Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 51. (2004)
LECHNER, Elmar – NIKIRSA, Marija – OSACZUK, Sergij: Bestände des Staatlichen Archivs Chernivtsi/Czernowitz betreffend die Bildungsgeschichte in der österreichischen Epoche der Bukowina (1775–1918)
Bestände des Staatlichen Archivs Chemivtsi/Czemowitz 2. Das griechisch-orientalische Mädchengymnasium: F. 233 1902 wurde auf Grund des kaiserlichen Dekrets vom 3. März desselben Jahres (R. 2, Akte 2, fol. 2-5) auf Kosten des griechisch-orientalischen Religionsfonds in Czernowitz eine „griechisch-orientalische“ Töchterschule gegründet. Sie bestand aus einer 4- klassigen, später 5-klassigen Volksschule, aus einer rumänischen und einer ruthenischen Abteilung und aus drei Oberklassen. In diesen war Deutsch Unterrichtssprache, Religion und Musik wurden auch auf Rumänisch und ruthenisch und die jeweilige Muttersprache als eigenes Fach unterrichtet. Dem Namen der Schule entsprechend gehörten die Schülerinnen und der Lehrkörper der griechisch-orientalischen Konfession an. 1912 wurde diese höhere Töchterschule in ein 6-klassiges Mädchenlyzeum österreichischen Typs umgewandelt.14 In der Zeit der Zugehörigkeit der Bukowina zu Rumänien trug diese Anstalt zunächst den Namen „Griechisch-orientalisches Mädchenlyzeum Nr. 1 “, später „Liceul ortodox de fete Elena Doamne“. Reg. 1 zählt zwei Akten aus der österreichischen Zeit. Es handelt sich dabei um die Liste der in den Jahren 1905 bis 1908 abgehaltenen schulischen Veranstaltungen und um die Zeugnisse sowie um die Liste der an der Schule tätigen Mitglieder des Lehrkörpers. Reg. 2 enthält neun Akten: Das Inventar der Lehrerbibliothek des Lyzeums für die Zeit von 1901 bis 1929; Tabellen der Bewerberinnen um Befreiung vom Schulgeld im zweiten Semester der Schuljahre 1912/13, 1913/14 und 1915/16; das Jahreszeugnis für das Jahr 1916; Listen der Bezüge des Gehalts für die Zeit vom 1. Juli 1916 bis 30. September 1917. Reg. 2, Akte 2 verdient besonderes Interesse. Es handelt sich dabei um die Schulchronik der gr.-or. Töchterschule bzw. des Lyzeums; sie reicht vom Jahre 1902 bis zum Jahre 1918. Die einleitenden Passagen lauten folgend: Die Errichtung einer Bildungsstätte für Mädchen gr.-or. Konfession auf Kosten des gr.-or. Religionsfonds in Czernowitz wurde vor nun bald 40 Jahren vom hochwürdigen Bukowiner gr.-or. Konsistorium angeregt, welches zuerst mit dem Berichte vom 16. November 1864, ZI. 942, die Errichtung einer abgesonderten orthodox-orientalischen Nationalmädchenschule in Czernowitz auf Kosten des gr.-or. Religionsfonds bei der k. k. Landesregierung in Antrag gebracht hatte. Diese Schule war von dem hochwürdigen Konsistorium als eine Erziehungsanstalt für gr.-or. Mädchen höherer Stände der Bestimmung der §§ 20 und 30 der Politischen Schulverfassung gemäß gedacht und sollte den Unterricht einer vollständigen Knabenhauptschule und zusätzlich der Gartenpflege, der Handarbeiten und der Haushaltungskunde umfassen und aus einer Vorbereitungsklasse und drei Jahrgängen bestehen, (fol. 2) 14 Zur Entstehung und Entwicklung dieses Schultyps Engelbrecht, Helmut: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden Österreichs. Bd. 4: Von 1848 bis zum Ende der Monarchie. Wien 1986, S. 282-289. 561