Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

LIETZMANN, Hilda: Quellen zur ungarischen Krönung Rudolfs II. im Jahre 1572

Ungarische Krönung Rudolfs II. 1572 von Erlau und Agram, um ihn zu seinem Thronsessel zu geleiten. Der Bischof von Erlau verlangte nun die Krönung und bejahte die Frage des Erzbischofs, ob der Erwählte tauglich sei. Nach Niederlegung der Insi­gnien auf dem Altar begann die Pontifikalmesse, zugleich wurde Rudolf gesalbt und mit dem Schwert des hl. Stephan umgürtet. Fürst Niklas Báthory richtete als Paladin an die Ungarn die Frage, ob sie den ältesten Sohn Kaiser Maximilians II. zu ihrem König haben wollten, was sie mit lauter Stimme dreimal bejahten. Darauf wurde Rudolf die Krone auf das Haupt gesetzt und ihm Reichsapfel und Szepter gereicht. Während der König sich wieder auf seinem Thronsessel niederließ, intonierte der Erzbischof das Te Deum, worauf Orgel und Trompeten im Wechsel einsetzten, es folgte das Halleluja. Von einem Konzert begleitet, schritt der König nochmals zum Altar und opferte. In der Stadt wurden unter­dessen alle Geschütze abgefeuert und alle Kirchenglocken geläutet85). Der König verließ nach dem Segen im Krönungsornat die Kirche durch das Nordportal. Der Kaiser ließ sich wieder durch das Südportal hinaus­tragen, um mit der Kaiserin zum Frühmahl aufs Schloß zu fahren, denn es war inzwischen Mittag geworden. In der Kirche hob nun ein „gewal­tiges Reißen“ an; altem Brauche folgend, trachtete jeder danach, einen Fetzen des ausgelegten roten Tuches zu bekommen. Infolge anhaltenden Regenwetters waren die Krönung und besonders das anschließende Programm nicht „so lustig“, wie Herzog Wilhelm seinem Vater schrieb86). Als der König aus der Kirche trat, hatte er frühen 16. Jahrhunderts. Es ist mit dem im Text so bezeichneten „bloßen Schwert“ iden­tisch. „Sankt Stephans-Schwert in der Scheide“, mit dem König Rudolf umgürtet wurde und mit dem er die vier Schwertstreiche ausführte, gehört nicht mehr zu den Insignien, sondern wird in der Schatzkammer der Prager St. Veitdomes aufbewahrt. Da das Schwert bereits im 14. Jahrhundert nach Prag gelangte, muß man es eigens für die Krönung nach Preßburg gebracht haben. Es ist verwunderlich, daß die Texte allein Schwert und Man­tel, jedoch nicht die Krone mit dem Namen des hl. Stephan in Verbindung bringen. Rudolf wurde aber sicherlich mit der St. Stephans-Krone gekrönt; vgl. den Krönungstaler von König Matthias von 1611; eine Hauskrone wurde nur für die Gemahlinnen verwen­det, z. B. 1563 für die Krönung der Königin Maria. Bei dem „Pacem“ oder Friedens-Kreuz handelt es sich vermutlich um das im Domschatz von Gran aufbewahrte königliche Schwurkreuz. Vgl. Magda von Bárány, Die Sankt Stephans-Krone und die Insignien des Königreiches Ungarn (Die Kronen des Hauses Österreich 3, Wien, Münschen 1961); Josef Deér, Die heilige Krone Ungarns (Österreichische Akademie der Wissenschaften , Phil.- hist. Klasse, Denkschriften 91, Wien 1966). 85) Das Freudenschießen ließ in der St. Martinskirche einige Fensterscheiben zer­springen, die Scherben fielen in der Kirche zu Boden; vgl. Haberstocks Bericht (wie Anm.83) fol. 101 v. 86) Brief Wilhelms vom 26. September: wie Anm. 45 fol. 137r. Die Ungarn hielten den Regen als gutes Zeichen dafür, daß ihnen die Regierung unter König Rudolf zu größerem Gedeihen gereichen werde. Sie scheinen Rudolf ein großes Maß an Sympathie entgegen­gebracht zu haben, denn Winklmair berichtete am 23. September (wie Anm. 29 77

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