Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 45. (1997)

EDEL, Andreas: Johann Baptist Weber (1526–1584). Zum Lebensweg eines gelehrten Juristen und Spitzenbeamten im 16. Jahrhundert

Andreas Edel nung, welche die im Waffenstillstand von Adrianopel vereinbarten Ehrengeschenke an Sultan Murad III. überbringen sollte377. Wohl auf Verwendung seines Vaters hin wurde Weber bald darauf in den Reichshofrat berufen, der ein Sprungbrett für die höchsten Verwaltungspositionen bzw. auf die vom Kaiserhof postulierten geistlichen Pfründen sein konnte. Doch scheint er im Reichshofrat nicht in dem Maße brilliert zu haben, daß man ihn für eine höhere Position ausersehen hätte, zumal er nach der Resignation des Vaters als Reichsvizekanzler 1577 und dessen Rückzug aus dem Geheimen Rat 1583 nicht mehr über entsprechende Protektion verfügte. 1589 über­wies ihn der Kaiser in den Dienst seines Bruders Erzherzog Emst378. Wenn ein vereinzelter Hinweis als Anhaltspunkt genommen werden darf, dann scheinen auch Johann Baptist Weber d. M. und seine Frau nicht nur Freunde bei Hofe gehabt zu haben. Denn als dieser starb, fand sich niemand, um der Witwe mit ihrem nicht einmal fünfjährigen Sohn bei der Abwicklung der Trauerfeierlichkeiten und der testamentarischen Verfügungen ihres Mannes beiseite zu stehen. Deshalb nahm ihr Onkel Heinrich von Preysing, der als bayerischer Rat die Pflege in Rei­chenhall innehatte, Urlaub von seinen Dienstgeschäften und kam nach Niederöster­reich, „weil dann sy vnndten zu lanndt khain ainigen befrundten“379. Den Besitz der Familie konnte Weber nur imwesentlich vermehren, zumal die Einnahmen aus seinem Gehalt, aus der verpfändeten Herrschaft Retz und aus dem Schuldendienst von gewährten Darlehen erhebliche Ausstände hatten380. Bereits 1589 mußte er deshalb selbst Darlehen aufnehmen381. Weber überlebte seinen Vater nur um einige Jahre. 1591 verstarb er in Wien382. IX Wenn es im 16. Jahrhundert den Beruf des Personalberaters bereits gegeben hätte, dann würde einem solchen der Lebensweg des Reichsvizekanzlers Dr. Johann Bap­tist Weber von Bisamberg sicherlich als Lehrbeispiel getaugt haben. Dabei hatte Weber von vornherein günstige Startchancen. Denn sein Vater konnte als Arzt, der wegen seiner Fähigkeiten weit über die Grenzen der kleinen Reichsstadt Memmingen hinaus bekannt war, seinem Sohn nicht nur das Studium beider Rechte in Ingolstadt und im Ausland finanzieren, sondern auch Zugang zu hochgestellten Patriziergeschlechtem in den umliegenden Reichsstädten verschaffen und dadurch Beziehungen knüpfen, die für dessen Karriere außerordentlich förderlich waren. 3" Gerl ach: Tage-Buch, S. 114. 378 Schloßarchiv Maissau, Urkunden 1/60 (nach dem Archivbehelf im NÖLA Wien). 379 HStA München, Äußeres Archiv, Personenselekt 494, Weber, fol. 4, Heinrich von Preysing an Herzog Wilhelm V. von Bayern, 1591 Mai 10. 380 Schloßarchiv Maissau, Urkunden 1/61 und 81 (nach dem Archivbehelf im NÖLA Wien). 381 Schloßarchiv Maissau, Urkunden, 1/52 und 59 (nach dem Archivbehelf im NÖLA Wien). 382 Siebmacher (wie Anm. 11). Das bei Siebmacher angegebene Sterbedatum 27. April könnte auch eine Verwechslung mit dem Todestag des Vaters sein. 182

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