Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)
SAPPER, Christian: Kinder des Geblüts – die Bastarde Kaiser Rudolfs II.
Christian Sapper Cantecroix interessiert - und zwar aus einem sehr selbstsüchtigen Grund: er will an die Kunstsammlung des berühmten Kardinals und Minister Karls V. Granveile (t 1586) herankommen. Thomas, der Bruder des Kardinals, hatte einen Sohn Francois Thomas, der Ritter des Ordens von Alcantara war und 1603 kaiserlicher Gesandter in Venedig wurde.111 Er bekam das Familienerbe, zeichnete sich durch einen besonders skandalösen Lebenswandel aus und starb Ende September 1606 in Prag.112 113 114 Sein Neffe und Erbe ist Francois Thomas Perrenot de Granveile von Oiselay, Reichsgraf von Cantecroy (Cantecroix) und (seit 1621) Ritter des Goldenen Vlieses."3 Der Heiratsgrund ist natürlich nirgends offiziell vermerkt-jedenfalls wurde noch 1607 der Rest der Kunstsammlung des Kardinals Granvella verschleudert und Rudolf II. kam in den Besitz ansehnlicher Cantecroyscher Mobilia."* Der Kaiser bekam viele Handzeichnungen Dürers und das Gemälde: „Die Marter der Zehntausend“. Robert J.W. Evans, ein profunder Kenner von Rudolf II., sieht den Erwerb des Nachlasses Granvella jedenfalls im Zusammenhang mit der Heirat.115 116 Andere als persönliche Gründe scheinen unwahrscheinlich. Cantecroy war ein kleines, unbedeutendes Fürstentum in Brabant, unweit von Antwerpen. Die Herrschaft war 1549 von Nikolaus Perrenot, Herr von Granveile, erworben worden. Der vererbt das Gut seinem Sohn Anton Perrenot Kardinal und Erzbischof von Mecheln. Der vermachte sie seinem Bruder Thomas, der erreichte, daß sie 1570 in den Rang einer Grafschaft und später eines Fürstentums erhoben wurde. Francois Thomas, der Gatte von Donna Carolina, verkaufte die Herrschaft im Jahre 1616 mit Vorbehalt des Titels; letzterer kam später an das Geschlecht der la Baume und die Grafen von Saint Amour, während die Herrschaft selbst an die Grafen von Chaumont überging."6 Doch zurück zu Carolina. Sie sitzt seit Beginn des Jahres 1607 bei Krauseneck und wartet darauf in die Fremde verschachert zu werden. Bei Krauseneck wird sie auch mit ihren Halbbrüdern Julius und Matthias zusammengekommen sein. Während die Brüder schon ihre Legitimität und Titel erhalten haben, muß Carolina erst darum kämpfen, bzw. den Kammerdiener Lang für sich gewinnen - und das kommt teuer: Donna Carolina hat dem Lang in Anwesenheit des Herrn Wallenstein ein Halsband im Wert von 30 000 Taler (das ihr der Kaiser gegeben hatte), ein Kristallglas und einen 111 Niederkorn, Jan Paul: Die europäischen Mächte und der „Lange Türkenkrieg“ Kaiser Rudolfs II. 1593-1606. In: Archiv für österreichische Geschichte 135. Wien 1993, 559 S., hier S. 367 und HHStA, HS Weiß 1095, fol. 80. 112 Niederkorn: Türkenkrieg, S. 372. 113 HHStA, HS Weiß 1095, fol. 80. 114 HHStA, Belgische Hofkorrespondenz, Karton 41, Stück 37 und Karton 11, Stück 6. 115 Evans, Robert J.W.: Rudolf II. Ohnmacht und Einsamkeit. Graz 1980. S. 125. 116 Allgemeines Historisches Lex icon . 6 Bde. Leipzig 1730-1740, hier Bd. 1, S. 787. 22