Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 47. (1999)

SAPPER, Christian: Kinder des Geblüts – die Bastarde Kaiser Rudolfs II.

Christian Sapper sehen König gekürt und folgt so am 12. Oktober 1576 seinem Vater in die kaiserli­che Würde. Die feierliche Krönung erfolgt am 1. November im Regensburger Dom. Im Herbst 1578 übersiedelt er nach Prag, wo er mit Unterbrechungen bis an sein Lebensende bleibt. Schließlich erwählt er Prag zu seiner Residenz und machte die Stadt zum Wunder seiner Zeit. Denn er legte in selbiger große Thiergärten, botanische Gärten, Naturalien­sammlungen und Kunstkammem an und zog durch Belohnungen und Jahrgelder die be­rühmtesten Gelehrten, Mahler, Sänger und andere Künstler an seinen Hof. Er stellete häufige Ritterspiele an, bey welchen er fast immer den Preis gewann. Er verwandte sehr große Summen auf kostbahre Gemählde, chymische Untersuchungen, Uhrwerke, astro­nomische Werkzeuge und Edelgesteine, und unterhielt einen Briefwechsel mit vielen Gelehrten und neugierigen und gereisten Leuten, die seine Wißbegierde befriedigen konnten. Sein Hof war sehr ordentlich und gab ein Muster der Mäßigkeit im Trinken und im Essen, dem aber seine Untertanen nicht folgten. Durch seine weisen Anordnun­gen und durch seine mannigfachen Kenntnisse, tiefe Einsichten in alle Gegenstände der Regierungskunst, scharfsinnige Wahl der Maßregeln, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Leut­seligkeit gegen jeden der einen Zutritt zu ihm verlangte und die Fertigkeit, sich in latei­nischer, teutscher, spanischer, böhmischer, französischer und italiänischer Sprache gut auszudrücken, erwarb er sich eine allgemeine Hochachtung und Verehrung, die er aber gegen das Ende seiner Regierung zum Theil wieder einbüßte.1 * 3 Diese höfische, positive Beschreibung gilt bestenfalls für seine Jugendjahre. Ein unbefangener Beobachter, der venezianische Gesandte in Prag, berichtet 1579, daß er nur die Jagd, das Ballspiel und die Pferde liebe. Über seinen Charakter sagt er: Rudolfo II. é piutosto di natura flemmatico ed mansueto che cholerico, piutosto timi­do che ardito, et sopratutto malenconico. Tanto che pochine volte si vede ridere [...]4 (Rudolf ist eher von phlegmatischer und milder Natur als cholerisch, eher schüchtern als kühn und vor allem melancholisch. Man sieht ihn nur sehr selten lachen [...]) Neben der Jagd und dem Ballspiel interessierte sich Rudolf in zunehmenden Al­ter bekanntermaßen immer mehr für Astrologie und Magie - und dies nicht zu seinem besten. Hammer-Purgstall faßt dies sehr gut zusammen: In mathematischen und physischen Wissenschaften bewandert, verirrte er sich in Astrologie und Alchymie. Er umgab sich mit Gelehrten [...] wie Tyche de Brahe und Keppler, Longomontanus aber auch mit [...] Magikern wie dem Engländer John Dee, an dessen Geistererscheinungen Rudolf zuletzt wirklich glaubte, ihn und sich selbst für Zauberer haltend, wie so viele Hexenmeister, die sich im 16. Jh. im Besitz übernatürli­cher Kräfte wähnten [...]. Dee hatte dem Kaiser ein Horoskop gestellt, seine nächsten Verwandten trachteten ihm nach Thron und Leben.5 Ein Grundton seines Wesens ist die „Melancholie“ - er schafft bezeichnender­weise an seinem Hofe die Hofnarren ab. Er ist im Zeichen des Satums geboren und der Satum ist der Planet der Melancholiker, also muß er als Astrologie-Gläubiger für die Melancholie besonders empfänglich sein. Zu dem melancholischen Zustand 1 Gebhard, Ludwig Albert: Genealogische Geschichte der erblichen Reichsstände in Teutsch­land. 3 Bde. Halle 1776-1785. Bd. 2, S. 462. 4 Österreichische Nationalbibliothek [in Hinkunft: ÖNB] Wien, Handschrift [in Hinkunft: HS] 6371, fol. 249V. 5 Hammer-Purgstall, Josef von: Khlesls, des Cardinals, Directors des geheimen Cabinetes Kaiser Mathias, Leben. 4 Bde. Wien 1847-1851. Bd. 1, S. 173. 2

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