Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 46. (1998)
RAUSCHER, Peter: Recht und Politik. Reichsjustiz und oberstrichterliches Amt des Kaisers im Spannungsfeld des preußisch-österreichischen Dualismus (1740–1785)
Peter Rauscher Es entsprach dem kaiserlich-ständischen Dualismus in der Entstehungszeit dieser beiden Gerichte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts5, daß bis zur Auflösung des Alten Reichs keine klare, reichsrechtlich verbindliche Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Reichshofrat und Reichskammergericht getroffen wurde6. Eine Ausnahme Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung 1); Diestelkamp, Bernhard: Das Reichskammergericht in der deutschen Geschichte. In: Das Reichskammergerichts-Museum Wetzlar, hrsg. von der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung e. V. Wetzlar 1987, S. 7-16; Laufs, Adolf: Reichskammergericht. ln: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte [in Hinkunft: HRG] Bd. 4. Berlin 1990, Sp. 655-662; Duchhardt, Heinz: Das Reichskammergericht. In: Oberste Gerichtsbarkeit und zentrale Gewalt im Europa der frühen Neuzeit Köln-Weimar-Wien 1996 (Quellen und Forschungen zur Höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 29), S. 1-13; aus der älteren Literatur sei verwiesen auf Moser, Johann Jacob: Von der Teutschen Justiz-Verfassung [...]. Bd. 1-2. Franckfurt-Leipzig 1774 (Neues Teutsches Staats-Recht 8, 1.2), Bd. 2, S. 282-895; neueste Forschungsinitiativen und -Strategien finden sich in kurzer Zusammenfassung bei Schmidt-von Rhein, Georg: Die friedensstiftende Funktion des Rechts: eine Idee bestimmt Entstehung und Entwicklung der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung. In: Battenberg - Rani eri (Hrsg.): Zentraljustiz, S. 457-464. 4 Angesichts des Fehlens einer in der Forschung dringend benötigten neueren Gesamtdarstellung siehe Gschließer, Oswald von: Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde 1559—1806. Wien 1942 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich 33); aus der älteren Literatur Herchenhahn, Johann Christian: Darstellung der gegenwärtigen Verfassung des Kaiserlichen Reichshofraths und der allgemeinen Darstellung der Behandlungsart der reichshofräthlichen Geschäfte. Mannheim 1792;Moser: Justiz-Verfassung. Bd. 2, S. 3-281; zur Prozeßführung des Reichshofrats S e 11 ert, Wolfgang: Prozeßgrundsätze und Stilus Curiae am Reichshofrat im Vergleich mit den gesetzlichen Grundlagen des reichskammergerichtlichen Verfahrens. Aalen 1973 (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte N.F. 18); Uhlhorn, Manfred: Der Mandatsprozeß sine clausula des Reichshofrats. Köln-Wien 1990 (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 22); zusammenfassend Auer, Leopold: Das Archiv des Reichshofrats und seine Bedeutung für die historische Forschung. In: Friedenssicherung und Rechtsgewährung: sechs Beiträge zur Geschichte des Reichskammergerichts und der obersten Gerichtsbarkeit im alten Europa. Bonn-Wetzlar 1997, S. 117-130; Moraw, Peter: Reichshofrat. In: Handbuch für deutsche Rechtsgeschichte [HRG]. Bd. 4, Sp. 630-638; Sellert, Wolfgang: Der Reichshofrat. In: Diestelkamp (Hrsg.): Gerichtsbarkeit, S. 15—44; neueste Forschungen zum Reichshofrat unter Kaiser Rudolf II. stammen derzeit von Ehrenpreis, Stefan: Der Reichshofrat im System der Hofbehörden Kaiser Rudolfs II. (1576-1612): Organisation, Arbeitsabläufe, Entscheidungsprozesse. In: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs [in Hinkznfl: MÖStA] 45 (1997), S. 187-205. 5 Die Errichtung des Reichskammergerichts wurde nach einer längeren Reformdiskussion aufbauend auf das 1415 erstmals erwähnte königliche Kammergericht in einer vom Kaiser weitgehend unabhängigen Form auf dem Reichstag von Worms 1495 beschlossen, wo auch eine Kammergerichtsordnung festgelegt wurde (vgl. Smend: Reichskammergericht, S. 1—67; Diestelkamp: Reichskammergericht in der deutschen Geschichte, S. 13 f.). Obwohl eine Reichshofratsordnung dem Namen nach erst 1559 unter Ferdinand I. erlassen wurde, existiert der spätere Reichshofrat bereits unter Maximilian I., der 1498 seinem Hofrat neben erbländischen Angelegenheiten auch die Kompetenz der Rechtsprechung in Reichsangelegenheiten zugewiesen hatte (vgl. Sellert: Prozeßgrundsätze, S. 60-62). Ausschließlich auf das Reich begrenzt wurde die Jurisdiktion des Reichshofrats erst unter Ferdinand II. und dann mit der Reichshofratsordnung Ferdinand III., in der von einer Rechtsprechung des Reichshofrats für die Erblande nicht mehr die Rede ist (vgl. ebenda, S. 64f.). Zu den frühen Reichshofratsordnungen siehe Sellert, Wolfgang (Hrsg ): Die Ordnungen des Reichshofrates 1550-1766. Halbbd. 1: bis 1626. Köln-Wien 1980 (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 8, 1). 6 Sellert, Wolfgang: Über die Zuständigkeitsabgrenzung von Reichshofrat und Reichskammergericht insbesondere in Strafsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Aalen 1965 (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte N.F. 4); W e i t z e 1, Jürgen: Zur Zuständigkeit des Reichskammergerichts als Appellationsgericht. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung [in Hinkunft: ZRG GA] 90 (1973), S. 213-245; Weitzel, Jürgen: Der Kampf um die Appellation ans Reichskammergericht. Zur politischen Geschichte der Rechtsmittel in 270