Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)
AGSTNER, Rudolf: Von der österreichisch-ungarischen Botschaft zum österreichischen Generalkonsulat Berlin. Zur Geschichte der k. u. k. bzw. österreichischen Vertretungsbehörden in der deutschen Hauptstadt 1871–1991
Rudolf Agstner „der Wechselkurs, der überdies noch eine fallende Tendenz besitzt, ... gegenwärtig so schlecht, daß für 100 K in Berlin heute nur 76 (statt 84,50) Mark gezahlt werden ... Es kann nicht in der Absicht der k.u.k. Regierung liegen, einen ... Teil ihrer Beamtenschaft, der, wie alle anderen, bereits aus freien Stücken auf 3% seines Gehaltes für patriotische Zwecke Verzicht geleistet hat, weitere 10% seiner Bezüge, deren Höhe ... nicht überreichlich bemessen ist, durch Wechselverlust einbüBen zu lassen.“ Die Bittsteller ersuchen daher das MdÄ „dadurch Abhilfe zu schaffen, daß es denselben für die Rriegsdauer ihre Bezüge bei der betreffenden Missionskasse zum vorgeschriebenen Wechselkurse von 0,85 Mark flüssig mache“145). Dem Antrag konnte vom MdÄ „aus prinzipiellen Gründen umsoweniger stattgegeben werden, als sich die Beamten aller derzeit amtierenden k.u.k. Vertretungsbehörden, was Kursverluste beim Bezüge ihrer Gebühren anbelangt, in ähnlicher Lage befinden.“ Den zugeteilten Kanzleibeamten wurde allerdings eine 10% Teuerungszulage ab 1.Oktober 1914 bewilligt146). Im März 1915 richteten die Kanzleibeamten der Botschaft die Bitte an Botschafter Hohenlohe, „ihre durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogene pekuniäre Lage einer geeignet erscheinenden Besserung zuzuführen“; Hohenlohe führte hiezu an, daß die Teuerung „bei Lebensund Genußmitteln ... eine Steigerung von 20%, ja sogar bis 50%, bei Bekleidungs- und Bedarfsartikeln eine solche von 30% erfahren hat. Am meisten werden die Beamten durch den Umstand betroffen, daß der Kronenkurs seit Ausbruch des Krieges andauernd fällt - er ist von 85 auf gegenwärtig 72 Mark gesunken ... Hiezu kommt noch die Inanspruchnahme durch die öffentliche Wohltätigkeit, welche an die Opferwilligkeit eines jeden Einzelnen nicht geringe Ansprüche stellt, denen sich die k.u.k. Beamten im Auslande nicht entziehen können.“ Das MdÄ löste das Problem indem „u.a. auch die der Botschaft Berlin zugeteilten Beamten hinsichtlich ihrer Bezüge theilweise, bzw. insoweit es sich um untergeordnete Beamte handelt, zur Gänze, bis auf Weiteres vor Kursverlusten geschützt werden“147). Aufschlußreich ist auch ein Bericht vom Mai 1916, in dem die Botschaft mitteilt, daß „im Hinblick auf die namhafte Teuerung, welche infolge des Krieges sowohl auf dem Lebensmittelmarkte als auch in der Befriedigung aller übrigen Lebensbedürfnisse eingetreten ist“ die bei der Kommerzdirektion beschäftigten Hilfsbeamten „neuerlich um Erwirkung einer Remuneration bitt- lich geworden“. Diese Bitte wurde von der Botschaft unterstützt und das 145) HHStA, AR F 6, R 53, 6 Berlin 85, Ber. Berlin 6558A vom 10.10. 1914 146) HHStA, ebenda, MMdÄ 86.463/2 1914, f.l 147) HHStA, AR F 6, R 52, 6 Berlin 92, Bericht 2491A vom 13. 3. 1915, f. 1 und MdÄ 27.230/2-1915 vom 12. 4. 1915; der zitierte Cicularerlaß 26212/3 vom 19. 3. 1915 ist somit als Vorläufer des vom BMfaA in Weichwährungsländern praktizierten „Barabhebungskurses“ anzusehen. 306