Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

HÖDL, Sabine: Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden. Zur Geschichte der Juden in Niederösterreich von 1420 bis 1555

Eine Suche nach jüdischen Zeugnissen in einer Zeit ohne Juden auf jeden Fall bis 151169 70. Für die folgenden vier Jahre fehlen Nachrichten über ihn, ein zeitweiliger Aufenthalt in Wien scheint nicht unwahrscheinlich. Zumindest dürfte sich Hirschl öfter in dieser Stadt aufgehalten haben, um seinen Geschäften nachzugehen. 1515 wird er im Zusammenhang mit einem Schuldbrief des Hans von Reichenberg als Hirschl, wohnhaft zu Zistersdorf, genannt. Da er bereits 1509 in einer Antwort Maximilians I. an die Stände als Hirschl zu Zistersdorf erwähnt wur­de, dürfte er auch schon vor 1515 zeitweise in diesem Ort gelebt haben™, in dem er dann bis zu seinem Tod wohnte. Die letzte Nachricht von Hirschl ist auf den 7. Jän­ner 1521 datiert. 1522 wird seine Frau Lea erstmals als Witwe genannt, so ist er also spätestens 1522 gestorben. Eine erste Nachricht über Hirschl als Geschäftsmann für die Zeit nach 1496 ist der Verkauf zweier Häuser am 1. Juni 149771, ein Geschäft, das in direkter Verbindung mit der Ausweisung der Juden aus der Steiermark stand. Hirschl fiel auch im Zu­sammenhang mit den Verkäufen des Eigentums der jüdischen Gemeinde Wiener Neustadts an die Stadt nach 1496 eine besondere Rolle zu, da er als ihr Beauftragter und Zechmeister fungierte. Die Stadt kaufte von den vertriebenen Juden das Juden­spital und acht Häuser in der Reffelzeil. Da der Verkaufspreis bis zum 10. Mai 1498 noch nicht erstattet worden war, befahl Maximilian I. dem Bürgermeister und Rat der Stadt, Hirschl die Summe auszuhändigen. Von diesem Geld sollte ein Judenspi­tal in Marchegg erbaut werden72. Hirschl hatte eine privilegierte Stellung inne. Dies zeigt unter anderem der am 12. August 1497 ausgestellte königlichen Paßbrief, in dem ihm zugestanden wurde, wegen etlicher Geschäfte aus der Stadt Wien an den Hof nach Innsbruck zu reisen. Er sollte mit seinen Knechten, Pferden, Hab und Gut durch alle Länder und Gebiete ziehen dürfen, und wenn es notwendig wäre, sollte ihm jeglicher Beistand sowie Hilfe und Geleit gewährt werden73. Für 1510 existiert eine weitere Nachricht über Hirschl, die als Beispiel für seine Kontakte zu Adeligen bis hin zum Kaiser zu sehen ist. Am 21. Juli schrieb Hans von Reichenberg, Rat und Hauptmann zu Rain, daß er gleich nach seiner Ankunft in 69 Herzog: Urkunden und Regesten (wie Anm. 3), S. 85, gibt 1502 als Enddatum für Hirschls Zeit in Eisenstadt an, in einem Schreiben vom 18. Juli 1511 (HKA Wien, Gedenkbuch 18, fol. 62v) wird er aber noch als in der Eysnen Stat wohnend bezeichnet. 70 HKA Wien, Hoffinanz, Fasz. rote Nr. 1, fol. 62r (1515 Dezember 10) und Scherer: Die Rechtsverhält­nisse der Juden (wie Anm. 3), S. 444. Messing: Beiträge zur Geschichte der Juden (wie Anm. 3), S. 43, meint, daß Hirschl nach 1511 vielleicht nach Wien übersiedelt sei und vermutet ihn dort bis mindestens 1518. Spitzer, Shlomo: The Jews in Austria in the Middle Ages till the Reformation. Teil 2: Lists of Persons and Places. Ramat-Gan (Diss.) 1974, S. 50-51, Nr. 347, fuhrt eine Reihe von Urkundenbelegstel­len zu Hirschl von Graz an, allerdings nicht alle in dieser Arbeit genannten Schriftstücke. Als letzte Be­legstelle gibt er eine Urkunde aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv [in Hinkunft: HHStA] Wien, Archiv­behelf 375/10, vom 7. Jänner 1521 an. 71 HKA Wien, Gedenkbuch 3a, fol. 541r/pag. 1091 (1497 Juni 17). 72 Keil, Martha: Der Liber Judeorum von Wiener Neustadt (1453-1500) - Edition. In: Studien zur Ge­schichte der Juden in Österreich, hrsg. von Martha Keil und Klaus Lohrmann. Wien-Köln-Weimar 1994 (Handbuch zur Geschichte der Juden in Österreich Reihe B, Bd. 2), S. 44 mit Anm. 8. Dazu auch Gold: Geschichte der Juden in Österreich (wie Anm. 4), S. 96 und S. 107. 73 HKA Wien, Gedenkbuch 3a, fol. 593v/pag. 1194 (1497 August 12). 291

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