Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

BRAUN, Gerd: Schloß Ambras als Sommerresidenz des Erzherzogs Carl Ludwig

SCHLOSS AMBRAS ALS SOMMERRESIDENZ DES ERZHERZOGS CARL LUDWIG von Gerd Braun Zur Vorgeschichte Die Gründung des südöstlich von Innsbruck an der Inntalautobahn gelegenen Schlosses verliert sich im Dunkel der Geschichte. Berühmt wurde Ambras durch den Ausbau der Burg zum Renaissanceschloß in der Regierungszeit des Erzherzogs Fer­dinand II. von 1563 bis 1567 und durch die von ihm zusammengestellte und später weltberühmte „Ambraser Sammlung“. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die Sammlungen mehrfach in ihrem Besitz­stand durch Abgaben nach Wien geschmälert, das Schloß selbst als Kaserne oder Lazarett verwendet. Erst 1842 hatte das Militär die Burg geräumt, wobei es Ziel der Hofämter in Wien war, das Schloß in seiner „ursprünglichen Integrität“ zu erhalten. Im Laufe der nun folgenden Jahre erfolgten einige Reparaturarbeiten am zweiten Stockwerk und am Dach des Hochschlosses, die jedoch 1848 zum Stillstand kamen. Die weiteren Reparaturmaßnahmen setzten erst 1850 wieder ein1. Am 30. Juli 1855 hatte Kaiser Franz Joseph I. seinen Bruder, Erzherzog Carl Ludwig, zum Statthalter von Tirol ernannt. Die politische Stimmung in Tirol war schlecht und die Fähigkeiten des alten Statthalters Graf Bissingen wurden selbst in Wien angezweifelt. Er wurde nach Venedig versetzt, und „sang- und klanglos ver­ließ er das Land“2. Zur politischen Beruhigung war der Kaiser sogar bereit, die Am­braser Sammlung nach 50jähriger Abwesenheit an ihren Ursprungsort zurückkehren zu lassen. Franz Joseph verlangte die Vorlage entsprechender Anträge über die vor­zunehmenden baulichen Herstellungen und zur Errichtung der Sammlung in Am­bras3. Es war ein weiterer kluger Schachzug des Kaisers, nun seinen Bruder mit der Leitung der Regierungsgeschäfte in Innsbruck zu beauftragen, um so die Bindung Tirols an das Kaiserhaus symbolisch zu unterstreichen. Carl Ludwig traf am 26. September in Innsbruck ein und startete bereits zehn Tage später zu einer Berei­sung des Landes. 1 Braun, Gerd: Schloß Ambras in Tirol. In: Burgen und Schlösser 36 (1995), Heft 2, S. 99-111. 2 Bundsmann, Anton: Die Landeschefs von Tirol und Vorarlberg in der Zeit von 1815 bis 1913. In: Schlemschriften 117(1954), S. 42-58, hier: S. 42. 3 Haus-, Hof- und Staatsarchiv [HHStA] Wien, Obersthofmeisteramt [OMeA], Rubrik 81/4, Jg. 1855 vom 10. August 1855. 87

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