Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

HÖDL, Sabine: Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden. Zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1420 bis 1555

Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45/1997 - Rezensionen „Privatleben“ des Juristen äußerst dürftig ist, so stellt sie sich als umso reichhaltiger dar, was sein „öffentliches“ Leben, seine juristischen und (religions-) politischen Betätigungsfelder betrifft. Diese Quellen, Brauns eigene Veröffentlichungen sowie schon bestehende Biographien, wurden für die Arbeit herangezogen, wenngleich sie manchmal nicht nachvollziehbar nachgewiesen werden. Der sehr umfangreiche Anmerkungsapparat weist diese Schwächen auch hinsichtlich der Literatur auf, was die Lesbarkeit zum Teil erheblich beeinträchtigt. Die Überstrukturierung der Arbeit durch zahllose Unterteilungen (bis zu Kap. 2. 1. 1. 3. 1. 2.) macht es zudem schwie­rig, dem Gedankengang zu folgen. Obwohl im Vordergrund der Untersuchung das theologische Wirken Konrad Brauns, sein kontroverstheologisches Konzept sowie seine Rolle als konfessioneller Denker stehen, wird auch auf den reichspolitischen Kontext eingegangen, in dem das Wirkungsfeld Brauns lag. Methodisch verbindet die Autorin die hier angespro­chenen Kontexte mit dem biographischen Konzept der Arbeit, indem der politische und intellektuelle Werdegang Brauns, seine Rezeption und Wirkung mit Lösungs­vorschlägen zur Frage der Kirchenspaltung verglichen wurden. Am Beispiel des Frankfurter Anstandes von 1539, den Braun-zu dieser Zeit am Reichskammerge­richt tätig - ablehnte, „weil er Laien, Häretiker und Kirchliche zusammenfasse, deren Befugnis in Glaubenssachen ,unsicher“ sei“ (S. 58 f.) konnte etwa gezeigt werden, wie unklar und brisant die Rechtslage und wie weit der Interpretationsrah­men der causa religionis gespannt war. ln diesem Falle ist jedoch eine Bewertung Brauns als schon gefestigten konfessionellen Denker nicht nachzuvollziehen, da er sich einerseits auf „altes Recht“, also auf das Wormser Edikt und den Reichstag 1530 berief, andererseits aber die Zuständigkeit des Reichstages für die Behandlung von Religionssachen, wenn kein päpstlicher Legat anwesend sei, abstritt. Braun kann somit zwar als entschiedener altkirchlicher Vertreter angesehen werden, aber wohl kaum als konfessioneller Denker, da er die politisch-rechtlichen Mittel beider Konfessionsparteien nicht anerkannte sondern weiterhin an einer rein kirchenrecht­lichen Auseinandersetzung mit dem Protestantismus festhielt. Das Ziel der Arbeit, Konrad Braun aus der Bewertung der konfessionellen Ge­schichtsschreibung herauszunehmen und seine Person wie sein politisches Wirken neu zu bewerten, muß aber nicht fehlgeschlagen sein, wenngleich eine intensivere Beschäftigung mit der protestantischen sowie reichspolitischen Seite wünschenswert gewesen wäre. Durch diese hätte Konrad Braun enger in den Kontext katholischer Reichspolitik eingebunden werden, und seine Stellung in diesem Rahmen kritischer bewertet werden können. Barbara Staudinger, Wien 360

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