dermaßen erschollen, daß auch das kind auf der gassen darvon gewißt. Pflegt aber also zu geen, wenn man secreta weibem anvertraut.1 Der don Pedro de Medicis2 hat vor fünf tagen hieher gereicht3, glaub, so mager am peytl4 als am leib. 1 Geheimes Tagebuch, Khevenhüller-Metsch, S. 114. 2 Khevenhüller an Rudolf II., Madrid, 1597 Januar 19. HHStA Wien, Staatenabteilungen, Spanien, Dipl. Korr. 12/12, f. 3r-4v, eigenh. Ausf. - Pedro de Médicis, 1554-1604. Jüngster Sohn von Cosimo L, Herzog von Florenz und Eleonora von Toledo. Zedierte sein Thronfolgerecht an seinen Bruder Ferdinand. General der italienischen Infanterie in spanischen Diensten, kämpfte in den Niederlanden Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51/2004 573