Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)
LILLA, Joachim: Die Vertretung Österreichs im Großdeutschen Reichstag
Joachim Lilla stehen, wobei in beiden Fällen der Wortlaut - der noch Vorbehalten blieb - der gleiche ist (§§ 8, 32). Entsprechend sollten auch die Stimmzettel der österreichischen Soldaten für die Volksabstimmung (mit ebenfalls noch nicht feststehendem Wortlaut) aus grünem Papier bestehen (§ 33). Hinsichtlich der Ermittlung des Ergebnisses der Reichstagswahl regelte § 38: Der Reichswahlleiter zählt die für den Großdeutschen Reichstag abgegeben Stimmen zusammen. Auf je 60 000 Stimmen entfallt ein Abgeordnetensitz. Ein Rest von mehr als 30 000 Stimmen wird vollen 60 000 gleichgesetzt.23 Der Wortlaut und die Gestaltung der Stimmzettel für die Volksabstimmung und Reichstagswahl bzw. für die Volksabstimmung (bisherige österreichische Soldaten) - vgl. Abbildungen 1 und 2 - wurde durch die Zweite Verordnung zur Volksabstimmung und zur Wahl zum Großdeutschen Reichstag vom 24. März 193824 festgelegt, wobei in Änderung zur vorherigen Verordnung für die Stimmzettel der österreichischen Soldaten blaues oder bläuliches Papier ausgewählt wurde. Nachdem das Reichs(tags)wahlrecht auch in Österreich galt, bildete dieses in Hinkunft einen eigenen Reichstagswahlkreis. Die Reichstagswahlkreise wurden gemäß § 7 Reichswahlgesetz durch die Anlage zum Gesetz geregelt. Diese Anlage wurde zuletzt 1935 neu gefasst25; das damalige Reichsgebiet war (und blieb) in 35 Reichstagswahlkreise unterteilt, diese Wahlkreise hatten eine Nummer (von 1 bis 35) und einen Namen, z. B. Wahlkreis 1: Ostpreußen. Durch die Annexion von Gebieten durch das Reich zwischen 1938 und 1941 blieb diese Wahlkreiseinteilung unberührt: die neuen Gebiete bildeten vielmehr neue, eigenständige „Wahlkreise“ mit nur einem Namen, aber keiner Wahlkreisnummer mehr. Bei der Reichstagswahl und Volksabstimmung am 10. April 1938 wurde unterschieden zwischen den Wahlkreisen „im Altreich“ und in Österreich2'' (Wahlkreisname zunächst „Land Österreich“, später auch als Kurzform: „Österreich“ bzw. - spätestens - 1943 „Vormaliges Land Österreich“27), wobei bemerkenswert ist, dass sich der Name „Österreich“ als konstitutiver Bestandteil des Wahlkreisnamens bis 1945 erhalten hat, während im sonstigen Sprachgebrauch der Name Österreich seit 1939 durch „Ostmark“ und seit 1942 durch ,Alpen- und Donaugaue“ ersetzt wurde28. Ende 1938, nach der Annexion des Sudetenlandes, kamen noch die sudetendeutschen 23 Der Richtwert von 60 000 Stimmen pro Mandat entsprach der Regelung der (1938 gegenstandslosen) §§ 30 bis 32 des Reichswahlgesetzes. 24 RGBl. 1938 1, S. 303. Zur Vorgeschichte des Wortlauts der Stimmzettel vgl. eingehender Hubert: S. 146-148. 25 RGBl. 1935 I, S. 1138. 26 Vgl. Die Volksabstimmung und die Wahlen zum Großdeutschen Reichstag am 10. April 1 9 3 8 - Die Ergänzungswahlen zum Großdeutschen Reichstag am 4. Dezember 1938, bearb. im Statistischen Reichsamt, Berlin 1939 (Statistik des Deutschen Reiches Bd. 531), S. 6 f. 27 Vgl.Kienast: 1943,S. 141. 28 Vgl. Hagspiel: S. 105 f. 234