Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

HÖDL, Sabine: Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden. Zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1420 bis 1555

Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45/1997 - Rezensionen graphietradition geboten, da sowohl die ältere wie auch neuere Forschungsliteratur fast vollständig ausgewertet wurde. Der sehr ausführliche Anmerkungsapparat ver­weist darüber hinaus auf die umfangreichen, zum Teil noch nicht erschlossenen, Aktenbestände, die für die Untersuchung herangezogen wurden. Daher wird das Buch wohl auf einer breiten Basis rezipiert werden, zumal es in einem sehr leser­freundlichen Deutsch geschrieben wurde. Barbara Staudinger, Wien Rößner, Maria Barbara: Konrad Braun (ca. 1495-1563) - ein katholischer Jurist, Politiker, Kontroverstheologe und Kirchenreformer im konfessionellen Zeitalter. Münster: Aschendorff 1991 (Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 130). XXXIX S., 435 S. Die Karriere des Juristen Brauns, der nach seinem Studium in Tübingen 1526 würzburgischer Rat und Kanzler, Mitglied des Reichskammergerichts, Berater des Mainzer Erzbischofs, ab 1542 Kanzler der Herzoge von Bayern und ab den 1550er Jahren Kanzler des Bischofs von Augsburg wurde, entspricht in vielem einer „typischen“ Juristenkarriere in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Nicht nur die Biographie Brauns sondern auch der Themenkreis der Territorial- und Reichspolitik während der Reformation, in denen das Betätigungsfelds des Juristen gelagert ist, bilden daher den Gegenstand der Untersuchung Rößners. Dabei ist es Ziel der Arbeit, die erste umfassende Biographie Konrad Brauns zu liefern, wobei von der Autorin ein etwas konfessonell-neutralerer Standpunkt hätte eingenommen werden sollen. „Charakterisierungen Brauns in der Literatur weisen ein breites Spektrum auf, das vom entschiedensten Vertreter des altkirchlichen Standpunkts' (Siebert), der an einer überholten und unrealistischen Betrachtungsweise festgehalten habe (Sonntag) bis zum .Vorkämpfer' (VITA, Paulus) reicht, der fast mit prophetischer Gabe (...) ein seltenes Ziel verfolgt (...) habe. In dieser letzten Beschreibung zeich­net sich also schon die Tendenz ab, Braun einen im Sinne der neueren Forschung konfessionellen Denker zu nennen.“ (S. 10) Die Bewertung Brauns soll also durch die vorliegende Arbeit von der eines entschieden altkirchlichen Juristen, der noch 1555 das Ketzerrecht für die Protestanten forderte, zu der eines konfessionellen „Vordenkers“, der die Kirchenspaltung „vorausdachte“, verschoben werden. Die Arbeit kommt einer „klassischen“ Biographie recht nahe, wenn sie trotz des Fehlens fast jeglicher Quellen versucht, die Kinder- und Jugendzeit Brauns und die Stellung seiner Familie im schwäbischen Reichsdorf Kirchheim am Neckar zu re­konstruieren. Auch über die Studienzeit Brauns an der Tübinger Universität, die vor allem in den Kontext der Arbeiten Heiko Obermans zur Spätscholastik und zum Tübinger Geistesleben gestellt wird, scheinen die archivalischen Quellen weitgehend zu fehlen. Ebenso ist es für den hier vorgestellten Ansatz problematisch, daß auch der Nachlaß Brauns nicht überliefert ist, „denn dadurch wird der direkte Zugang zur Persönlichkeit beeinträchtigt.“ (S. 13) Wenn also daher die Quellenlage zum 359

Next

/
Oldalképek
Tartalom