Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

WURM, Heidrun: Entstehung und Aufhebung des osmanischen Generalkonsulates in Wien (1726–1732). Eine Relation Heinrich von Penklers aus dem Jahre 1761

Entstehung und Aufhebung des osmanischen Generalkonsulats Pforte nur Unehre mache. Vor seiner Ankunft hätten die türkischen Raufleute ungestört ihren Geschäften nachgehen können und seien auch vom Hofkriegsrat und dem Prinzen Eugen angemessen behan­delt worden. Nach weiteren recht heftigen Auseinandersetzungen mit dem Schah­bender entschloß sich cOsmän Efendi, ihn zu verlassen, und flüchtete mitsamt seiner ganzen Habe zu mir. Er hatte vor, nach Vidin zu ge­hen, zum dortigen Gouverneur Topal cOsmän Pasa62), der sein guter Patron war und gleichzeitig ein erklärter Gegner cÖmer Agas und des durch Intrigen zustandegebrachten Schahbenderamtes. cOsmän Efendi äußerte, nicht eher ruhen zu wollen, bis er sich an cÖmer Aga für die ihm, einem alten ehrwürdigen Mann angetane Schmach ge­rächt hätte. Ich erstattete dem Prinzen Eugen von diesem Vorfall umgehend Mel­dung und erhielt den Befehl, cOsmän Efendi bei mir zu behalten, ihn gut zu behandeln, ihm zu schmeicheln und seine Abneigung gegen cÖmer Aga auf jede erdenkliche Weise zu steigern. Für seine Reise nach Vidin sollte ihm ein Schiff und auch ein Weggeld gegeben werden. So geschah es, und cOsmän Efendi reiste gutgelaunt ab. Bald darauf schrieb er mir aus Vidin, der Pascha habe ihn mit offenen Armen empfangen und, nachdem er die Genehmigung der Pforte eingeholt habe, als Grenzdol­metsch eingestellt. Er bekomme ein vernünftiges Gehalt und sei gänz­lich zufrieden, wünsche sich nur noch, an cÖmer Aga Rache nehmen zu können. Dazu habe er beim Pascha schon ein gutes Fundament gelegt. Auf Befehl des Prinzen Eugen setzte ich mich umgehend in genaue Korrespondenz mit cOsmän Efendi und ließ auch meinerseits nichts außer acht, was dazu beitragen konnte, cÖmer Aga und das Schahben­deramt zu Fall zu bringen. Inzwischen war ich kaiserlicher Hofdolmetsch geworden und hatte nun mit cÖmer Aga alle seine Angelegenheiten zu verhandeln. Ich konnte dabei selbst am besten sehen, welche Nachteile sich für den kaiserli­chen Hof aus der ständigen Anwesenheit eines solchen offiziellen Ver­treters der Pforte in Wien ergaben. Bald drang er auf die traktatmäßige Bestellung seiner Vizekonsuln, bald stellte er sonstige unangenehme Forderungen. Er bildete sich sogar ein, das Recht zu besitzen, in Wien eine Moschee zu errichten, damit die Türken in der Stadt eine Gebets­62) Das bulgarische Vidin war neben dem serbischen Nis (Nissa) die wichtigste os- manische Grenzkommandantur in Europa nach dem Verlust Belgrads (1717). Auf derart entlegene Staatsposten pflegte der Großwesir Dämäd Ibrahim Pasa bevorzugt und in raschem Wechsel seine politischen Gegner und potentiellen Rivalen zu plazieren, Ak­tepe Patrona isyam 107-119. 171

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