Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)
KRAMML, Peter Franz: Die Administration des Bistums Wien nach dem Tod König Matthias' Korvinus von Ungarn. Eine Korrektur der Wiener Bischofsliste
Das Wiener Bistum nach dem Tod König Matthias’ Corvinus wurde50). Demnach hatte es den Anschein, daß die „Amtszeit“ Scheits auf jene Periode ausgedehnt wurde, für die die Wiener Bischofsreihe eine vermeintliche Lücke ließ. Nunmehr kann durch eine Prüfung der bisherigen Literatur erkärt werden, warum der Seckauer unberechtigterweise zur Ehre kam, als fünfter Bischof Wiens geführt zu werden und es kann mit Hilfe unbeachtet gebliebener Quellen des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs ein neues Bild von der Besetzung des Wiener Stuhles nach dem Tod König Matthias Corvinus gezeichnet werden. Die bis dato erschienenen Arbeiten zur Geschichte des Wiener Bistums lassen für die Ereignisse nach 1490 vier verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zu. In der jüngsten Literatur51) wird für die Jahre 1490 bis 1493 eine Administrationstätigkeit des Matthias Scheit angegeben - eine Annahme, die sich bereits bei Josef Wodka (1959) und zuvor in den grundlegenden biographischen Arbeiten über den Seckauer von Benno Roth und dem ersten großen Scheit-Biographen Alois Lang (1903) findet52). Diese Amtsdaten bringt auch das Kirchenlexikon (1901) und - soweit ersichtlich - erstmals die bedeutende Quellensammlung des Wiener Universitätsprofessors Joseph Kopallik53), der in seinem ersten Band (1890) Scheit bei der Aufzählung der Wiener Bischöfe übergeht, ihn aber dann im vier Jahre später erschienenen zweiten Band als von Maximilian I. eingesetzten, bis 1493 amtierenden Administrator führt. Eine zweite Erklärungsmöglichkeit findet sich bei Anton Klein (1841)54), Professor für Kirchgeschichte an der Wiener Universität und Domherr von St. Stephan, der aufgrund eigener Archivstudien noch vor den uns heute zugänglichen Quellenpublikationen der Jahre 1844 und 50) Ebenda 387; Chmel, Regesta Friderici n. 8802 (1492 Juni 5). 51) Wie oben Anm. 48. 52) Wodka, Kirche 465 und 436 Anm. 2 (hier aber Zeitspanne 1490-97); Benno Roth, Matthias Scheit (1482-1503 bzw. 1512), in: Karl Amon (Hrsg.) Die Bischöfe von Graz- Seckau 1218-1968 (Graz-Wien-Köln 1968) 159-193, bes. 169; ders., Seckau. Geschichte und Kultur 1164-1964 (Wien 1964) 519; ders., Bischof Matthias Scheit und sein Testament von 1511 (Seckauer Geschichtliche Studien 22, Seckau 1968) 8; Alois Lang, Beiträge zur Kirchengeschichte der Steiermark und ihrer Nachbarländer aus römischen Archiven, in: Beiträge zur Erforschung steirischer Geschichte 33 (NF 1)(1903) bes. 194. 53) Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon 12 (2. Aufl., Freiburg/Br. 1901) 1527; danach auch bei Eubel, Hierarchia catholica II 268 (1490-93); Joseph Kopallik, Regesten zur Geschichte der Erzdiözese Wien 1 (Wien 1890) VII, 2 (Wien 1894) XII (wonach Scheit von Maximilian ernannt worden sei). 54) Anton Klein, Geschichte des Christenthums in Oesterreich und Steiermark 3 (Wien 1841) 254 und Tab. 2; auch Gams, Series episcoporum 321 nennt Scheit nicht, und führt Vitéz ab 1492. 19