Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 42. (1992)

PICHORNER, Franz: Patente und Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande (1715–1726)

Instruktionen für die Statthalter der Österreichischen Niederlande Marqués de Rialp11) die Mittlerperson zwischen dem Kaiser und den beiden Kollegien (Spanischer und Niederländischer Rat) dar, er ent­faltete eigene Initiativen in diesen, nur beratenden, Behörden und gab zu wichtigen außenpolitische Fragen sein Gutachten ab. Bis zu seiner Auflösung 1737 übte das Spanische Staatssekretariat unter der Leitung Rialps einen beträchtlichen Einfluß auf die Außenpolitik Karls VI. aus. Es ist in unserem Zusammenhang zu untersuchen, welche Behörden die Entscheidungen über die künftige Regierung der Niederlande fäll­ten und wer über Inhalt und Form der Patente und Instruktionen, die die Statthalter und bevollmächtigten Minister erhielten, entschied. In fast allen europäischen Staaten des 17. Jahrhunderts umgab den Fürst ein Beraterstab, der, meist als Geheimer Rat bezeichnet, großen Einfluß auf die Politik ausüben konnte12). Seit 1527 bestimmte die Ho­fordnung Ferdinands I. die Existenz eines Geheimen Rates. Als Ferdi­nand 1556 Kaiser wurde, änderte sich nichts an dessen Stellung als oberstes Beratungsgremium in auswärtigen und inneren Angelegen­heiten von Reich und Erblanden. Als sich das Schwergewicht der Wie­ner Politik vom Reich auf die Erblande verlagerte, erwies sich der Ge­heime Rat als ein für die Durchführung spezifisch habsburgischer In­teressen nur beschränkt taugliches Instrument. Über die wichtigsten geheimen Geschäfte wurde unter Leopold I. in kleinen Kommissionen bzw. mit wenigen und ganz vertrauten Räten beraten. Das führte 1669 zur Errichtung der „Geheimen Konferenz“, einem zunächst aus vier Mitgliedern bestehenden Gremium, das den Kaiser bei seiner Be­schlußfassung über die geheimsten Dinge unterstützen und beraten sollte. Mit der regelmäßigen Teilnahme des Reichsvizekanzlers an den Sitzungen der Geheimen Konferenz seit etwa 1675 wurde diese fast immer ausschließlicher zum zentralen politischen Beratungsorgan des Kaisers. Anders ließ Joseph I. in sieben verschiedenen Kommissionen 11) Ramon Perlas de Vilana Marqués de Rialp (1663-1741), Advokat, seit 1713 Leiter des Spanischen Staatssekretariats. Vgl. Oskar Schmid, Marqués Rialp und das spanische Staatssekretariat in Wien, in: Historische Blätter 7(1937) 52-60. 12) Vgl. zum folgenden: Die österreichische Zentralverwaltung. l.Abt. Von Maximi­lian I. bis zur Vereinigung der österreichischen und böhmischen Hofltanzlei (1749). Ge­schichtlicher Überblick. Bd. 1, bearb. von Thomas Fellner und Heinrich Kretschmayr, Wien 1907 (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs 5) 37- 67; Klaus Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen im Jahrhundert nach dem Westfä­lischen Frieden 1648-1740, Bonn 1976 (= Bonner Historische Forschungen 42) 22-32; Grete Klingenstein, Institutionelle Aspekte der österreichischen Außenpolitik im 18. Jahr­hundert, in: Diplomatie und Außenpolitik Österreichs. Elf Beiträge zu ihrer Geschichte, Wien 1977 (= Schriften des Instituts für Österreichkunde 30) 74-93. 131

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