Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 48. (2000)

LILLA, Joachim: Die Vertretung Österreichs im Großdeutschen Reichstag

Joachim Lilla (Salzburg), Sepp Helfrich (Steiermark), Edmund Christoph (Tirol), Toni Planken­steiner (Vorarlberg), Franz Richter (Wien)13. Nachdem der Anschluss also vollzogen, Österreich „ein Land des Deutschen Reiches“ geworden war, stellte sich auch die Frage der „Vertretung“ dieses Gebiets im Reichstag14. Hitler entschied daher schon am 16. März, daß am Tage der Volks­abstimmung am 10. April zugleich eine Neuwahl des Reichstages stattfmden sol­le15. So wurde durch Verordnung des Führers und Reichskanzlers vom 18. März16 angeordnet, dass neben der Volksabstimmung in Österreich auch im übrigen Reichsgebiet eine Volks­abstimmung über die am 13. März 1938 vollzogene Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche stattfindet. Hiermit sollte dem deutschen Volk Gelegenheit gegeben werden, „sich in seiner Gesamtheit zu dem [...] Großdeutschen Reich zu bekennen“. Ferner wurde der erst am 29. März 1936 gewählte Reichstag mit Ablauf des 9. April 1938 aufgelöst, „um den deutschen Volksgenossen in Österreich eine Vertretung im Großdeutschen Reichstag zu eröffnen“. Als Termin für Volksabstimmung und Reichstagswahl verblieb es beim 10. April17. Durch § 3 des ebenfalls am 18. März 1938 erlassenen Zweiten Gesetzes über das Reichstagswahlrecht1* wurde zudem bestimmt, dass für die Reichstagswahl in Österreich [...] die allgemeinen Bestimmungen über Reichstagswahlen19 [gelten], soweit nicht die Vorschriften für die Durchführung der 13 Da sämtliche Gauwahlleiter im April 1938 in den Reichstag einzogen, wird wegen ihrer Biogra­phien auf den biographischen Anhang verwiesen. 14 Eine Präzedenzfall gab es bereits 1935 nach der Rückgliederung des Saargebietes. Damals wurden allerdings keine Wahlen ausgeschrieben, sondern die neun zusätzlichen Reichstagsabgeordneten auf Vorschlag von Reichskommissar Bürckel von Hitler ernannt. Vgl. H über t: S. 120 f. 15 Ebenda, S. 145 mit Fußn. 5. 16 RGBl. 1938 I, S. 257. 17 Dieses Vorgehen bewegte sich im Rahmen der Rechtsnorm des Artikels 25 Weimarer Reichsver­fassung [in Hinkunft: WRV], demzufolge der Reichspräsident den Reichstag auflösen kann, und die Neuwahl spätestens am 60. Tage nach der Auflösung stattzufinden habe. 18 RGBl. 1938 I, S. 258. 19 Als solche waren zum damaligen Zeitpunkt anzusehen - nach einer Zusammenstellung bei: Kienast, Erich (Hrsg.): Der Großdeutsche Reichstag 1938. IV. Wahlperiode (nach dem 30. Ja­nuar 1933). Berlin 1938, S. 26 f. a) Reichswahlgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. März 1924, RGBl. 1924 I, S. 159; geändert durch Verordnung des Reichspräsidenten vom 2. Februar 1933, RGBl. 1933 I, S. 45 (Änderungen und Ergänzungen zu §§ 12 und 15); Gesetz vom 3. Juli 1934, RGBl. 1934 1, S. 530 (Änderungen und Ergänzungen zu §§ 5 und 35); Gesetz vom 5. September 1935, RGBl. 1935, S. 1137 (Änderung der Anlage); nach einer bei Kienast, Erich (Hrsg.): Der Großdeutsche Reichstag. IV. Wahlperiode. Beginn am 10. April 1938. Verlängert bis zum 10. April 1947. Neuherausgabe Berlin [August] 1943, S. 14-19 veröffentlichten Fassung des Reichswahlgesetzes „in der Fassung nach dem Stand vom April 1938“ waren die §§ 16 bis 22, 24, 30 bis 34, 36 und 43 „gegenstandslos“. 232

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