Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

ERNST, Hildegard: Geheimschriften im diplomatischen Briefwechsel zwischen Wien, Madrid und Brüssel 1635–1642

Hildegard Emst getrennter Post abgeschickt wurden, oft mit einem anderen Code als das Original verschlüsselte, so daß man damit, weil man dabei zahlreiche Unvorsichtigkeiten beging (s. Teil I des Beitrags), dem Feind im Grunde den Code preisgab, falls er beide Versionen abfangen konnte. Die politische Situation 1641/42 Der Inhalt der zwischen der Reichskanzlei und der kaiserlichen Botschaft in Ma­drid gewechselten Schreiben betraf vor allem die von Philipp IV. (1621-1665) bzw. seinem Ersten Minister, dem Conde-Duque de Olivares, angestrebte militärische und diplomatische Zusammenarbeit mit Kaiser Ferdinand III. (1637-1657). Entgegen weitverbreiteter Meinung war das Verhältnis zwischen den beiden Vettern keines­wegs so, daß man von einer gemeinsamen Politik des Hauses Habsburg sprechen konnte2. In den Jahren 1641/42 war Spanien an allen Fronten in einer verzweifelten Lage: Frankreich bedrängte das Herzogtum Mailand, die spanische Nordgrenze und die südlichen Niederlande. In Katalonien und Portugal waren 1640 Aufstände aus­gebrochen, die von Ludwig XIII. unterstützt wurden. Auch im Königreich Neapel fühlte sich Philipp IV. bedroht, denn in ganz Italien beobachtete man 1642 diploma­tische Aktivitäten Frankreichs und befürchtete, daß dort eine große antispanische Koalition entstehen könnte. Auch machten sich in Neapel bereits jetzt Unruhen bemerkbar, die 1647 zur offenen Revolte führten. Sie waren bedingt durch die stän­dig steigenden Lasten, die das Königreich für die an weit entfernten Schauplätzen stattfindenden Kriege zu tragen hatte. Die überseeischen Besitzungen konnten nicht ausreichend gegen die immer zahlreicheren Übergriffe holländischer, englischer und französischer Schilfe verteidigt werden. Das Silber aus der Neuen Welt kam in im­mer kleineren Mengen nach Sevilla. Auf dieses Silber war die Krone aber angewie­sen, weil sie ohne diese Einkünfte von den Banken keine neuen Kredite zur Finan­zierung der Verteidigung mehr erhalten hätte. Man mußte also vor allem die Holländer von weiteren Fortschritten in Amerika abhalten. Das war noch am ehesten an der überschaubaren Front in Europa zu errei­chen. Deshalb hatte Olivares in den zurückliegenden Jahren alles versucht, um die Vereinigten Niederlande und deren Verbündeten, Ludwig XIII., durch militärische Operationen zum Frieden zu zwingen. 1641/42 aber war dieses Ziel in weite Ferne gerückt. Es ging jetzt ums bloße Überleben, ja sogar um die Verteidigung der Gren­zen auf der spanischen Halbinsel. Die Geldbeschaffung wurde von Jahr zu Jahr schwieriger, aber irgendwie hatte es Olivares immer noch geschafft, weitere Kredite zu erwirken. Das größte Problem war die Aufstellung von Heeren. In Spanien und Italien konnte man kaum noch Soldaten rekrutieren. Die einzige Rettung sah man deshalb schon seit Jahren im Reich. In der Korrespondenz zwischen Wien und Ma­drid ging es deshalb vor allem um Tmppen, die der Katholische König im Reich rekrutieren wollte, und um das dafür erforderliche Geld. 2 Vgl. dazu Ernst, Hildegard: Madrid und Wien 1632-1637. Politik und Finanzen in den Beziehungen zwischen Philipp IV. und Ferdinand II. Münster 1991 (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte 18). 208

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